• Am 20. November startet die Fußball-WM 2022 in Katar und es wird kein normales Turnier werden.
  • Als Redaktion bewegen wir uns dabei in einem Spannungsfeld aus sportlicher Berichterstattung und dem Aufzeigen gesellschaftspolitischer Problematiken.
  • Warum wir über die WM 2022 berichten, wie wir berichten.

Es sind Menschen bei den Vorbereitungen auf die WM 2022 in Katar gestorben. Wie viele, kann niemand genau sagen. Das katarische Organisationskomitee und die Fifa bestätigen drei Tote auf den Stadion-Baustellen. Der "Guardian" hat die Zahl von 6.500 verstorbenen Gastarbeitern aus fünf südostasiatischen Ländern recherchiert. Amnesty International berichtet von 15.000 Menschen nicht-katarischer Staatsangehörigkeit, die seit der WM-Vergabe gestorben sind.

Wie viele dieser Toten im direkten Zusammenhang mit der WM stehen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen - auch weil die Behörden vor Ort kein Interesse daran zu haben scheinen, diese Tode aufzuklären oder näher zu untersuchen.

Recherchen unter anderem des WDR zeigen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter oftmals monatelang auf ihren Lohn warten mussten, ihnen Ausweisdokumente weggenommen wurden, sie in der sengenden Wüstenhitze arbeiten mussten, dass sie unter menschenunwürdigen Bedingungen leben oder gelebt haben.

Die Vergabe des Turniers wird bis heute direkt mit Korruptionsvorwürfen gegen Fifa-Funktionäre in Verbindung gebracht. Katar unterdrückt die Rechte von LGBTQ+-Menschen, beschneidet die Rechte von Frauen. Zudem ist die WM in Katar nur deshalb möglich, weil die Fifa einen Wintertermin durchgesetzt hat, der dem Fußballkalender völlig zuwider geht.

Die Stadien müssen künstlich heruntergekühlt werden – Klimakrise hin oder her. Es gibt viele Gründe, warum mit der Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar - abgesehen vom Wüstenstaat selbst und der Fifa – kaum jemand glücklich zu sein scheint.

Als Nachrichtenredaktion ist es unsere Aufgabe, Sie zu informieren. Dazu gehört auch eine Fußballweltmeisterschaft. Auch wenn natürlich bei Weitem nicht alle Menschen in Deutschland Fußballfans sind, so sind Weltmeisterschaften seit jeher ein gesamtgesellschaftliches und historisches Ereignis. Das trifft auch auf die Winter-WM in Katar zu. Ein Nachrichtenboykott kam und kommt für uns daher nicht infrage.

Dennoch ist in diesem Jahr vieles anders. Es gibt wenig Vorfreude auf ein "Wintermärchen", der Sport tritt in den meisten Vorberichten in den Hintergrund, die gesellschaftspolitischen Problematiken im Gastgeberland dominieren die Berichterstattung.

Wir haben in unserer Redaktion kontrovers diskutiert, wie wir dieses Turnier begleiten wollen. Denn uns allen ist klar, dass die WM in Katar kein "Fußballfest", kein "WM-Spektakel", kein "Wintermärchen" ist. Sie ist für viele Geldmacherei, das Erschließen von neuen Märkten, ein Sinnbild für das erkrankte System Fußball.

Für manche Menschen ist die WM dennoch ein Grund zur Freude. Wochenlanger hochklassiger Fußball, Dramen, Euphorie – es gibt genug Gründe, warum Menschen überhaupt Fußballfans sind und warum sie auch diese Weltmeisterschaft wieder mit Freude am Spiel verfolgen werden. Auch diesen Menschen wollen wir mit unserer Berichterstattung gerecht werden.

In diesem Spannungsfeld, diesem Dilemma bewegen wir uns als Sportredaktion also. Als Journalistinnen und Journalisten sehen wir es als unsere Aufgabe, vollumfänglich über dieses Turnier zu berichten. Das bedeutet für uns, dass Sie auf unseren Seiten während der WM selbstverständlich Liveticker, Spielberichte, Hintergründe und sportliche Meldungen zur deutschen Nationalmannschaft und anderen Teams finden werden.

Mehr als bei anderen Turnieren werden wir jedoch auch die gesellschaftspolitische Seite dieser WM herausarbeiten, Missstände aufzeigen und damit deutlich über die Geschehnisse auf dem Rasen hinausblicken. Wir werden genau hinschauen und uns nicht vom Fußball blenden lassen.

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