Neue Studie warnt: Selbst bei 1,5 Grad bleibt der Gletscherschwund über Generationen spürbar. Großbritannien investiert massiv in Geoengineering, während Nachhaltigkeit für deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf an Bedeutung verliert. Das sind die aktuellen Klimanews.

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2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.

Die globale Erwärmung zu bremsen und ihre Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.

Studie warnt: Gletscher erholen sich erst nach Jahrhunderten

Jährlich gehen Gletschern weltweit durchschnittlich 273 Milliarden Tonnen Eis verloren. Besonders seit den 2010er-Jahren hat sich der Gletscherschwund massiv beschleunigt. Doch so schnell die Eismassen dahinschmelzen, so lange wird es dauern, bis sich die Eismassen wieder erholen, wie eine aktuelle Studie zeigt - und das Nachwachsen der Gletscher könnte zu anhaltender Wasserknappheit führen.

Ein Forschungsteam der Universitäten Innsbruck und Bristol hat modelliert, wie sich sogenannte Overshoot-Szenarien - also das zeitweise Überschreiten der 1,5-Grad-Marke - auf Gletscher auswirkt. Sie simulierten einen globalen Temperaturanstieg auf rund drei Grad bis zum Jahr 2150, gefolgt von einem langsamen Rückgang auf 1,5 Grad bis 2300 - ein Szenario, in dem Klimaschutzmaßnahmen erfolgreich, aber verzögert eintreten.

Dennoch hätte eine zeitweise Erwärmung von bis zu drei Grad gravierende und langfristige Folgen für die Eismassen. In diesem Overshoot-Szenario würden Gletscher rund 16 Prozent mehr Masse verlieren als in einer stabilen 1,5-Grad-Welt. Bis 2500 kämen weitere elf Prozent hinzu – zusätzlich zu den 35 Prozent, die auch bei Einhaltung der 1,5-Grad-Marke verloren gehen.

Dem Modell zufolge würde es Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende dauern, bis sich große Gletscher nach einem Drei-Grad-Overshoot erholen. Kleinere Gletscher wie in den Alpen könnten sich bis 2500 erholen - doch während das Schmelzen der Gletscher vorübergehend zu mehr Wasser in den betroffenen Regionen (und einem Anstieg des Meeresspiegels) führen wird, käme es beim Wiederanwachsen der Gletscher zu verringerter Wasserverfügbarkeit, von der Millionen Menschen, die auf Schmelzwasser als Trinkwasserversorgung angewiesen sind, in Zukunft betroffen wären.

Technische Eingriffe ins Klima: Großbritannien fördert Geoengineering-Projekte

Die britische Behörde für landwirtschaftliche Forschung und Innovation (Aria) hat angekündigt, 21 Geoengineering-Projekte mit insgesamt rund 67,5 Millionen Euro (56,8 Millionen Pfund) zu fördern. Das berichtet unter anderem der britische "Guardian". Gemeinsam mit einem weiteren Vorhaben zählt das Vereinigte Königreich damit zu den weltweit größten Geldgebern auf diesem Gebiet.

Geoengineering meint gezielte technische Eingriffe ins Klimasystem, um die Erderwärmung zu bremsen. Im Fokus stehen zwei Hauptansätze: das Reflektieren von Sonnenlicht (Solar Radiation Management, SRM) und das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre.

Die meisten aktuellen Projekte setzen auf SRM – etwa durch das Ausbringen reflektierender Partikel mit Wetterballons oder das Versprühen von Meerwasser, um Wolken aufzuhellen und so mehr Sonnenlicht zurück ins All zu reflektieren.

Die Effekte – und Risiken – von Geoengineering sind bislang wenig erforscht und werfen ethische sowie gesellschaftliche Fragen auf. Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass unbeabsichtigte Nebeneffekte auftreten könnten – etwa eine Veränderung von Niederschlagsmustern. In der Vergangenheit scheiterten mehrere Outdoor-Tests am öffentlichen Widerstand. Zudem befürchten viele Forschende, dass Geoengineering von der eigentlichen Klimaschutzaufgabe ablenken könnte: der Reduktion von Treibhausgasemissionen.

Frank Biermann, Gastprofessor für Klimapolitik an der Universität Uppsala, gilt als einer der prominentesten Kritiker des Geoengineerings. Er warnte im "Focus", dass die britischen Outdoor-Experimente ohne jegliche internationale Absprache oder Kontrolle stattfänden. Eine solche Regulierung sei jedoch dringend erforderlich.

Befürworterinnen und Befürworter argumentieren hingegen, die britischen Projekte seien ein wichtiger Schritt, um Chancen und Risiken besser einschätzen zu können. In einem Punkt herrscht Einigkeit: Geoengineering kann allenfalls eine Ergänzung im Kampf gegen den Klimawandel sein – kein Ersatz für die notwendige Reduktion von Treibhausgasen weltweit.

Nachhaltigkeit beim Einkauf weniger wichtig

Verbraucherinnen und Verbraucher haben große Macht: Mit ihren Kaufentscheidungen können sie Unternehmen beeinflussen und so zum Beispiel nachhaltigere Produkte auf dem Markt fördern. Eine Analyse des Marktforschungsunternehmens NIQ zeigt allerdings, dass den Menschen in Deutschland 2024 Nachhaltigkeit beim Einkauf weniger wichtig war, als noch vor einigen Jahren.

Demnach gaben 2019 noch 34 Prozent der Deutschen an, für den Klimaschutz bereit zu sein, persönliche Opfer zu bringen; 2024 waren es nur noch 24 Prozent. Auch die Schuldgefühle bei Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie sich nicht umweltfreundlich verhalten, sind gesunken: Vor der Pandemie plagten 30 Prozent ein schlechtes Gewissen, 2024 waren es noch 22 Prozent. Nur noch 13 Prozent der Befragten halten Klimaneutralitätsziele von Unternehmen für wichtig (2022: 25 Prozent). In den Fokus sind stattdessen soziale Aspekte wie faire Löhne gerückt.

Gleichzeitig zählen Umweltprobleme wie der Klimawandel (47 Prozent), Plastikverschmutzung (46 Prozent), die Zerstörung natürlicher Lebensräume (43 Prozent), Naturkatastrophen (42 Prozent) und Wasserverschmutzung (37 Prozent) weiterhin zu den größten Sorgen der Deutschen, wie die NIQ-Analyse zeigt. Das Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz ist in der Bevölkerung also nicht verschwunden, aber es hat sich gewandelt: "Nachhaltigkeit wird dort nachgefragt, wo der Preis stimmt", heißt es in der Presseerklärung von NIQ.

Das liegt nach Ansicht von Petra Süptitz, Nachhaltigkeitsexpertin bei NIQ, an der schlechteren wirtschaftlichen Lage der Konsumentinnen und Konsumenten: Durch wirtschaftliche Unsicherheit und Inflation erscheint Nachhaltigkeit vielen zunehmend als Luxus.

Verwendete Quellen