Dass Frauen für ihre Rechte ganz gut selbst einstehen können, sollte eigentlich klar sein. Dass es aber helfen kann, wenn Männer selbst das Patriarchat infrage stellen, auch. Jan Böhmermann versuchte diesen Spagat am Freitagabend in seinem "ZDF Magazin Royale" bei einem Tabuthema, aber so recht wollte das nicht gelingen.
Die Geschäftspraktiken der Deutschen Vermögensberatung, die Macht von Meinungsforschungsinstituten, Transfeindlichkeit, Artensterben, Sexismus in Fahrschulen, Ehegattensplitting, Astrologie und immer wieder Rechtsextremismus in seinen vielen Gestalten.
Gegen Praktiken, Verbrechen, Machtmissbrauch, Betrug, Zerstörung, Diskriminierung durch Menschen, Institutionen, Behörden, Unternehmen, die Polizei, Organisationen, die Gesellschaft, Politiker, Nazis oder Nazis in der Politik. Doch in der jüngsten Ausgabe richtet sich Böhmermann einmal nicht gegen etwas oder jemanden. "Heute werden wir Sie in der Sendung aufklären", verspricht Böhmermann, obwohl er das ja eigentlich in jeder Show macht. Doch diesmal ist aufklären nicht im Sinne von aufdecken gemeint, sondern im Sinne von informieren.
"Wo ist da der Aufschrei?"
"Wir müssen dringend über ein Thema mehr reden: die Periode, die Menstruation, die Regelblutung", beginnt Böhmermann und erklärt den Grund: "Wir haben 2025. Das ist doch wirklich nichts Ekliges, sondern was total Natürliches." Die Statistiken, die Böhmermann dann präsentiert, zeigen aber ein anderes Bild. Vielen Männern sei das Thema nämlich ziemlich egal. Das ist erst einmal nicht sonderlich verwunderlich, da sich Betroffene zwangsläufig immer intensiver mit einem Thema beschäftigen als Nicht-Betroffene.
Aber sind Männer denn beim Thema Menstruation überhaupt Nicht-Betroffene? Ja und nein. Über die anatomischen Gründe müssen wir hier nicht sprechen, aber als Teil einer Gemeinschaft sind Männer natürlich auch betroffen, vor allem, wenn man die Zahl eines Artikels aus dem Deutschen Ärzteblatt hört, aus dem Böhmermann zitiert: "Zwei Drittel der menstruierenden Frauen […] im Alter von 14 bis 50 Jahren leiden nach einer Umfrage unter Regelschmerzen. Bei fast einem Drittel […] sind die Beschwerden so stark, dass sie in jedem Zyklus Schmerzmittel einnehmen müssen."
"Wo sind da die 'Brennpunkte'? Wo ist da der Aufschrei? Wo ist da das Sondervermögen, Herr Merz?", fragt Böhmermann und das ist weniger ironisch gemeint, als es klingt. Aber mit der Ironie ist es ohnehin so eine Sache in dieser Ausgabe, aber erst einmal macht Böhmermann mit der Aufklärung weiter: "Viele Frauen haben vor oder während ihrer Periode mit Verdauungsproblemen wie Durchfall, Blähungen oder Verstopfung zu tun", zitiert Böhmermann einen Beitrag und lässt Meldungen zu Analkrämpfen oder Migräne während der Menstruation folgen.
Mythen und finanzielle Belastung
Und weiter geht es mit der Aufklärung, die vor allem eine Aneinanderreihung von Statistiken ist: "97 Proezent alle[r] befragten Mädchen und Frauen empfinden Blutflecken auf der Kleidung als 'Worst-Case-Szenario'. Sichtbar 'durchzubluten' ist stark mit Scham behaftet", heißt es da etwa oder auch: "33 Prozent der Befragten fühlen sich während der Periode unrein". Außerdem würden in Deutschland 23 Prozent der befragten Mädchen und Frauen angeben, dass die monatlichen Ausgaben für die Periode eine finanzielle Belastung seinen.
Für den Unreinheitsmythos macht Böhmermann Humbug-Erzählungen verantwortlich, aber auch die Kirche im Besonderen sowie Religion im Allgemeinen: "Menstruierende Frauen gelten in vielen Religionssystemen als unrein und werden von der religiösen Praxis ausgeschlossen", zitiert Böhmermann zum Beispiel den "Standard" aus Österreich. Was die finanzielle Belastung anbelangt, gebe es Vorreiter wie Spanien oder Schottland, wo Periodenprodukte kostenlos seien.
Man könnte diese Beispiele als zarte Hinweise dafür nehmen, dass Böhmermann hier ein wenig über die bloße Aufklärung hinaus gehen und Verbesserungsvorschläge machen möchte. Das ist allerdings nicht ausgemacht, denn der Satiriker wirft bei der Art, wie er aufklärt, Fragen auf und damit sind wir bei der angesprochenen Ironie. Denn Böhmermann präsentiert sich als "Feminist" und eigentlich gibt es daran keinen Zweifel. Gleichzeitig spielt er den wissenden und verständnisvollen Chef, in dessen Unternehmen Frauen während deren Periode beigestanden werde.
"Gottverdammte Heldinnen" können für sich selbst sprechen
"Wer so was aushält jeden Monat, der ist für mich eine gottverdammte Heldin", formuliert das Böhmermann übertrieben pathetisch. Das scheint das Transportmittel seiner Aufklärung zu sein, aber er schrammt damit immer haarscharf an der Frage vorbei, ob er das ernst meint oder sich darüber lustig macht.
Ihn rettet natürlich das Wissen, dass er tatsächlich Feminist ist, in welchem Umfang auch immer. Erst spät löst er dann im Spiel mit einer "Sprachassistenz", welche die Stellvertreterstimme der Frauen sein soll, auf, dass er als Mann keine wirkliche Ahnung vom weiblichen Zyklus hat – Frauen aber oft nicht besser aufgestellt sind.
Das ist als Botschaft des Abends natürlich völlig in Ordnung. Dünn, aber völlig in Ordnung. Aber es wäre wahrscheinlich wirkungsvoller gewesen, wenn Böhmermann auf seinen ironischen Feministen verzichtet und einfach als Mann für Frauen eingetreten wäre. Oder noch besser: Er hätte diese Ausgabe einfach einer Frau oder mehreren Frauen überlassen können. Denn, und das ist die echte Ironie, bis auf die Episode mit der Sprachassistenz kommen die in dieser Ausgabe kein einziges Mal zu Wort.