In Folge 18 von "Germany’s next Topmodel" legt Heidi Klum am Donnerstagabend nicht nur das traditionelle Höhen-Shooting, sondern auch den obligatorischen Hindernis-Walk. Jede Aufgabe für sich rangiert bereits am oberen Ende der Plemplem-Skala, das Nonsens-Potenzial ist in dieser Kombi-Folge also besonders groß.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"In dieser Woche wird es spektakulär", behauptet Heidi Klum am Donnerstagabend und wird damit völlig Recht behalten. Zumindest, wenn man "spektakulär" nicht im Sinne von "großartig" versteht, sondern im Sinne von "Spektakel". Denn das wird es zweifelsohne – aber nicht im Guten. "Unser Set für das Fotoshooting befindet sich sprichwörtlich in Luftlinie direkt vor dem Penthouse meiner Models", erklärt Klum und man fragt sich, was für ein Sprichwort das genau sein soll, das Klum da meint.

Mehr News zu "Germany's Next Topmodel"

Was Klum hingegen mit "spektakulär" meint, ist relativ eindeutig und sieht so aus: Mit Kevin Germanier bucht die Klum einen Designer, der die Models mit seinen Klamotten ausstattet. Diese Klamotten sehen aus, als hätte jemand die Models mit einer Lametta-Kanone beschossen und ziemlich dolle erwischt. Derart verkleidet werden die Kandidaten mit Hilfe eines Krans auf einem Schwebebalken 70 Meter in die Höhe gezogen, ein Fotograf knipst dann Bilder von einer Dachterrasse aus.

Das Höhen-Shooting ist allerdings nur der Weg, nicht das Ziel. Ziel ist es, ein Riesendrama aus all dem zu machen. Dazu sammelt man reihenweise Stimmen der Kandidaten ein, wer denn alles Höhenangst hat, am Ende soll die Quote bei 50 Prozent liegen. Dann folgen wackelige Schritte, Klum, die nochmal ein bisschen Druck macht und Heldenmomente für die, die sich überwunden haben, ehe das Ganze in einem furiosem Finale gipfelt.

Höhenangst? Dagegen gibt es doch was

Die Stimmen sind schnell gefunden, Magdalene, Daniela und Nawin sind die, auf die sich die Produktion konzentriert. Der Fotograf wiederum versucht hier gegenzusteuern und hat einige professionelle Tipps gegen Höhenangst dabei: "Überspielt das!" Es ist immer beruhigend, wenn therapeutisches Fachpersonal dabei ist.

Mit einem "Kein fester Stand auf jeden Fall" ist Canel die erste, die mit den wackeligen Schritten beginnt und dann für den ersten Heldenmoment sorgt. "Du bist echt hier oben, ich kann’s gar nicht glauben", kann Klum gar nicht glauben, dass Canel den Irrsinn mitmacht und wir schließen uns dieser Ungläubigkeit gerne an.

"Ich glaube, ich würde ohnmächtig werden", arbeitet Klum sofort daran, die Größe der Aufgabe zu etablieren, zeigt sich dann aber plötzlich unfreiwillig komisch: "Was wir nicht alles machen für ein schönes Foto!" Genau, für ein Foto.

Canel freut sich trotzdem, sieht sie in dem Höhen-Shooting doch die Möglichkeit, der Klum zu beweisen, dass "ich das hier ernst nehme und das alles durchziehe." Oder dass sie alles macht, was die Klum sagt. Das kann natürlich auch sein. Auf dem Boden arbeitet die Produktion derweil daran, Nawin, Daniela und Magdalena an ihre Höhenangst zu erinnern.

"Kein Foto, keine neue Woche"

Nachdem aber Daniela und Nawin in einem ähnlichen Zustand nach unten kommen, wie sie kurz zuvor hoch gezogen wurden, wird mit Magdalenas Shooting der dramaturgische Höhepunkt vorbereitet. "Ich hab panische Höhenangst, das ist bei mir von klein auf so", erklärt Magdalena noch einmal und dem Model steht tatsächlich die Angst ins Gesicht geschrieben, was ihre Kolleginnen mit den entsprechenden Beobachtungen kommentieren: "Es ist einfach schlimm, jemanden so zu sehen", fühlt etwa Aaliyah mit.

Auch Klum entgeht Magdalenas Angst nicht, nur ihre Reaktion ist eine andere. Irgendwie weniger nett: "Ich hab 100 Prozent Verständnis dafür, dass Magdalena richtig, richtig Angst hat. Dass sie jetzt erstmal sich das noch ein bisschen überlegen möchte. Aber sie weiß ja auch, was es bedeutet, wenn sie es nicht macht: Kein Foto, keine neue Woche. Das wär echt schade drum."

"Es ist meine größte Angst, aber ich weiß, wenn ich das jetzt nicht mache, bin ich halt auch raus", zeigen Klums Spielregeln Wirkung bei Magdalena. Ein kritischer Punkt in der Folge, steht doch nun zu befürchten, dass Klum und ihr selbst ausgedachtes Regelwerk genauso unsympathisch wahrgenommen werden, wie sie klingen.

Die Lösung liegt in dem Feuerwehrmann, der den ganzen Unfug aus Sicherheitsgründen begleitet. Denn Magdalena will es angesichts des drohenden Rauswurfs doch noch einmal versuchen, aber der Feuerwehrmann geht dazwischen, will einen möglichen Angst-Kollaps in der Höhe nicht verantworten.

Fragen über Fragen

Das sagt er auch der Klum, die vollstes Verständnis zeigt und erklärt: "Ich sage den Models auch immer: Sie müssen es nicht machen. Wenn sie es nicht machen wollen, müssen sie nicht." Die Sache mit dem darauf folgenden Rauswurf scheint Klum dabei irgendwie vergessen zu haben, dennoch ist der Abbruch für sie die Gelegenheit, einigermaßen gesichtswahrend aus der Nummer rauszukommen – sofern sie darauf überhaupt Wert legt.

Man entscheidet sich nämlich spontan, Magdalena nicht rauszuwerfen, weil ja der Feuerwehrmann der Abbrecher war und nicht sie. Als Kompromiss darf sie nun in drei Meter Höhe das Shooting nachholen, was zu mindestens zwei Fragen führt: Wenn doch auch drei Meter Höhe für ein Shooting reichen – warum musste man dann zuerst 70 Meter nehmen? Und wenn man gar nicht auf 70 Meter hoch muss – warum sollte man dann Kandidaten rausschmeißen, die Angst davor haben?

Schlussendlich haben dann doch alle ein Foto und die Damen können sich auf das nächste Casting konzentrieren. Hier wird das neue Gesicht für eine "Beachwear-Kampagne" gesucht, offenbar war das alte Gesicht nicht mehr in Ordnung. "Ich möchte heute von den Models sehen, dass sie den Job unbedingt wollen", erklärt die Dame von der Bikini-Firma, aber nicht, warum ihr das so wichtig ist.

Offenbar ist das so eine Besonderheit bei Modeljobs, es ist jedenfalls schwer vorzustellen, dass die Bikini-Frau ihrem Zahnarzt sagt: "Ich möchte heute sehen, dass sie mir unbedingt in die Zähne bohren wollen. Sonst suche ich mir einen anderen Zahnarzt, der den Job mehr will."

Fair ist, wenn es alle schwer haben?

Wie auch immer, Magdalena bekommt den Job und musste dafür noch nicht einmal mit einem Kran in die Höhe gezogen werden. Stattdessen reichte es laut Bikini-Verkäuferin, dass "Magdalena super in unseren Produkten ausgesehen hat."

Das mag sein, aber was bedeutet das für all die anderen Frauen, die nicht Magdalena sind. Sehen die nicht gut aus in den Produkten? Das wäre eine Tragödie für die Bikini-Firma, denn Bikinis nur an Magdalena zu verkaufen, scheint unternehmerisch ein wenig riskant zu sein.

Trotzdem dürfte Magdalena gelernt haben, dass man offenbar auch ohne diesen ganzen Zirkus mit Höhen-Shooting Model werden kann. Hätte die Klum aber auch mal erwähnen können. Ähnliches gilt für den nun anstehenden "Obstacle-Walk". Hier hat die Produktion aus einem Laufsteg einen Hindernisparcours mit pendelnden Bällen, einer Wippe, Schaumstoff-Stolpersteinen, einer Drehscheibe oder einem Boden aus Klemmbausteinen gebaut.

Die Damen, so der Wunsch des Designers, müssen in Highheels laufen, die Herren mit ulkigen Hüten, denn "es ist nicht fair! Wieso sollen es immer nur die Frauen schwer haben?" Das klingt tatsächlich logisch. Auf die noch logischere Idee, dass es auch fair ist, wenn niemand es schwer hat, kommt der Designer aber nicht.

Alles nur ein Witz?

Ideen hat stattdessen eine andere: Daniela hat Angst, sie könne sich auf dem Hindernisparcours den Knöchel verdrehen, knicken, dehnen, zerren oder gar brechen und trifft deshalb irgendwann die Entscheidung: "Ich möchte nicht walken und ich werde freiwillig gehen."

Ihre Begründung lässt die Folge intellektuell dann nicht mehr ganz so zappenduster aussehen: "Manchen Ängsten muss man sich nicht stellen." Allerdings versucht Kollegin Magdalena, Daniela den Verzicht mit Floskeln von der Stange auszureden: "Wenn man’s versucht hat und gesehen hat, dass man’s nicht kann und dass es nicht geht, dann macht man’s nicht."

Schlussendlich versucht es Daniela, bleibt körperlich unverletzt, muss sich dann aber von Klum, Designer Germanier und Gastjurorin Coco Rocha einen küchenpsychologischen Einlauf gefallen lassen, was denn die wahren Gründe ihrer Verweigerung gewesen sein sollen.

Das ist zum einen arrogant, zum anderen übergriffig, vor allem aber reichlich dumm. Ähnliches musste zuvor bereits Kollegin Aaliyah erleben, als ihr Germanier vorwarf: "Für mich war das nicht gut. Denn ich hatte das Gefühl, dass du das auch als Witz betrachest."

Da macht also ein Designer einer Kandidatin in einer der größten Plemplem-Sendungen, die es im Fernsehen gibt und in der jungen Frauen vorgemacht wird, sie könnten nur dann Model werden, wenn sie sich in Lametta-Kostümen einen Kran hochziehen lassen, über Wippen, Drehscheiben und Klemmbausteine laufen den Vorwurf, sie würde das alles als Witz betrachten? Wir haben mal alle richtigen Antworten auf diesen Vorwurf in einer Übersicht zusammengestellt: ALS WAS DENN SONST?

Den Witz verlassen müssen am Ende aber weder Daniela, Aaliyah noch der Designer, sondern Samuel.