Die Paralympics in Paris setzen neue Maßstäbe. Auch bei der Abschlussfeier gibt es eine große, bunte Party. Das deutsche Team konnte dieses Mal in vielen Sportarten überzeugen, dafür ist die Goldbilanz historisch schlecht.
Die 17. Paralympischen Sommerspiele sind am Sonntag im Stade de France mit einer bunten Feier zu Ende gegangen. Um 21.57 Uhr erlosch das Paralympische Feuer im Jardin des Tuileries, das in anderthalb Jahren bei den Winterspielen in Mailand und Cortina (6. bis 15. März 2026) wieder entzündet wird. Die nächsten Sommer-Paralympics finden 2028 in Los Angeles statt. Die deutsche Fahne trug mit Schwimmerin Elena Semechin und Fechter Maurice Schmidt erstmals bei der Schlussfeier ein Duo in die Arena.
"Paris 2024 ist ganz einfach der neue Maßstab für die Paralympischen Spiele in jeder Hinsicht", sagte IPC-Präsident Andrew Parsons. Es seien "rekordbrechende" Tage gewesen, "die spektakulärsten Paralympischen Spiele aller Zeiten". Die Athleten hätten "unglaubliche Leistungen erbracht, der Sport war fantastisch". Frankreich sei durch die Spiele "zugänglicher und inklusiver als je zuvor. Das ist einfach unglaublich." Man müsse "das Momentum der Spiele nutzen, um die Welt um uns herum inklusiver zu machen".
Zur Abschlusszeremonie kamen bei strömendem Regen 64.000 Zuschauer um Frankreichs Präsidenten
Deutschland auf elftem Platz
Von den Top-Nationen war Deutschland, das vor drei Jahren im Medaillenspiegel gar auf Rang zwölf gelegen hatte, erneut weit entfernt. Erfolgreichste Nation war China mit 220 Medaillen (94/76/50) deutlich vor Großbritannien (124 - 49/44/31) und den USA (105 - 36/42/27). Deutschland wurde selbst von kleineren Ländern, wie etwa der Niederlande auf Rang vier (56 - 27/17/12), klar übertrumpft.
"Die Sportlerinnen und Sportler haben einmalige Erlebnisse geschaffen. Wir können zufrieden sein. Wir sind stolz auf das Erreichte", sagte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher dem SID. Auch Chef de Mission Karl Quade betonte, dass das Team D "gut" dastehe und den Negativtrend der letzten Spiele gebremst habe.
Erst Sandra Mikolaschek mit ihrer Sensation an der Tischtennisplatte, dann die furiose Bronze-Fahrt von Fahnenträgerin Edina Müller: Die zehn Podestplätze am Abschlusswochenende der 17. Paralympischen Sommerspiele hübschten die Gesamtbilanz des Team D nochmal auf. Zumindest der Abwärtstrend in der Gesamtzahl der Medaillen wurde damit gestoppt, doch es fehlten die großen Triumphe. Mit lediglich zehn Goldmedaillen erlebte der Deutsche Behindertensportverband (DBS) einen historischen Tiefpunkt.
Team D trotzdem mit positiver Bilanz
Nach Position zwölf in Tokio wurden auch in Paris mit Rang elf die anvisierten Top 10 im Medaillenspiegel knapp verfehlt, dennoch fiel das Fazit von offizieller Seite vor dem Erlöschen des Paralympischen Feuers bei der bunten Schlussfeier im Stade de France am Sonntag um 21.57 Uhr eher positiv aus.
"Wir stehen gut da", betonte Chef de Mission Karl Quade. Es sei das Wichtigste, "dass wir den sogenannten Abwärtstrend der letzten Paralympischen Spiele jetzt erstmalig umgedreht haben und mit der Aufwärtsschleife begonnen haben", sagte DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher dem SID.
Mit insgesamt 49 Medaillen wurde die Gesamtausbeute von Tokio leicht verbessert, dennoch ist es die zweitniedrigste Zahl seit der Wiedervereinigung. Und viele Goldhoffnungen zündeten nicht, zehn Siege waren drei weniger als vor drei Jahren. Deutlich kleinere Nationen wie die Niederlande sammelten mehr als doppelt so viel Gold ein. China, die USA oder auch Großbritannien sind ohnehin schier uneinholbar enteilt.
Man habe den Rückgang "bei der Mannschaftsgröße, bei der Gesamtzahl der Medaillen und bei den sogenannten Endkampfplätzen vier bis acht gestoppt", sagte Quade. Auch rein nach Goldmedaillen sei man "ungefähr da, wo wir uns das vorgestellt haben". Das Team D Paralympics wolle natürlich künftig wieder noch weiter "nach vorne kommen, das werden wir auch in die Leistungssportreform hineinschreiben".
Medaillen in 13 Sportarten
Doch erstmal müsse die Sportnation Deutschland "wieder die Richtung finden", erklärte Quade: "Wir werden uns nicht zurücklehnen, weil der Trend gestoppt ist. Wir werden schauen, wo wir uns noch verbessern können." Die Erfolgserlebnisse verteilten sich diesmal breiter. Während es in Tokio nur in acht Sportarten Medaillen gab, sind es diesmal 13. Nur in fünf Sportarten mit deutscher Beteiligung reichte es nicht fürs Podest.
Bis auf die sonstigen deutschen Vorzeigesportarten Leichtathletik und Radsport hätten "alle Sportarten besser abgeschnitten als in Tokio", so der Chef de Mission. Am erfolgreichsten lieferten die Schwimmer um den dreifachen Medaillengewinner Josia Topf mit insgesamt zehnmal Edelmetall ab, am Samstag hatte Gina Böttcher noch Silber über 50 m Rücken geholt. Schützin Natascha Hiltrop gewann als einzige Athletin zweimal Gold.
Erste Medaille seit 32 Jahren
Am Abschlusswochenende gelang Tischtennisspielerinnen Mikolaschek der große Wurf. "Oh, wie ist das schön" schallte es durch die Arena Sud 4. Die 27-Jährige aus der Lutherstadt Eisleben bezwang die serbische Weltranglistenerste Borislava Peric-Rankovic im Finale nach einer starken Vorstellung mit 3:1 (11:5, 11:3, 6:11, 11:8) und feierte den größten Erfolg ihrer Karriere.
Auch auf die Reiterinnen Anna-Lena Niehues und Regine Mispelkamp mit jeweils Silber sowie die 67-jährige Heidemarie Dresing mit Bronze war mal wieder Verlass. Lindy Ave setzte mit Rang drei über 400 m nach Babypause ein starkes Zeichen. Die deutschen Rollstuhlbasketballer um den mit 36 Punkten überragenden Thomas Böhme weinten nach dem überraschenden 75:62 (27:35) gegen Kanada im Bronzespiel Tränen puren Glücks, es war die erste Medaille seit 32 Jahren.
Die letzten deutschen Medaillen sammelten die Kanutinnen Müller, Anja Adler und Felicia Laberer mit einem Bronze-Dreierpack innerhalb von 50 Minuten. "Wir können zufrieden sein. Wir sind stolz auf das Erreichte", betonte Beucher: "Das Ende von Paris ist der Anfang von Los Angeles." (SID/bearbeitet von cgo)
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