• So einen Abend hat die deutsche Leichtathletik schon seit einiger Zeit nicht mehr erlebt.
  • Zwei Titel und insgesamt fünf Medaillen heimst das Gastgeber-Team bei der EM in München ein.
  • Gold-Gewinnerin Gina Lückenkemper gab nach ihrem 100-Meter-Sprint-Triumph zu, dass sie fast nicht angetreten wäre.

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Die Leichtathletik-Europameisterschaften sind schon nach zwei Wettkampftagen der emotionale Saisonhöhepunkt, zu dem ihn viele deutsche Sportlerinnen und Sportler zuvor erklärt hatten. Rund einen Monat nach dem Stimmungstief bei den Weltmeisterschaften in den USA feiern 40.000 Fans am Dienstagabend im Münchner Olympiastadion eine Party, beflügelt durch die tollen Leistungen der Gastgeber-Auswahl, die zwei Titel und vier Medaillen holt.

Schon 2018 im Berliner Olympiastadion beflügelte die tolle Heim-Atmosphäre Gina Lückenkemper, damals sprintete sie über 100 Meter auf Platz zwei. Diesmal krönte sich die 25-Jährige in einer Zentimeter-Entscheidung sogar zur Europameisterin. Dabei war beim Halbfinale der linke Oberschenkel mit einem Tape versehen und die Final-Teilnahme zwischenzeitlich unsicher, wie Lückenkemper berichtete. Erst ihr Trainer habe sie dann von der Teilnahme am Endlauf überzeugt.

"Ich werde noch ein bisschen brauchen, um das alles zu verarbeiten", sagte Lückenkemper in der ARD. Vier Jahre nach EM-Silber hatte sie in 10,99 Sekunden hauchdünn vor der zeitgleichen Schweizer Hallenweltmeisterin Mujinga Kambundji gewonnen. Dritte wurde die Britin Neita Daryll, die nur eine Hundertstelsekunde langsamer war.

Lückenkemper muss nach ihrem Sprint-Triumph ins Krankenhaus

Wie der Deutsche Leichtathletik-Verband anschließend mitteilte, musste Lückenkemper im Anschluss an den Finalabend ins Krankenhaus. Dort wurde eine Wunde am Oberschenkel mit acht Stichen genäht. Die Europameisterin war unmittelbar nach dem Zieleinlauf gestürzt. Lückenkemper gab nach dem Auftritt im TV in den Stadionkatakomben deshalb keine weiteren Interviews.

"Ich weiß noch nicht genau, woher die Wunde kommt. Ob vom Sturz oder etwas anderem. Aber mir geht es gut. Ich bin überglücklich und kann das alles noch gar nicht so richtig fassen", sagte Lückenkemper.

Nach dem kurzen Krankenhaus-Aufenthalt durfte Lückenkemper zurück ins Hotel, wo das deutsche Team ihre Kapitänin mit Jubel empfing. "Mission Händchenhalten war erfolgreich", schrieb die 25-Jährige bei Instagram. "Darf wieder zurück ins Hotel." Der Deutsche Leichtathletik-Verband logiert im Münchner Norden, nicht weit entfernt vom Olympiastadion.

Zehnkämpfer Niklas Kaul holt Gold

Neben Lückenkemper hatten auch Zehnkampf-Europameister Niklas Kaul und die Diskus-Werferinnen Kristin Pudenz (Silber) und Claudine Vita (Bronze) Grund zum Jubeln. Zuvor hatte bereits Geher Christopher Linke über die 35-Kilometer-Distanz in der Innenstadt von München Silber geholt.

Kaul hatte am zweiten Tag des Zehnkampfs zwischendurch den Glauben an EM-Gold verloren. Schon beim Hochsprung hatte der Mainzer gedacht, es gebe keine Chance mehr auf den Titel. "Nach dem Mittagsschlaf habe ich mir gesagt: Wenn die Goldchance weg ist, mache ich zumindest für alle Zuschauer eine Show in den letzten beiden Disziplinen", sagte der 24 Jahre alte Weltmeister von 2019.

Mit dem Speerwurf über 76,05 Meter und einem 1.500-Meter-Lauf in Bestzeit von 4:10,04 Minuten schaffte Kaul noch den Titelgewinn mit 8.545 Punkten. "Es ist der für mich emotional wichtigere Titel", sagte er im Vergleich zum WM-Triumph.

Silber und Bronze für deutsche Diskuswerferinnen

Die Olympia-Zweite Pudenz jubelte nach ihrer persönlichen Bestleistung im Diskuswerfen über Silber, Claudine Vita steuerte mit Bronze eine weitere Medaille für die deutsche Mannschaft bei. "EM-Silber vor so einem Publikum - das bleibt auf jeden Fall ewig im Gedächtnis", sagte die 29-Jährige, die den Diskus auf 67,87 Meter schleuderte.

Nur acht Zentimeter fehlten, um die EM-Titelserie der Kroatin Sandra Perkovic zu stoppen. "Im ersten Moment hat es mich geärgert", gestand Pudenz. "Aber ich habe Bestleistung geworfen, besser geht es ja eigentlich gar nicht. Klar diese acht Zentimeter - beim nächsten mal halt."

Die 25-jährige Vita freute sich beim Bronze-Erfolg über die Saisonbestweite von 65,20 Metern. "Eine Medaille war defintiv mein Ziel und ich freue mich, dass es geklappt hat", sagte die WM-Fünfte von Eugene. "Mit den ganzen Finals war es ein unglaublicher Abend." (lh/dpa)

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Teaserbild: © IMAGO/Jan Huebner/Kai Peters