- Gina Lückenkemper ist Europameisterin über 100 Meter.
- Niklas Kaul gewinnt nach einer grandiosen Aufholjagd den Titel bei der Heim-EM.
- Nur Minuten später freute sich die Olympia-Zweite Kristin Pudenz über EM-Silber im Diskus.
- Claudine Vita sicherte dem deutschen Team Bronze mit 65,20 Metern.
Gina Lückenkemper ist Europameisterin über 100 Meter. Die 25-Jährige war vier Jahre nach ihrer Silbermedaille von Berlin am Dienstagabend in 10,99 Sekunden nach Foto-Finish die schnellste Leichtathletin im Münchner Olympiastadion. Ebenfalls mit 10,99 Sekunden landete die Schweizer Hallenweltmeisterin Mujinga Kambundji auf Rang zwei. Dritte wurde die Britin Neita Daryll, die nur eine Hundertstelsekunde langsamer war. Die Wattenscheiderin Tatjana Pinto und Rebekka Haase vom Sprintteam Wetzlar schafften es nicht in das Finale.
Niklas Kaul konnte den Schweizer Simon Ehammer noch auf den letzten Metern verdrängen
Völlig ausgepumpt, aber glückselig strahlend ließ sich
Nur Minuten später freute sich die Olympia-Zweite Kristin Pudenz über EM-Silber im Diskus und revanchierte sich damit für ihr enttäuschendes WM-Abschneiden vor einem Monat. Mit persönlicher Bestleistung von 67,87 Metern fehlten der Potsdamerin nur acht Zentimeter zur Kroatin Sandra Perkovic, die ihren sechsten EM-Titel holte. Claudine Vita sicherte dem deutschen Team Bronze mit 65,20 Metern.
Für Kaul war es nach dem WM-Coup von 2019 der zweiten großen Sieg
Kaul feierte nach dem WM-Coup von 2019 den zweiten großen Triumph seiner Karriere. "Der WM-Titel ist drei Jahre her, dazwischen lief nicht richtig viel zusammen. Bei den 1500 sind mir fast die Ohren weggeflogen, das war der Wahnsinn", sagte Kaul nach dem überragenden Abschluss ins Stadion-Mikrofon.
Vor den letzten beiden Disziplinen hatte er noch auf dem siebten Rang gelegen, schaffte aber mit 76,05 Metern im Speerwurf und einem starken 1500-Meter-Lauf in persönlicher Bestzeit von 4:10,04 Minuten noch die überraschende Wende. "Es ist die Disziplin, in der ich am Besten bin", hatte Kaul vor dem Lauf gesagt. Der frühere WM-Dritte Kai Kazmirek (LG Rhein-Neuwied) kam auf Platz acht mit 8151 Punkten.
Kaul trat mit seinem EM-Titelgewinn die Nachfolge von Arthur Abele an, der vor vier Jahren in Berlin siegte und beim letzten Zehnkampf seiner Karriere wie ein Held umjubelt wurde. Der 36-jährige Ulmer war im Hürdensprint wegen eines vermeintlichen Fehlstarts disqualifiziert worden, durfte aber nach einem erfolgreichen Protest weiterkämpfen. Über den 15. und letzten Platz kam er nicht mehr hinaus. "Was er nervlich mitgemacht, reicht für eine ganze Karriere", meinte Ex-Zehnkämpfer und ARD-Experte Frank Busemann. Abele pflichtete ihm bei: "Ich war nervlich am Arsch."
Am Ende ging es nur noch um "Durchhalten"
Nach acht Disziplinen sah es so aus, dass Kaul der EM-Coup nicht mehr gelingen könne. Eidgenosse Ehammer hatte gut 500 Punkte Vorsprung. Nachdem der Deutsche mit dem Diskus nur 41,80 Meter weit kam und im Stabhochsprung lediglich 4,90 Meter überquerte, schien das Titelrennen fast gelaufen und seine Ankündigung vor der EM, "so gut wie noch nie zuvor" antreten zu wollen, sich nicht ganz zu bestätigen. "Es war nur ein Durchhalten", schilderte Kaul niedergeschlagen seine Befindlichkeit in dieser Situation der ARD.
Nach seinem WM-Überraschungscoup 2019 in Doha, wo er als jüngster Zehnkämpfer der Geschichte siegte, lief es in seiner bis dahin glanzvollen Karriere nicht mehr rund. Erst musste er eine langwierige Schulterverletzung bewältigen und bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio das vorzeitige Aus nach einer Sprunggelenksverletzung im Fuß verkraften.
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Auch dieses Jahr verlief holprig. Die erste Mehrkampf-Qualifikation für EM und WM in Ratingen beendete Kaul nach dem ersten Tag. Danach musste er auch in Götzis/Österreich die Zähne wegen Fußprobleme zusammenbeißen, schaffte aber die ihm fehlende EM-Norm mit 8303 Punkten. Bei der WM in Eugene konnte er als Titelverteidiger mit einer Wildcard antreten und wurde Sechster.
Christopher Linke erfüllte sich zum Auftakt des zweiten EM-Tages nach etlichen guten Platzierungen bei großen internationalen Meisterschaften endlich den Traum von der ersten Medaille. "Jetzt habe ich endlich was, was ich meinen Enkeln zeigen kann", sagte der 33-jährige Potsdamer, den nicht zuletzt eine Corona-Infektion zuletzt um eine erfolgreiche WM gebracht hatte.(dpa/jst)