Auf dem Papier klingt der Transfer wie eine Selbstverständlichkeit: Der eine Klub kauft dem anderen Klub einen Spieler weg, dummerweise mitten in der Saison und blöderweise den Torwart. Beim jüngsten Transfer zwischen Bayern München und Borussia Mönchengladbach ist die Lage heikler.

Eine Kolumne
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Yann Sommer, vorgestern Torwart in Gladbach, seit gestern Torwart in München, ist jener Teufelskerl aus der Hinrunde, der mit seinen 19 Paraden Bayern München in den Wahnsinn getrieben hat. Am 4. Spieltag ertrotzte sich Mönchengladbach ein 1:1 in der Allianz Arena - allein und maßgeblich wegen Sommer.

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Für die Bayern spielt es keine Rolle, ob der Schweizer acht, zehn oder doch zwölf Millionen Euro Ablöse kostet. Ihr Nationaltorwart Manuel Neuer ist schwerer verletzt, als viele meinen, und kann diese Saison nicht mehr mitmischen. Seinem Ersatzmann Sven Ulreich traut man die Champions League nicht mehr zu.

Also Yann Sommer. Der einzige, den sie auf die Schnelle verpflichten konnten, und einer der wenigen, der Weltklasse kennt (sieben WM-Spiele) und sich deswegen nicht in die Hosen macht, wenn demnächst die PSG-Stars Lionel Messi und Kylian Mbappé vor seinem Tor auftauchen. Bayern ist fein raus.

Anders Borussia Mönchengladbach. In der Umkleidekabine fehlt nicht nur der Mann, der seit 2014 exakt 272 Liga-Spiele für Gladbach bestritten und mit gestiegener Reputation Macht und Einfluss gewonnen hat. Der Nachfolger muss erst noch beweisen, dass er dieselbe Leistung zwischen den Pfosten zeigen kann.

Jonas Omlin ersetzt Yann Sommer in Gladbach

Jonas Omlin heißt er, 29 Jahre alt und zuletzt bei Montpellier SC unter Vertrag. Ganz gleich, wie viel Eingewöhnungszeit er benötigt: Eine Verbesserung gegenüber Sommer stellt er noch nicht dar. Aber das war nicht zu verhindern. Zum 30. Juni lief Yann Sommers Arbeitsvertrag in Mönchengladbach aus.

Er hätte dann ablösefrei gehen können. So bekommt Sportchef Roland Virkus eine Entschädigung von angeblich neun Millionen Euro für vier Monate Verzicht auf seinen Stammtorwart. Im Klartext: Der winterliche Sommer-Transfer füttert die Kasse und kostet Klasse. Immerhin: Omlin ist fünf Jahre jünger als Sommer.

Das alles muss Bayern München nicht weiter kümmern, Deal ist Deal. Dass man gleichzeitig einen Konkurrenten schwächt, ist eine schöne Nebenwirkung. Noch im Oktober 2021 waren die Bayern beim 0:5 im DFB-Pokal von den Gladbachern gedemütigt worden. Die Chance, dass das wieder passiert, ist jetzt kleiner.

So muss sich niemand wundern, wenn die Bayern mit dem schnellen Neuer-Ersatz gewohnt leichtfüßig zur soundsovielten Meisterschaft in Folge marschieren und den Gladbachern am 18. Februar eine lange Nase zeigen: Ihr bester Mann steht dann beim Rückspiel im Bayern-Tor. Es ist die späte Rache für ein 1:1.

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