Der Abstieg des FC Schalke war schon lange vor der Niederlage gegen Bielefeld absehbar. Das wissen auch die Vereinsvertreter schon eine Weile - und dennoch wurde nichts unternommen. Hatte man sich für einen riskanten Neuanfang aufgegeben?
Vereinsvertreter des FC Schalke beteuerten gleich nach dem 0:1 in Bielefeld, dass der Abstieg in die 2. Liga nicht an diesem Mittwochabend passiert ist, sondern seine Ursache in den vielen Monaten zuvor findet. Chaos bei der Kaderplanung, Strategiewechsel im Vereinsmanagement, Fluchtbewegung der Klubbosse, Zickzackkurs bei der Mannschaftsführung, amateurhafte Trainerauswahl und nicht zuletzt der Schuldenberg - es mangelt tatsächlich nicht an Begründungen, warum der Irrweg im Unterhaus landen musste.
Aber die Einsicht, dass so ein Abstieg schon lange vor dem Tag des Abstiegs begonnen hat, macht wenig Hoffnung auf eine rasche Erholung. Denn der scheinbar harmlose Befund bedeutet ja auch: Man hat die vielen Warnungen, die es in der Vergangenheit gab, geflissentlich ignoriert. Die Symptome jedenfalls waren nicht zu übersehen und sind von einer staunenden Öffentlichkeit, Medien und Fans, oft genug benannt worden. Woher soll der Glaube kommen, dass nun wirksame Handlungen folgen?
Die unterschiedliche Auffassung, ob Schalke die Profifußballer ausgliedert oder nicht, legt den Schluss nahe, dass sich der gesamte Verein noch nicht über seine gemeinsame Ausrichtung im Klaren ist. Sportvorstand Peter Knäbel spricht zwar davon, dass man längst die Hausaufgaben für die Zeit in der 2. Liga erledigt hat. Aber dass man mehr erledigt hat als die reine Pflichterfüllung, ist nicht ersichtlich. Das wird jedoch bitter notwendig. Der Wiederaufstieg ist keine Selbstverständlichkeit. Frage nach beim HSV.
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Der Neuanfang: Chance und Risiko zugleich
Der Abstieg in die 2. Liga ist deshalb Chance und Risiko zugleich. Eine Chance, weil man Fehler der Vergangenheit in einem Erneuerungsprozess beseitigen kann und die Rückkehr als Belohnung begreifen darf. Ein Risiko, weil man die Dauer eines solchen Erneuerungsprozesses nicht glaubwürdig einschätzen kann. Es gibt zu viele Menschen, die jetzt auf Schalke mitreden wollen, und wo viel geredet wird, wird auch vieles zerredet und mündet in Kompromissen. Eine Vision verlangt aber Kompromisslosigkeit.
Dazu gehört Schonungslosigkeit bei der Darstellung der Probleme und nicht die Schönfärberei der vergangenen Jahre. Die Menschen im Ruhrgebiet können mit der ungeschminkten Wahrheit besser umgehen als mit Gaukelei. Eine Region, die quasi Strukturwandel zum Programm erhebt, verdient einen Verein, der bei Veränderung und Modernisierung Vorbild ist. Dazu gehört auch, dass man sich den direkten Wiederaufstieg nicht leisten kann, sondern junge, hungrige Spieler reifen lässt. Man soll es halt offen sagen.