Beim Thema 50+1 wird man in der Bundesliga wohl niemals auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Das deutsche Vereinswesen ist so fest im Bewusstsein seiner Mitglieder verankert, dass eine Änderung an den Machtstrukturen im Profifußball ideologisch betrachtet wird. Es gibt ja gute Gründe für die 50+1-Regelung: Die Mitglieder behalten bei jeder Ausgliederung die Mehrheit (Minimum ein Prozent mehr als die Hälfte) und haben somit bei der Führung des Spielbetriebs das letzte Wort.
Was die Sache so schwierig macht
Trotz dieser traditionsbewussten Strukturen suchen diejenigen Manager, die einen Bundesliga-Kader aufzustellen haben, nach ergiebigen Geldquellen. Die Ausgliederung der Profiabteilung ist ein fauler Kompromiss: Man verkauft Anteile an der Zweigstelle und schränkt gleichzeitig die Handlungsvollmacht via 50+1 ein. Daraus entstehen Konstellationen wie jetzt bei Hertha BSC: Keiner ist so richtig zufrieden.
Der Investor Lars Windhorst nicht, weil er bei Hertha den notwendigen Veränderungsprozess vermisst und damit sein Investment von 375 Mio. Euro in Gefahr sieht. Und der Verein nicht, weil er Einlassungen des Investors immer als unzumutbares Einmischen ins Tagesgeschäft empfindet. In diesem Spannungsfeld kann nichts Gutes entstehen. Siehe Hamburger SV: Großinvestor Klaus-Michael Kühne wurde über Jahre zur permanenten Belastung der handelnden Personen.
Macht verkaufen - aber bitte nicht zu viel
In Grundsatz-Entscheidungen bei der DFL haben sich die Bundesliga-Vereine zur Beibehaltung ihrer Zwitter-Position entschieden und müssen deshalb mit verfahrenen Situationen in einzelnen Klubs leben. Konsequent ist die Turnvater-Jahn-Haltung nicht. Denn zwischenzeitlich sind die Schreie sogar in Pandemie-Zeiten laut, dass frisches Geld in die Liga fließen muss, damit man international mithalten kann. Warum also nicht umdenken?
Jeder Verein sollte darüber selbst entscheiden dürfen, ob die Abkehr von der 50+1-Beschränkung ein gangbarer Weg ist oder nicht. Zugegeben, das Risiko ist ungleich höher, wenn zu viele Anteile am Klub in die falschen Hände geraten - sogar die Existenz des Vereins steht auf dem Spiel. Aber erstens tut’s das jetzt auch, wenn der Verein nicht mit Geld umgehen kann. Und zweitens gilt auch hier: Die Mitglieder entscheiden, ob sie die Satzung ändern und das Risiko eingehen wollen.
Die fundamentale Ablehnung aus Unwissenheit oder Ideologie trägt sonst etwas Sozialistisches in sich. Man traut den Mitgliedern nicht die Freiheit zu, über das eigene Schicksal zu urteilen. Hier geht’s jedoch keineswegs darum, in der Auflösung von 50+1 ein Allheilmittel zu erkennen. Es geht um das Entscheidungsrecht in eigener Sache. Man stelle sich das mal vor: Alle Klubs hätten die Freiheit zur Wahl und blieben dann bei 50+1: Das Dauerthema wäre endlich abgeräumt.