Noch Ende Juni hat Gerald Asamoah seinen Arbeitsvertrag auf Schalke verlängert. Bis 2022 soll sich der 43-malige deutsche Nationalspieler als Manager um die Reservemannschaft in der Regionalliga West kümmern.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Der neue Vertrag zu verbesserten Bezügen war auch eine Art Belohnung der Vereinsführung: Unter Trainer Huub Stevens hatte er mitgeholfen, dass die Bundesliga-Mannschaft den Klassenerhalt schaffte.

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Gerald Asamoah hätte also allen Grund gehabt, seinen Mund zu halten, als sein Aufsichtsratschef Clemens Tönnies am Pranger stand.

In vorauseilendem Gehorsam hatten Sportvorstand Jochen Schneider und sein Trainer David Wagner versucht, seinen Rassismus-Anfall zu relativieren und die mittelmäßig formulierte Entschuldigung ihres Geldgebers zu akzeptieren. Allein der Ehrenrat des Vereins sollte über die Schwere der Schuld entscheiden.

Asamoah: "Beleidigt mich und alle anderen"

Doch der Abwehrblock bröckelt. Wenn Clemens Tönnies irgendwann gehofft haben sollte, dass sein Rassismus-Anfall übers Wochenende in Vergessenheit gerät, dann ist die Hoffnung seit Sonntag dahin.

Asamoah, geboren in Ghana, Afrika, warf seine ganze Emotion in einen Post auf Instagram: Er sei "geschockt" und "verletzt" von dem, was er von Tönnies lesen musste. "Er beleidigt mich und alle anderen Betroffenen", schreibt er. Deutlicher geht’s kaum.

Zu Wochenbeginn muss der fünfköpfige Ehrenrat des FC Schalke 04 befinden, ob einer, der so offensichtlich gegen die Werte des Vereins verstößt, den Aufsichtsrat leiten darf. Man hört deshalb von der Kompromisslinie, dass Tönnies zwar im Aufsichtsrat bleiben darf - aber den Vorsitz abgeben muss.

Denn auch das ist jedem beim FC Schalke 04 klar: Ohne ihn geht’s kaum. Er ist seit Jahrzehnten der Kopf des Vereins. Darum ist die Bestürzung so groß.

Der Tönnies-Satz, der die Bundesliga in Aufruhr versetzt, war am Donnerstag beim Tag des Handwerks in Paderborn gefallen. Tönnies hatte er vorgeschlagen, man solle jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. "Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren."

Die "Neue Westfälische" brachte den Rassismus-Anfall an die Öffentlichkeit. Der Vorwurf an Tönnies: "unentschuldbar".

Aussage auf Agenda der DFB-Ethikkommission

Tönnies kann die Protestwelle nicht mehr stoppen. Minister der Bundesregierung verurteilen ihn ebenso wie Bundesliga-Repräsentanten. Die eigenen Leute wenden sich gegen ihn.

Dem DPA-Fußballchef Arne Richter sagte der Liga-Präsident Reinhard Rauball: "Ich war sehr überrascht, dass ihm das so passiert ist, und das kann man nicht durchgehen lassen." Dass die Tagesschau das Thema in ihrer Sonntagabend-Sendung aufgriff, erhöht den Druck.

Die Ethikkommission beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) setzt das Thema am 15. August auf die Agenda, weil es um mehr als einen verbalen Ausrutscher geht.

Man will keine Legitimation in der Bundesliga zulassen, wenn es zu Schmähungen gegen dunkelhäutige Spieler und Ausländerfeindlichkeit in den Stadien kommt. Niemand soll sagen können: Die da oben sagen das doch auch.

In den Sozialen Netzwerken toben längst Wortgefechte, ob die Kritik an Tönnies nicht übertrieben sein könnte. Die Rauball-Stellungnahme gibt die Richtung vor: Ist sie nicht. Die versprochene Wiedergutmachung wird Tönnies nicht leichtfallen.

Wenn sich die eigenen Leute gegen einen Klubboss wenden, ist allenfalls ein Kompromiss drin. Weiter Aufsichtsrat, aber Rücktritt vom Vorsitz: Das ist seine einzige Lösung.

Pit Gottschalk, 50, ist Journalist und Buchautor. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit’ch erhalten Sie hier: http://newsletter.pitgottschalk.de.
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