Beim ersten Hamburg-Derby der Zweitligisten St. Pauli gegen den HSV am Millerntor im Frühjahr sah sich Schiedsrichter Felix Brych fast zum Abbruch der Partie gezwungen. Droht St. Pauli heute wieder ein Flammenmeer?

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Für das Stadtderby in Hamburg hatte der FC St. Pauli einen verwegenen Plan gefasst. Wäre der Fall Jatta nicht entschieden gewesen, hätte jeder einzelne Pauli-Spieler heute Abend ein Jatta-Trikot beim Aufwärmen getragen. Menschliche Solidarität mit dem größten Kontrahenten: Das Signal wäre fantastisch gewesen.

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Noch bevor die Identität von Bakery Jatta bestätigt werden konnte, wollte St. Pauli klarmachen: Allein sportliche Kriterien sollten das Zweitliga-Duell mit dem Stadtrivalen Hamburger SV entscheiden. Und nicht juristische Tricksereien, wie es der 1. FC Nürnberg, VfL Bochum und Karlsruher SC versuchten.

Am Millerntor droht wieder ein Flammenmeer

In den Farben getrennt, in der Sache vereint - so hatte es Jatta vorige Woche in seinem Dank für die Unterstützung formuliert und ausdrücklich den FC St. Pauli in seiner Stellung eingeschlossen. Leider steht zu befürchten, dass dieser Satz heute Abend wieder zweckentfremdet wird. Es geht um Pyrotechnik.

Im Frühjahr, beim ersten Zweitliga-Derby am Millerntor (4:0 für den HSV), hatten sogenannte Fans das Stadion in ein Flammenmeer verwandelt und Schiedsrichter Felix Brych fast zum Abbruch der Begegnung gezwungen. Ordner im Stadion standen tatenlos daneben, als Leib und Leben gefährdet wurden.

Das Fußballstadion als rechtsfreier Raum

Polizisten sahen sich außer Stande, Familien vor dem Mob im Stadion zu schützen. Ein Fußballstadion als rechtsfreier Raum: Das Foto vom lachenden Clown, der auf dem Zaun ungehindert das Feuerwerk dirigierte, führte die Absurdität des deutschen Profifußballs vor Augen. Der eigene Anhang machte den FC St. Pauli vor aller Welt lächerlich.

St. Pauli-Geschäftsführer Andreas Rettig drückte zwar anschließend und aufrichtig seine Enttäuschung über das asoziale Verhalten im eigenen Fanblock aus. Doch Tatsache ist auch: Sein Präsident Oke Göttlich hatte mit einer laschen Haltung beim Thema Pyrotechnik zum Rechtsbruch am Millerntor ermuntert. Er wollte den Pyromanen gefallen.

Derselbe Oke Göttlich sitzt nun, frisch gewählt, im Präsidium der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Man wird heute Abend sehr genau hinsehen müssen, wie sich das Publikum auf den günstigen Plätzen verhält. Brennt sein Stadion wieder, muss er als verantwortlicher Vereinspräsident mal mit konstruktiven Vorschlägen um die Ecke kommen.

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Pit Gottschalk, 50, ist Journalist und Buchautor. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit’ch erhalten Sie hier: http://newsletter.pitgottschalk.de.
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