Bei der Konfiguration eines Wohnmobils erscheinen wiederholt Hinweise zu Gewichtsangaben. promobil erklärt, was es damit auf sich hat.
"Nur mal eben konfigurieren", denken sich Campinginteressierte gern, wenn sie auf Youtube oder im Newsfeed einen spannenden Camper entdecken. Doch kaum hat man das entsprechende Fahrzeug auf der Herstellerseite gefunden und plant im Konfigurator, den eigenen Traumcamper zusammenzuklicken, ploppt ein nerviges Hinweis-Fenster auf.
Lang und breit erklärt darauf der Hersteller die verschiedenen Gewichtsangaben – vom zulässigen Gesamtgewicht über die fahrbereite Masse bis zur Ermittlung der Masse für Zusatzausstattung. Ähnlich penetrant wie Datenschutzerklärung und Cookie-Hinweis will diese erst akzeptiert werden, bevor man endlich das Fahrzeug und alle Optionen auschecken darf. Doch warum eigentlich? Was hat es mit diesen Angaben auf sich?
Wohnmobil-Konfiguration: Achtung vor zu viel Gewicht
Ein zentraler Bestandteil der Fahrzeugdaten ist das zulässige Gesamtgewicht (zGG). Es beschreibt das Gesamtgewicht, das das Fahrzeug mitsamt all seiner Inhalte maximal erreichen darf und ist eine Frage der Zulassung sowie der technischen Auslegung des Fahrzeugs.
Hintergrund: Wohnmobile bis 3,5 Tonnen zGG dürfen mit einem normalen Pkw-Führerschein (Klasse B) gefahren werden. Überschreitet das Fahrzeug dieses Gewicht, ist ein Lkw- oder C1-Führerschein erforderlich – oder ein alter "Lappen" (Führerscheinklasse 3).
Für Campingfahrzeuge sind vor allem das Leergewicht sowie die Masse in fahrbereitem Zustand wichtig. Diese beiden Begriffe werden meist synonym verwendet und beinhalten:
- das tatsächliche Leergewicht des Fahrzeugs mit Auf- und Ausbau
- sämtlicher Betriebsstoffe wie Öl und Scheibenwischwasser
- das Gewicht des Fahrers mit pauschalen 75 kg
- sämtliche werksseitige Zusatzausstattung
- den zu 90 % gefüllten Kraftstofftank
- den Inhalt des Wassertanks im Fahrbetrieb (meist 20 Liter)
- je nach Fahrzeug eine vollständig gefüllte Alugasflasche mit 16 kg
Besonders durch Zusatzausstattung wie Klimaanlage, Solaranlagen oder Fernseher mit Sat-Anlage kann das Leergewicht eines Fahrzeugs schnell steigen. Schnell ist die 3,5-Tonnen-zGG-Grenze überschritten. Und Hersteller geraten in Bedrängnis, Fahrzeuge anzubieten, die mit dem B-Führerschein fahrbar sind und – dennoch eine üppige Ausstattung ermöglichen.
Denn das, was übrig bleibt, wenn man die fahrbereite Masse des Fahrzeugs vom zugelassenen Gesamtgewicht abzieht, ist die sogenannte Zuladung. Sie muss für das Gewicht aller Mitreisender reichen – und für ein mögliches Mehrgewicht der der Person am Steuer über die pauschalen 75 kg. Hinzu kommt sämtliches Gepäck inkl. Fahrräder, Vorräte – plus die Füllung des Wassertanks über die Fahrstellung hinaus und eventuell eine zweite Gasflasche.
Viele Campingneulinge unterschätzen, wie schnell sich die Zuladung dadurch ausschöpft. Wird das zGG überschritten, weil die Zuladung ausgereizt ist, dann drohen nicht nur Bußgelder, sondern im Ausland auch zum Entzug des Fahrzeugs bei der Fahrzeugkontrolle. Im Schadensfall kann es zu weitreichenden Untersuchungen kommen.
Zudem betreffen die Hinweise oft die Achslasten und die korrekte Beladung, um Fahrsicherheit und Fahrstabilität zu gewährleisten. Ein falsch beladenes Wohnmobil kann das Fahrverhalten negativ beeinflussen und das Unfallrisiko erhöhen. Diese Warnhinweise dienen also dazu, Käufer und Nutzer für die wichtigsten technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu sensibilisieren, um ein sicheres und regelkonformes Reisen zu gewährleisten.
Welche Konsequenzen hat das in der Praxis?
Das Thema ist heikel, da Personen mit einem Führerschein der Klasse B keine Fahrzeuge über 3,5 Tonnen bewegen dürfen. Wer mit einem überladenen Fahrzeug unterwegs ist, riskiert so unter Umständen den Entzug der Fahrerlaubnis.
Ein weiterer Punkt betrifft die Verkehrsregeln: Für Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen gelten dieselben Verkehrsregeln wie für Pkw, z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen. Für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gelten oft ähnliche Regeln wie für Lkws.
Die Affäre wirft Fragen zur Transparenz in der Branche auf. Wer ein Wohnmobil besitzt, sollte das Leergewicht überprüfen, um sicherzustellen, dass die Zuladung im gesetzlichen Rahmen bleibt. Überladene Fahrzeuge können zu Bußgeldern, Fahrverboten oder sogar zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen.
Gibt es einen Präzedenzfall?
Die Hintergründe, die zum Aufkommen der penetranten Hinweise auf Hersteller-Webseiten führten, liegen ein paar Jahre zurück. 2022 ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Hymer, einen der größten und ältesten Hersteller in Deutschland. Er stand im Verdacht, falsche Gewichtsangaben bei Wohnmobilen gemacht zu haben. 2024 erzielte man eine außergerichtliche Einigung.
Die Ermittlungen bei Hymer blieben kein Einzelfall. Erst Ende 2024 kochte die Berichterstattung zu diesem Thema hoch, als bei Knaus Tabbert, einem weiteren deutschen Big Player in der Reisemobil-Branche, eine Durchsuchung stattfand. Diese sollte zu einem Betrugsvorwurf gegen die Führungsebene ermitteln. Auch hier stand zeitgleich im Raum, dass es mutmaßlich zu falschen Gewichtsangaben gekommen sei. Ergebnisse dazu sind derzeit nicht bekannt.
Eine neue EU-Richtlinie könnte Abhilfe schaffen
Die Hersteller stehen unter Druck. Einerseits gibt es den Trend zu mehr Ausstattung und so mehr Komfort in den Fahrzeugen – andererseits schränkt die B-Führerschein-Richtlinie das ein. Die Hinweise zu den Gewichtsangaben im Konfigurator entspringen dem Versuch der Hersteller, sich rechtlich abzusichern und Kaufinteressierte für das Thema zu sensibilisieren.

Keine leichte Gratwanderung. Viele Wohnmobilfahrerinnen und -fahrer hoffen auf die neue EU-Richtlinie zum B-Führerschein. Diese sieht vor, dass Wohnmobile bis 4,2 Tonnen mit der Führerscheinklasse B bewegt werden dürfen. Rein Fahrzeug-technisch wäre das möglich. Auch die Hersteller beobachten die potenzielle Anhebung des zGG im B-Führerschein auf 4,2 Tonnen mit Interesse. © Promobil


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