In Griechenland bebte die Erde: Vor der Insel Kreta hat es ein Beben der Stärke 6,1 gegeben. Auch andere beliebte Urlaubsgebiete sind häufiger von Erdbeben betroffen. Was heißt das für Reisende? Zwei Experten geben Rat.

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Kreta, Neapel, Istanbul, Bangkok: Erdbeben in beliebten Reisezielen, wie aktuell in Griechenland, können Urlauber beunruhigen. Das gilt vor allem, wenn man vor Ort mitbekommt, wie die Erde zittert. Aber auch, wenn man bald dorthin reisen will, liest man solche Nachrichten mit Sorge.

Reiserechtlich ist die Sache dabei nicht so einfach: Absagen können teuer werden. Denn Angst oder Unbehagen allein rechtfertigen keine kostenfreie Stornierung, sagt die Reiserechtsexpertin Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ).

Entscheidend ist immer die konkrete Lage vor Ort

"Man braucht etwas, auf das man sich berufen kann – doch ob eine Expertenmeinung hier schon ausreicht, ist fraglich." Formelle Warnungen des Auswärtigen Amtes vor Reisen in die Region zum Beispiel seien ein wichtiges Indiz, aber auch keine alleinige Voraussetzung für das Rücktrittsrecht, so die Expertin. Entscheidend ist immer die konkrete Lage vor Ort, nicht die persönliche Einschätzung des Reisenden.

Dennoch: Im Zweifel sollte jeder bewusst für sich entscheiden, ob er sich in eine größere Gefahr bringen möchte.

Was Pauschreisenden geraten wird

Wojtal rät Pauschalreisenden, das Gespräch mit dem Reiseveranstalter zu suchen – etwa, ob eine Umbuchung möglich ist oder eine Reise zu einem späteren Zeitpunkt. In der Vergangenheit seien Veranstalter in solchen Situationen oft selbst schon davon abgerückt, Reisen durchzuführen. Dann gab es das Geld für Urlauber zurück.

Eindeutiger liegt der Fall, wenn Zerstörungen vor Ort eine Reise erheblich beeinträchtigen oder konkrete Gefahr für das Wohlergehen bestehen. Dann können Pauschalurlauber immer kostenfrei stornieren. Man spricht hier von außergewöhnlichen Umständen. Zusätzliche Schadenersatzansprüche aufgrund entgangener Urlaubsfreuden bestehen aber nicht.

Individualreisende sind schlechter dran

Für Individualreisende ist die Situation schwieriger: "Wenn der Flieger geht, geht er", sagt Wojtal. Wer dann ohne Umbuchungsoptionen gebucht hat, bleibt auf den Ticketkosten sitzen, falls er sich gegen den Flug entscheidet. Kleiner Trost: Steuern und Gebühren bekommt man immerhin zurück.

Beim Hotel gilt ebenfalls: Wenn es weiterhin geöffnet hat, muss man – falls sich der Hotelier nicht kulant zeigt – mit den fälligen Stornokosten leben.

Beginnende Reise am Tag nach einem Beben

Mit Blick auf Istanbul, wo die Erde mehrfach in kurzer Zeit gebebt hatte, war die Situation zunächst unklar. Bei unmittelbar anstehenden Reisen könnte in solchen Fällen ein kostenfreier Rücktritt möglich sein, sagt der auf Reiserecht spezialisierte Rechtsanwalt Kay Rodegra. "Wenn am nächsten Tag eine Reise in ein Gebiet ansteht, wo es Panik wegen eines Erdbebens gab und die Lage nicht geklärt ist, da sehe ich schon die Option dazu."

Aber sobald feststeht, dass es keine größeren Schäden gibt und die Reise nicht beeinträchtigt sein wird, geht das nicht mehr. Darum gelten zwei Ratschläge in solchen Fällen:

  1. Kontakt mit dem Reiseveranstalter aufnehmen. Der beobachtet die Situation ebenfalls genau und sagt geplante Reisen bei hohen Risiken oder zu erwartenden Beeinträchtigungen in der Regel auch von selbst ab.
  2. Nicht vorschnell stornieren, wenn die Reise erst in einigen Tagen oder Wochen ansteht. Stellt sich dann heraus, dass die Region problemlos zu bereisen ist, bleibt man womöglich auf den Kosten sitzen.

Als Beispiel führt der Experte das schwere Beben Ende März in Myanmar und Thailand an. Auch ein im Bau befindliches Hochhaus in Bangkok stürzte dadurch ein, viele Menschen kamen dabei ums Leben. Dennoch: Ansonsten blieben andere Gebäude und die Infrastruktur in der thailändischen Hauptstadt intakt und die beliebten Urlaubsregionen am Meer waren auch nicht betroffen.

"Da war keine Beeinträchtigung oder Gefährdungslage für eine Thailand-Reise gegeben", so Rodegra. Wer seine in ein paar Wochen anstehende Reise nach Bangkok unmittelbar nach dem Beben storniert hätte, wäre auf den Stornokosten sitzengeblieben.

Massive Zerstörungen im Urlaubsgebiet: Was dann?

Eingestürzte Häuser, kaputte Straßen, beschädigte Flughäfen: Sind massive Schäden am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe zu beklagen, liegt laut Rodegra ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand vor. In solchen Fällen sei ein kostenfreier Rücktritt von einer Pauschalreise möglich, wenn erhebliche Beeinträchtigungen oder Gefahren zu erwarten seien.

Falls der Reiseveranstalter das nicht akzeptiert, dann können Betroffene etwa mit Medienberichten über die Ausmaße der Zerstörungen oder mit Einschätzungen des Auswärtigen Amtes argumentieren – eine Reisewarnung des Ministeriums für eine Region ist beispielsweise ein starkes Indiz für unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände.

Aber selbst hier gilt: Nicht zu früh stornieren. Steht die Reise in ein betroffenes Gebiet in einem halben Jahr an, sollte man noch warten. Rodegra führt aus: "Es muss zum Zeitpunkt des Rücktritts feststehen oder sehr wahrscheinlich sein, dass es am Zielort der Reise oder in unmittelbarer Nähe zu erheblichen Beeinträchtigungen oder einer Gefährdungslage kommt, die die Durchführung der Reise für den Urlauber unzumutbar macht." Deshalb müssen Urlauber in vielen Fällen zunächst einmal die weitere Entwicklung im Reiseland abwarten.

Kostenfreier Rücktritt bei geplanter Rundreise?

Bei Rundreisen hängt die Frage des kostenfreien Rücktritts davon ab, ob diese maßgeblich störungsfrei durchführbar sind. Ist nur einer von vielen Orten auf der Reise vom Erdbeben betroffen und deshalb nicht zu bereisen, ist das kein ausreichender Grund für einen kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag. Allerdings könne ein ausgefallener Programmpunkt eine Preisminderung begründen, so der Experte.

Was ist mit Urlaubern vor Ort?

Reiseveranstalter sind in solchen Fällen in der Pflicht, ihre Reisenden zu informieren. Ist die Unterkunft nicht mehr sicher bewohnbar, müssen sie eine Ersatzunterbringung stellen.

"Wenn es nach einer Naturkatastrophe für Urlauber nicht mehr zumutbar ist, in dem Gebiet weiter zu verweilen, muss der Veranstalter einen früheren Rückflug besorgen und die gesamten Mehrkosten dafür tragen", sagt Rodegra. Vorausgesetzt natürlich, die Flüge waren Teil der Pauschalreise und wurden nicht selbst von den Urlaubern dazugebucht.

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Haben Urlauber alles selbst gebucht und ist kein Veranstalter involviert, sind sie entsprechend auch selbst verantwortlich, Ersatzunterkünfte und alles Weitere zu besorgen. Ansprechpartner in Notsituationen können für sie dann die deutschen Botschaften und Konsulate sein. (dpa/bearbeitet von mak/ali)