Millionen Arbeitnehmer in Deutschland haben ein Recht auf Weiterbildung – und damit ein Recht auf Bildungsurlaub. Doch viele wissen gar nichts davon und entsprechend wenige nutzen bislang das Angebot. Fragen und Antworten rund um den Bildungsurlaub.

Der Mindesturlaubsanspruch in Deutschland liegt laut Bundesurlaubsgesetz bei 24 Werktagen, wobei zu diesen auch der Samstag zählt. Für Arbeitnehmer mit einer Fünftagewoche liegt er demnach bei 20 Tagen. Alles darüber hinaus ist vertraglich festgelegt. Allerdings haben rund 27 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland Anspruch auf noch mehr arbeitsfreie Tage – durch den sogenannten Bildungsurlaub.

"Wer länger als sechs Monate in seinem Unternehmen angestellt ist, auch in Teilzeit, kann Bildungsurlaub beantragen – nur in Sachsen und Bayern gibt es bislang kein entsprechendes Gesetz", erklärt Lara Körber, Mitgründerin der Plattform Bildungsurlauber.de. Neben Arbeitnehmenden hätten – je nach Bundesland – auch Auszubildende oder Landesbeamte ein Recht auf Weiterbildung. In manchen Bundesländern haben allerdings Beamte, Richter und Soldaten keinen Anspruch, etwa in Hessen.

Anspruch variiert je nach Bundesland

Der genaue Anspruch ist in den Gesetzen der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Laut Körber ist es "ein ganz schön administrativer Dschungel", wem in welchem Bundesland wie viel Bildungsurlaub zusteht.

Während etwa in Hamburg, Bremen und Brandenburg zehn Tage innerhalb von zwei Jahren ohne große Hürden möglich seien, stünden Beschäftigten in Baden-Württemberg fünf Tage pro Jahr zu.

Ein Überblick:

Sprachkurs, Yoga, Burnout-Prävention: Arbeitnehmende haben Recht auf Bildungsurlaub

Sei es ein Yoga-Kurs, der Rückenproblemen vorbeugt, ein Kommunikationstraining im Team, ein Sprachkurs oder ein Programm zur Burnout-Prävention: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, seinen Bildungsurlaub zu gestalten. "Die Seminarwahl sollte sich an den eigenen Bedürfnissen und Zielen orientieren", empfiehlt Körber.

"Nachdem man das passende Seminar für sich gefunden hat, reicht man den Antrag mit der offiziellen Anerkennung des Seminars als Bildungsurlaub bei der Personalabteilung ein. Je nach Bundesland muss das vier bis neun Wochen vorher passieren", erklärt sie weiter.

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Wie bei einem regulären Urlaub zahlt der Arbeitgeber weiterhin den Lohn oder das Gehalt. Kursgebühren, Ausgaben für Lehrmittel und Kosten für die Fahrten und Unterkunft werden laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund in der Regel nicht übernommen. Allerdings können Arbeitnehmende die Ausgaben in der Steuererklärung geltend machen.

Es gibt nur wenige Gründe, mit denen ein Unternehmen einen Antrag ablehnen kann. Denn Bildungsurlaub ist ein Recht. Allerdings kann der Arbeitgeber den Bildungsurlaub verwehren, wenn zwingende betriebliche Belange oder Freistellungsansprüche anderer Beschäftigter entgegenstehen, informiert die Senatsverwaltung Berlin. Manche Bundesländer hätten zudem Höchstgrenzen, wie viel Prozent der Mitarbeitenden pro Jahr Bildungsurlaub nehmen dürfen, fügt Körber an.

Möglichkeit "wird oft unter den Teppich gekehrt"

Im Jahr 2023 nutzten laut dem ifo-Institut gerade einmal rund 3,5 Prozent aller, die Anspruch auf Bildungsurlaub hätten, das Angebot. Viele Arbeitnehmende würden ihr Recht darauf schlicht nicht kennen, erklärt Körber. Außerdem seien Unternehmen nicht gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Mitarbeitenden darüber zu informieren. Statt zum Beispiel im Intranet oder in Stellenanzeigen über Bildungsurlaub zu informieren, werde das Angebot "oft unter den Teppich gekehrt, was Hürden aufbaut", sagt Körber.

Viele Beschäftigte hätten auch Angst, Bildungsurlaub zu beantragen. Dabei könnten nicht nur Arbeitnehmende selbst, sondern auch die Unternehmen vom Bildungsangebot profitieren, gibt Körber zu bedenken. Weiterbildung werde von vielen Unternehmen zu kurz gedacht: "In Zeiten von Quiet Quitting, Fachkräftemangel und steigenden Krankheitstagen aufgrund gesundheitlicher Belastungen ist ganzheitliche Weiterbildung ein Erfolgsschlüssel, der noch viel zu oft auf versperrte Türen stößt."

Angst vor der Frage nach Bildungsurlaub? Wie man seine Führungskraft überzeugt

Körber nennt mehrere Argumente, mit denen man den Arbeitgeber von einem Bildungsurlaub überzeugen kann. Ihre Empfehlung ist, transparent zu formulieren, was man sich von der Weiterbildung verspricht. Das seien Fragen wie "Welche neuen Kompetenzen sollen mit dem Bildungsurlaub erworben werden?" und "Wie werden diese den Berufsalltag beeinflussen?".

Zudem sei es sinnvoll, den optimalen Zeitraum für den Bildungsurlaub vorab gemeinsam zu finden, rät sie: "So können betriebliche Bedürfnisse wie Projektphasen oder Urlaubsanträge direkt mitgedacht werden und es kommt hier zu keinem Problem, das man vorab hätte ausschließen können."

Außerdem empfiehlt Körber, bei der Beantragung darüber aufzuklären, dass Bildungsurlaube offiziell vom jeweiligen Bundesland als Bildungsurlaub zertifiziert werden. Dafür finde eine Qualitätsüberprüfung der Weiterbildung durch die Ministerien statt. "Gerade bei Weiterbildungen, die Lernen und Spaß am Lernen verbinden, ist für manche Arbeitgeber dieses 'Mehrwert-Versprechen' wichtig."

Auch die Gesundheit kann ein nennenswerter Grund sein. Bei einer Umfrage von Bildungsurlauber.de mit 1.000 Teilnehmenden gaben 43 Prozent der Befragten an, nach einem gesundheitlich orientierten Bildungsurlaub weniger Krankheitstage auf der Arbeit gehabt zu haben. "55 Prozent berichteten von einem verbesserten Gesundheitszustand – sei es mental oder körperlich", sagt Körber.

Über die Gesprächspartnerin

  • Lara Körber ist Mitgründerin von Bildungsurlauber.de. Die Plattform unterstützt Beschäftigte bei der Beantragung und Buchung von Bildungsurlaub sowie bei Fragen zum Gesetz.

Verwendete Quellen