Rechtliche Fragen stellen sich jedem am Arbeitsplatz: Was darf mein Arbeitgeber und was könnte mich im schlimmsten Fall meinen Job kosten? Hier geben Expertinnen und Experten Antworten auf häufige – und manchmal auch skurrile – Fragen aus dem Arbeitsrecht.
+++ Dieser Artikel wird regelmäßig mit aktuellen Beiträgen ergänzt. +++
Nach Klaps auf den Hintern folgt fristlose Kündigung
Update vom 27. September: Verhält sich ein Mitarbeiter auf einer Betriebsfeier gegenüber einer Kollegin übergriffig, kann dies ein Grund für eine fristlose Kündigung sein. Das zeigt ein Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg (Az. 3 Ca 387/24).
Über den Fall berichtet die "Deutsche Handwerks Zeitung": Bei einer Betriebsfeier hatte ein Mitarbeiter aus dem Außendienst einer vorbeigehenden Kollegin auf den Hintern gehauen, was die Frau abwehrte. Der Mann ließ nicht locker, zog sie zu sich heran, hielt sie fest und sagte, sie solle das als Kompliment nehmen.
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Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter fristlos. Dagegen klagte der Mann, den der Arbeitgeber vorher bereits wegen unflätigen Verhaltens und Alkoholkonsums abgemahnt hatte. Der Mann reichte Kündigungsschutzklage ein. Das Arbeitsgericht Siegburg erklärte die Kündigung allerdings für rechtens und wies die Kündigungsschutzklage ab.
Nach der Zeugenaussage der Frau stand fest, dass der Mann sie durch sein Verhalten sexuell belästigt habe. Seine Äußerung, sie solle es "als Kompliment" auffassen, verdeutlichte aus Sicht des Gerichts seine sexuell bestimmte Motivation. Zudem sei das Festhalten der Kollegin gegen ihren erkennbaren Willen ein nicht hinnehmbarer Eingriff in ihre Freiheit. Die Entscheidung ist bislang nicht rechtskräftig.
Nicht immer sei ein Fall so eindeutig, in der Praxis komme es immer sehr auf das Gesamtbild an, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, im Gespräch mit unserer Redaktion: "Betroffene Arbeitnehmer wenden vor Gericht häufig ein, dass sie zuvor stimuliert worden wären oder sich aus bestimmten Gründen Hoffnung hätten machen können." Nicht selten werde er damit beauftragt, Chat-Verläufe zu analysieren, um die genauen Umstände solcher Vorfälle für einen Arbeitgeber zu beurteilen.
Die vorherige Abmahnung sei in dem konkreten Fall nicht ausschlaggebend gewesen: "Derartige Verhaltensweisen können grundsätzlich auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Insbesondere wenn strafbares Verhalten wie zum Beispiel sexuelle Belästigung im Raum steht, bleibt dem Arbeitgeber vor dem Hintergrund seiner arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht häufig gar keine andere sinnvolle Möglichkeit." (af)
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Kann mir mein Arbeitgeber neue Aufgaben zuteilen?
Update vom 24. September: Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, weiß in der Regel, welche Tätigkeiten der Job beinhaltet. Kleine Abweichungen sind im Laufe der Karriere dabei meist unproblematisch. Doch was, wenn die oder der Vorgesetzte plötzlich verlangt, eine völlig neue Aufgabe zu übernehmen, die nichts mit den ursprünglichen Tätigkeiten zu tun hat?
"Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen hat der Arbeitgeber ein sogenanntes Weisungs- oder auch Direktionsrecht", sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Das bedeutet, dass er innerhalb des Rahmens, der im Arbeitsvertrag festgelegt ist, Aufgaben verteilen kann. Es gibt jedoch viele Arbeitsverträge, die ausdrücklich erlauben, dass der Arbeitgeber auch andere Tätigkeiten zuweisen darf. Wichtig aber: "Auch in diesen Fällen gilt das Weisungsrecht nicht grenzenlos", so Bredereck.
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Wer etwa als Bäcker eingestellt wurde, muss nicht plötzlich als Nachtwächter arbeiten – der Arbeitgeber darf dem Fachanwalt zufolge keine Aufgaben zuweisen, die völlig außerhalb des ursprünglichen Berufsbildes liegen. Dennoch gibt es Spielraum: So kann es etwa vorkommen, dass ein Rechtsanwalt, der bislang überwiegend im Arbeitsrecht tätig war, auch Fälle im Mietrecht übernehmen muss, wenn der Arbeitgeber dies verlangt.
Es kommt also oft auf den Einzelfall an. Bredereck empfiehlt jedoch, nicht sofort die Erledigung einer neuen Aufgabe zu verweigern, sondern sie zunächst "unter Vorbehalt" auszuführen und sich parallel rechtlichen Rat einzuholen. So kann geklärt werden, ob die Zuweisung der neuen Aufgaben zulässig ist oder nicht.
Wenn eine neue Aufgabe tatsächlich nicht durch den Arbeitsvertrag abgedeckt ist, hat der Arbeitgeber nur eine Möglichkeit: Er muss eine sogenannte Änderungskündigung aussprechen - laut Bredereck ein komplexes Verfahren. Arbeitnehmer können dagegen mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen.
- Wichtiger Hinweis: Führen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer eine neue Aufgabe über längere Zeit widerspruchslos aus, könnte das als Änderung des Arbeitsvertrags angesehen werden, so Bredereck. Das bedeutet, dass die neue Aufgabe in Zukunft fester Bestandteil des Arbeitsverhältnisses werden kann. Wer mit einer neuen Aufgabe also nicht einverstanden ist, sollte entsprechend zeitnah handeln und sich rechtlich beraten lassen.
(ff)
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Darf mein Chef ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen?
Update vom 10. September: Ob beim Start in einen neuen Job oder während einer laufenden Anstellung – es kann vorkommen, dass der Arbeitgeber ein polizeiliches Führungszeugnis anfordert. Sind Arbeitnehmer verpflichtet, dem nachzukommen?
"Ob ein Arbeitgeber ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen darf, hängt von der Art der Tätigkeit und den rechtlichen Vorgaben ab", sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Für bestimmte Berufsgruppen ist es sogar gesetzlich vorgeschrieben. So müssen etwa Erzieherinnen und Erzieher ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, das nachweist, dass keine einschlägigen Straftaten vorliegen, die ihre Eignung für die Arbeit mit Kindern infrage stellen könnten.
Meyer betont jedoch, dass es nicht in jedem Beruf gerechtfertigt ist, ein Führungszeugnis zu verlangen. Wenn die Tätigkeit keine besonderen Sicherheitsanforderungen mit sich bringt oder etwaige Einträge im Führungszeugnis für die Jobausübung ohne Bedeutung sind, besteht in der Regel kein Recht auf die Einsicht in das Führungszeugnis. Ein Beispiel wäre ein handwerklicher Job, der keine Vertrauensposition ist und für den etwaige Vorstrafen nicht relevant sind.
Anders sieht es bei Positionen aus, die mit erheblichem Verantwortungsbereich oder sensiblen Daten zu tun haben, wie etwa in der Finanzbuchhaltung oder im Wachschutz. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber laut Meyer ein berechtigtes Interesse daran haben, dass der Bewerber oder die Mitarbeiterin ein "sauberes Führungszeugnis" vorlegt. Liegen hier relevante Eintragungen vor, könnte dies die Einstellung verhindern oder eine bestehende Anstellung gefährden.
Was ist ein Führungszeugnis und welche verschiedenen Arten gibt es?
- Das Führungszeugnis ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister und listet Strafen auf, die Gerichte gegen eine Person verhängt haben.
- Es gibt verschiedene Arten von Führungszeugnissen: das einfache, das erweiterte und das behördliche Führungszeugnis.
- Jedes dieser Dokumente enthält unterschiedliche Informationen, abhängig davon, in welchem Umfang die Eintragungen im Bundeszentralregister gefiltert werden.
- Im einfachen Führungszeugnis erscheinen zum Beispiel keine bestimmten Eintragungen wegen geringfügiger Verurteilungen.
(dpa/bearbeitet von sbi)
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Darf der Chef Handys am Arbeitsplatz verbieten?
Update vom 19. August: Das Handy am Arbeitsplatz auf dem Tisch liegen haben oder mal draufschauen, wenn eine Nachricht reinkommt? Was in einigen Unternehmen etwas ganz Normales ist, wird an anderen Arbeitsplätzen vielleicht sogar verboten. Doch darf der Chef oder die Chefin überhaupt ein Handyverbot anordnen?
Grundsätzlich gilt laut Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Schulze Zumkley: "Der Arbeitgeber darf die Arbeitspflicht konkretisieren und das Arbeitsverhalten regeln." Dazu gehört auch, dass er die Nutzung von Handys oder anderen potenziellen "Störquellen" während der Arbeitszeit einschränken kann. Insbesondere kann er vorschreiben, dass Handys am Arbeitsplatz nur im lautlosen Modus verwendet werden dürfen, um Ablenkungen zu vermeiden.
Ein weiterer Aspekt ist die Kamerafunktion von Handys. Die kann den Arbeitgeber berechtigterweise dazu veranlassen, die Nutzung von Handys im Betrieb zu verbieten, um unerwünschte Aufnahmen zu verhindern. Da heute fast alle Smartphones eine Kamera haben, kann dies laut Schulze Zumkley de facto einem Handyverbot gleichkommen.
Müssen Arbeitnehmer im Notfall über ihr Handy erreichbar sein?
Eine Ausnahme wird manchmal beim Thema Erreichbarkeit in Notfällen diskutiert. Hier muss der Arbeitnehmer jedoch nicht zwingend über sein eigenes Handy erreichbar sein, sondern kann laut Schulze Zumkley über den Telefonanschluss des Unternehmens kontaktiert werden.
Fest steht aber: In den Pausen darf der Arbeitgeber die Nutzung des Handys nicht verbieten. Er kann jedoch festlegen, dass das Handy nur in bestimmten Bereichen wie dem Pausenraum oder außerhalb des Betriebsgeländes genutzt werden darf. (dpa/bearbeitet von tar)
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Privates am Arbeitsplatz: Was erlaubt ist und was nicht
Update vom 12. Juli: Ein kurzer Blick in die privaten Mails oder eine Nachricht in den Familienchat schicken? Das kann während der Arbeitszeit schnell zum Problem werden, berichtet das Fachmagazin für Führungskräfte "topeins" (Ausgabe 2/24) [PDF]. Grundsätzlich gilt: Auf Privates ist während der Arbeitszeit, auch im Homeoffice, gemäß dem Arbeitszeitgesetz zu verzichten. Auch wenn dies in der Praxis gegebenenfalls in Maßen geduldet wird, kann es zu Konsequenzen kommen - von einer Abmahnung bis hin zu einer Kündigung. Wirklich abgesichert ist man als Arbeitnehmer nur, wenn es entsprechende Dienstvereinbarungen oder andere Regelungen zu diesem Thema gibt.
Nutzung von Dienstgeräten wie Laptop oder Handy: für private Angelegenheiten grundsätzlich untersagt. Das gilt während der Arbeitszeit ebenso wie in der Freizeit. Ausnahmen sind hier aber durch Regelungen im Unternehmen möglich.
So ist es dem Bericht zufolge zum Beispiel möglich, für Smartphones die Regelung zu treffen, dass Arbeitnehmer einen Teil der monatlichen Handykosten übernehmen und es dafür auch privat nutzen dürfen. Oder dass Smartphones mit zwei SIM-Karten betrieben werden - eine berufliche und eine private. Falls ein Dienstgerät auch privat genutzt werden darf, sollten der Umfang und die Bedingungen dafür in der Dienstvereinbarung unbedingt definiert sein.
Was für Arbeitnehmer an sich auch untersagt ist:
- Private Dokumente über den Drucker am Arbeitsplatz drucken
- Das eigene Smartphone in der Arbeit aufladen
- Druckerpapier, Stifte oder Toilettenpapier mit nach Hause nehmen
- Eigene elektrische Geräte wie Wasserkocher im Büro aufstellen
Auch hier gilt aber: Ausnahmen können in Absprache mit dem Arbeitgeber getroffen werden, sofern es keine klar festgehaltenen Regeln zu den einzelnen Punkten gibt.
Für das Verbot privater Angelegenheiten auf der Arbeit gibt es auch Sicherheitsgründe. Gelangen durch die private Nutzung Viren oder andere Schadsoftware auf die dienstlichen Geräte, drohen Arbeitnehmern nicht nur berufliche, sondern auch finanzielle Konsequenzen durch mögliche Schadenersatzforderungen. (dpa/af)
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Kann ich mich freistellen lassen, um Angehörige zu pflegen?
Update vom 8. Juli: Braucht ein Angehöriger plötzlich Pflege, ist es zeitlich und emotional oft schwierig, den beruflichen Verpflichtungen nachzukommen. Was ist mit dem Job, wenn man mit der Pflege eines Familienmitglieds ausgelastet ist?
Einmal im Kalenderjahr können sich Beschäftigte für akut auftretende Pflegesituationen für die Dauer von zehn Arbeitstagen von der Arbeit freistellen lassen, sagt Josephine Klose, Rechtsberaterin bei der Arbeitnehmerkammer Bremen. Aber bekommen Beschäftigte in dieser Zeit auch weiterhin ihr Gehalt? Wie Klose in der Zeitschrift BAM (Ausgabe Juli/August) erklärt, besteht Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, sofern der Arbeitgeber nicht ohnehin aufgrund vertraglicher, tariflicher oder gesetzlicher Regelungen zur Entgeltzahlung verpflichtet ist.
Das Pflegeunterstützungsgeld kann von nahen Angehörigen bei der Pflegekasse oder der privaten Pflegeversicherung des Bedürftigen beantragt werden und beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.
Stellt sich heraus, dass die Pflege eines nahen Angehörigen für längere Zeit nötig ist, können sich Beschäftigte mit der Familienpflegezeit unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freistellen lassen – bei einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt.
Das Pflegezeitgesetz erlaube bei Vorliegen der Voraussetzungen auch eine vollständige Freistellung von der Arbeit für die Dauer von sechs Monaten, erklärt die Rechtsberaterin weiter. Familienpflegezeit und Pflegezeit können auch nahtlos ineinander übergehen und dann bis zu maximal 24 Monate in Anspruch genommen werden. Bei beiden Varianten ist den Informationen zufolge ein besonderer Kündigungsschutz vorgesehen. (dpa/sbi)
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Verwendete Quellen
- Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)
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