Wer privat versichert ist, merkt manchmal nach einigen Jahren, dass es doch nicht passt. Zu teuer, Kinder kosten zusätzlich und manchmal fehlen Leistungen im gewählten Tarif. Der Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenkasse ist zwar schwierig – aber möglich. Vor allem eines ist dabei wichtig.
Eine Sache ist auffällig am Älterwerden: Es mehren sich die Gespräche im Bekanntenkreis, ob und wie es wohl möglich ist, die private Krankenversicherung wieder Richtung gesetzliche Kasse zu verlassen. Nicht, dass es einen Massenexodus gäbe – die meisten der Menschen, die ich kenne, sind ohnehin gesetzlich versichert oder bekommen als Beamte einen auskömmlichen Zuschuss zu ihrer Privatversicherung.
Aber doch: Das Thema taucht häufiger auf, wenn Menschen die 50 überschritten haben – nicht ganz zufällig, denn zu diesem Zeitpunkt machen sich die steigenden Beiträge der privaten Krankenversicherung bei einigen schmerzhaft bemerkbar. Vor allem dann, wenn das Schicksal zugeschlagen hat. Selbstständige, die nicht mehr so gut verdienen wie früher, chronisch Kranke oder Menschen in einer Lebenskrise, die nur noch wenige Stunden arbeiten können – manchmal gerät man in eine Lebenssituation, in der die private Krankenversicherung plötzlich spürbare Nachteile hat.
Der Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ist aus gutem Grund schwierig. Der Gesetzgeber will verhindern, dass junge, gesunde Menschen die niedrigen PKV-Beiträge mitnehmen und später, wenn ihre PKV-Beiträge steigen, ins solidarisch finanzierte gesetzliche System wechseln.
Deshalb gibt es für Wechselwillige eine goldene Regel: Warten Sie nicht ab. Wenn Sie mit Ende 40, Anfang 50 merken, dass die private Krankenversicherung ernsthafte Probleme macht – handeln Sie schnell. Der Grund: Für den Wechsel gibt es ein wichtiges Datum und das ist der 55. Geburtstag. Vor diesem Tag ist ein Wechsel schwierig, aber machbar. Danach ist er noch schwieriger - und häufig gar nicht mehr möglich. Die Stiftung Warentest erklärt Schritt für Schritt, welche Wege es gibt.
Arbeitnehmer müssen auf Einkommen verzichten
Um zurück in die gesetzliche Krankenkasse zu kommen, müssen Arbeitnehmer wieder versicherungspflichtig werden. Warum? Privat krankenversichern können sich nur Arbeitnehmer, deren Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt. Derzeit sind das 73.800 Euro Bruttoeinkommen pro Jahr (6.150 Euro pro Monat) – wobei Weihnachts- und Urlaubsgeld auch mitzählen.
Um versicherungspflichtig zu werden, gibt es mehrere Möglichkeiten – die meisten davon bedeuten aber einen gravierenden Einschnitt im Berufsleben.
- Teilzeitarbeit, um unter die Versicherungspflichtgrenze zu rutschen.
- Nur noch einen Minijob ausüben.
- Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst.
- Arbeitslosengeld I beziehen.
- Beitragsfreie Mitversicherung in der Familienversicherung (falls der Ehepartner gesetzlich versichert ist). Das geht aber nur bei sehr geringen Einkünften.
Am ehesten machbar dürfte für viele eine befristete Teilzeitarbeit sein. Wer in einem Unternehmen mit mehr als 45 Arbeitnehmern beschäftigt ist, hat sogar ein gesetzliches Recht darauf, Stichwort "Brückenteilzeit".
Ein Hindernis kann dabei allerdings auftauchen: Es gibt Fälle, in denen Arbeitnehmer sich früher einmal von der Versicherungspflicht befreien ließen – etwa, weil ihr Gehalt wieder unter die Versicherungspflichtgrenze gerutscht war, sie aber in der privaten Krankenversicherung bleiben wollten. Diese Arbeitnehmer werden nicht mehr versicherungspflichtig, selbst wenn sie weniger verdienen oder einen Minijob annehmen. Hier gibt es nur einen Weg zurück in die gesetzliche Krankenkasse: Sie müssen arbeitslos sein und Arbeitslosengeld beziehen.
Selbstständige müssen zurück ins Angestelltenleben
Bei Selbstständigen ist die Lage etwas komplizierter: Weniger zu verdienen reicht hier nicht – sie müssen hauptberuflich angestellt beschäftigt sein, und zwar mit einem Gehalt unter den schon erwähnten 73.800 Euro brutto pro Jahr. Da die Krankenkassen sehr genau prüfen, ob jemand wirklich nur noch – wenn überhaupt – nebenberuflich selbstständig ist, ist ein Pro-forma-Wechsel ins Arbeitnehmerlager häufig nicht erfolgreich.
Über 55-Jährige haben noch zwei Möglichkeiten
Für alle, die ihren 55. Geburtstag hinter sich haben, hat der Gesetzgeber die meisten Schlupflöcher geschlossen, die früher zurück in die Krankenkasse führten. Nur noch zwei sind übrig, beide erfordern aber einschneidende Schritte – wenn sie überhaupt möglich sind.
- Familienversicherung: Auch nach dem 55. Geburtstag können Privatversicherte in die Familienversicherung der GKV aufgenommen werden. Voraussetzung ist, dass ihr Ehepartner gesetzlich versichert ist – und dass sie nur sehr geringe Einkünfte haben. Schmale 535 Euro monatlich sind hier die Grenze, 556 Euro im Minijob.
- Umzug in einige Länder im EU-Ausland: Wer in ein europäisches Land mit gesetzlicher Pflichtversicherung auswandert und seine Privatversicherung kündigt, darf nach der Rückkehr wieder in die gesetzliche Kasse. Welche Länder das sind und welche Altersgrenzen sie wiederum für ihre Pflichtversicherungen haben, ändert sich häufig. Sollten Sie einen solchen Schritt erwägen, ist eine eingehende Beratung Pflicht.
Und noch ein wichtiger Punkt, vor dem die Stiftung Warentest warnt: Lassen Sie sich nicht auf vollmundige Versprechen von Dienstleistern ein, die anbieten, Sie gegen üppige Gebühren auch nach dem 55. Geburtstag zurück in die gesetzliche Kasse zu bringen. Häufig ist das Geld weg, die ersehnte Krankenkassenkarte aber nicht da – oder noch schlimmer: Die Kasse wirft Sie nach einer genaueren Prüfung wieder raus.
Über die Autorin
- Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Stiftung Warentest Finanzen" und ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Die Stiftung Warentest testet seit 60 Jahren Finanzdienstleistungen und veröffentlicht die Ergebnisse auf test.de und in ihren Magazinen. Alle Publikationen sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
Verwendete Quellen
- Stiftung Warentest: So gehts wieder in die gesetzliche Kasse
- Stiftung Warentest: Standardtarif, Basistarif, Notlagentarif