Im Urlaub krank zu werden, ist an sich schon schlimm genug: Fremde Sprache, anderes Gesundheitssystem, unverständliche Beipackzettel – und verlorene Urlaubsfreude. Und dann immer noch die Sorge, wie teuer die Behandlung wird und ob die Krankenkasse zahlt. Mit ein paar Handgriffen vor der Abreise sind Sie aber gut vorbereitet.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es war nur ein einziger unachtsamer Schritt, der mich vor Jahren in ein italienisches Krankenhaus beförderte. Auf der engen Treppe unserer Pension in Siena rutschte ich aus und stürzte mit dem Ellbogen auf die Kante der Stufen. Innerhalb von Minuten war klar, dass sich das ein Arzt ansehen musste und so befand ich mich eine kurze Irrfahrt später in der Notaufnahme.

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Die Verständigung war schwierig, nicht nur über die Diagnose, sondern auch über die Frage, was ich zahlen musste und ob ich eine Rechnung bekommen würde. Nicht gerade die Art von Unterhaltung, die ich mit schwindeligem Kopf und schmerzendem Arm führen wollte. Zumal ich nicht genau wusste, ob das Krankenhaus meine europäische Krankenversicherungskarte akzeptieren musste und ob ich eine Vorauszahlung später von meiner Kasse zurückverlangen konnte.

Das sind Fragen, die sich jedes Jahr Tausende deutsche Urlauber stellen, die im Ausland medizinische Hilfe benötigen. Mit der richtigen Vorbereitung und einigen Tipps läuft es bei Ihnen besser als bei mir und Sie sind für den Ernstfall gewappnet.

Vor der Abreise

  • Schritt 1: Zuallererst werfen Sie einen Blick auf Ihre Krankenkassenkarte. Auf der Rückseite befindet sich die europäische Krankenversicherungskarte EHIC. Schauen Sie nach, ob die Karte noch gültig ist. Falls nicht, fordern Sie bei Ihrer Krankenkasse eine neue Karte an.
  • Schritt 2: Checken Sie, ob die EHIC in Ihrem Urlaubsland akzeptiert wird. Gültig ist sie in der gesamten EU sowie Norwegen, Island, Liechten­stein, der Schweiz und Groß­britannien. Außerdem bezahlt Ihre Kasse Arzt­kosten, die im Urlaub in der Türkei, Tunesien oder in Bosnien und Herzegowina anfallen. Auch diese Länder haben mit Deutsch­land ein Sozial­versicherungs­abkommen zur Kranken­versicherung. Allerdings wird die EHIC dort nicht akzeptiert. Statt­dessen müssen Sie bei Ihrer Krankenkasse vorher eine Anspruchs­bescheinigung beantragen, auch Auslands­kranken­schein genannt, und diese vorlegen. Falls Sie also in eines dieser drei Länder fahren, ist Schritt 3 fällig: Fordern Sie bei Ihrer Kasse den Auslandskrankenschein an.
  • Schritt 4 ist mindestens ebenso wichtig wie die drei Schritte vorher: Schließen Sie auf jeden Fall zusätzlich eine Auslandskrankenversicherung ab, falls Sie noch keine haben. Denn die übernimmt anders als die gesetzliche Krankenkasse auch den Rücktransport nach Hause, falls nötig. Und der kann selbst von Österreich oder den Niederlanden aus schnell mehr als 10.000 Euro kosten – ganz zu schweigen von den Summen, die bei einem Rücktransport aus der Türkei oder von den Kanarischen Inseln anfallen. Eine Auslandskrankenversicherung dagegen ist günstig: Die güns­tigsten sehr guten Tarife im Test der Stiftung Warentest kosten unter acht Euro im Jahr für Einzel­personen und weniger als 19 Euro für Familien.

Und noch ein Tipp: Speichern Sie wichtige Notfallnummern oder notieren Sie sie auf einem Zettel, den Sie in Ihre Reiseapotheke stecken: die Hotline Ihrer Krankenkasse, Ihrer Auslandskrankenversicherung und die Telefonnummer Ihres Arztes für eventuelle Video-Sprechstunden.

Beim Arzt im Ausland: So gehen Sie vor

Die erste Hürde, wenn Sie im Urlaub zum Arzt oder ins Krankenhaus müssen: Ärzte oder Kliniken zu finden, die bei der gesetzlichen Krankenversicherung vor Ort unter Vertrag stehen. Denn die Leistungen von Privatärzten oder -kliniken übernimmt die Krankenkasse nur zum kleinen Teil. Helfen kann dabei die Nothotline Ihrer deutschen Krankenkasse, die Sie (siehe oben) zu Hause notiert haben. Falls nicht, haben viele Kassen auch eine Online-Hilfe, die Ihnen zur Seite stehen kann.

Wenn Sie dann beim Arzt sind, legen Sie gleich zu Anfang die EHIC auf ihrer Krankenversicherungskarte oder den Auslandskrankenschein vor. Was Behandlungen angeht, bedenken Sie, dass nur medizinisch notwendige, nicht planbare Behandlungen übernommen werden. Je nach Land ist es außerdem möglich, dass Ihnen ein Eigenanteil berechnet wird, den die Krankenkasse nicht ersetzt.

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Müssen Sie vor Ort zahlen, ist es wichtig, auf einer detaillierten Rechnung zu bestehen und alle Belege aufzubewahren. Nach Ihrer Rückkehr reichen Sie die Unterlagen umgehend bei Ihrer Krankenkasse ein. Beachten Sie: Bei privatärztlicher Behandlung erstattet die gesetzliche Kasse maximal die Kosten, die in Deutschland angefallen wären.

Eine mögliche Alternative: Video-Sprechstunde mit dem Arzt in Deutschland

Bei einigen Gesundheitsproblemen kann eine Video-Sprechstunde mit Ihrem Arzt in Deutschland eine praktische Alternative sein, vorausgesetzt, Sie haben eine stabile Internetverbindung. Viele Krankenkassen und Hausarztpraxen bieten diesen Service an. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Rezepte können ebenfalls per Video-Sprechstunde ausgestellt werden.

Mein Italien-Abenteuer endete glimpflich: Der Ellbogen war nicht gebrochen, nur stark geprellt, und ich durfte nach wenigen Stunden wieder zurück ins Hotel – mit einer Privatrechnung, von der die Krankenkasse später den größten Teil übernahm. Seither gehört das Überprüfen meiner Auslandskrankenversicherung und der Krankenkassen-Hotline genauso zu meinen Reisevorbereitungen wie das Kofferpacken. Denn eine gute Vorbereitung kann nicht nur Geld sparen, sondern vor allem auch Stress.

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von Stiftung Warentest Finanzen und ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Die Stiftung Warentest testet seit 60 Jahren Finanzdienstleistungen und veröffentlicht die Ergebnisse auf test.de und in ihren Magazinen. Alle Publikationen sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

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