- Bei der WM 2022 in Katar ist die Palästina-Flagge präsent, zuletzt beim Sieg Marokkos gegen Spanien.
- Damit solidarisieren sich arabische Fans mit den Palästinensern in den von Israel besetzten Gebieten.
- Politisch gibt es aber Unterschiede in der arabischen Welt in der Beziehung zu Israel.
Im Moment der größten Glückseligkeit zeigten die marokkanischen Nationalspieler Flagge, aber nicht ihre eigene. Noch auf dem Rasen des Education City Stadions westlich von Doha bejubelten Achraf Hakimi und seine Mitspieler den Viertelfinaleinzug mit der schwarz-grün-weiß-roten Fahne Palästinas.
Dutzende Kameras klickten, die Weltöffentlichkeit sah zu - und wieder wurde die Fußball-WM in Katar, die ein Turnier des gesamten arabischen Raums sein soll, zur Bühne für die Solidaritätsbekundung mit den Palästinensern im Konflikt gegen Israel.
Die Lage der Palästinenser sei ein Thema, das die Menschen in der arabischen Welt eine, sagte Zaha Hassan von der US-Denkfabrik Carnegie. Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem den Gazastreifen, das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. In den Gebieten vertreibt Israel im Rahmen ihrer Siedlungspolitik Palästinenser aus den besetzten Gebieten und steht dafür international in der Kritik.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock nannte im Februar bei einem Besuch in Israel die Siedlungspolitik "schädlich“ und unvereinbar mit internationalem Recht.
Arabische Welt im Umgang mit Israel gespalten
Die Palästinenser wollen die Gebiete für einen eigenen Staat Palästina - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. "Gewöhnliche Araber sind gegen diese Besetzung und sehen sie als unmenschlich und inakzeptabel an", sagte Mahjoob Zweiri, Professor für Geschichte und zeitgenössische Politik an der Universität von Katar, der "Washington Post".
Bei der WM in Katar waren bei etlichen Spielen mit arabischer Beteiligung Palästina-Flaggen zu sehen. Während der Partie zwischen Tunesien und Frankreich stürmte sogar ein Zuschauer mit Flagge auf den Rasen. Die Botschaft: Die arabische Welt solidarisiert sich geeint mit den Palästinensern.
Der politische Umgang der arabischen Länder mit Israel unterscheidet sich aber teilweise stark. So haben zum Beispiel Marokko und die vereinigten Arabischen Emirate durch die Unterzeichnung der "Abraham Accords" diplomatische Beziehungen mit Israel aufgenommen. Israels Verteidigungsminister Benny Gantz gratulierte den Marokkanern am Dienstagabend bei Twitter herzlich zum Erfolg in Katar.
Katar ist Verbündeter der radikalen Hamas
Dagegen betrachtet der Iran Israel als Todfeind und auch Katar unterhält offiziell keine diplomatischen Beziehungen mit Israel. Das Golfemirat ist ein Verbündeter der im palästinensischen Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas, die sich Israels Vernichtung auf die Fahne geschrieben hat.
Jährlich unterstützt Katar den Küstenstreifen mit Millionenbeträgen - etwa für Hilfsgüter. Aus Israel wird immer wieder der Vorwurf laut, dass die katarischen Gelder auch für Terrorzwecke genutzt werden.
Die radikale Hamas nutzte das Zeigen der Palästina-Flagge für seine Zwecke und teilte mit: "Die Präsenz Palästinas im Herzen der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar bestätigt, dass es das zentrale Thema der Nation ist und in den Herzen von Millionen unserer arabischen Nationen und der freien Völker der Welt präsent ist." Die Hamas wird von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft.
Anfeindungen gegen israelische Reporter
Bei der WM in Katar kam es auch zu Anfeindungen gegenüber Israelis. Auf einem Video des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders in Israel war etwa zu sehen, wie ein Reporter wütend angeschrien wird: "Es gibt kein Israel, sondern Palästina. Sie sind hier nicht willkommen, dies ist Katar, das ist unser Land."
Ein israelischer Korrespondent vor Ort berichtete der dpa, dass insbesondere hebräisch sprechende Korrespondenten deutliche Probleme haben, ihre Arbeit zu machen. Gewalttätig ginge es aber nicht zu. Israels Außenministerium empfahl den Fans, ihre israelische Identität nicht offen zu zeigen.
In Israel werden wiederum Palästinenser Opfer von Anfeindungen. Im November gewann in Israel die radikale Rechte die Wahl. Beobachter der israelischen Politik fürchten, dass die Gewalt gegen Palästinenser nun zunehmen wird. Auch darauf macht das Zeigen der palästinensischen Flagge aufmerksam.
Fifa beschwört verbindende Kraft des Fußballs
Die Fifa wertet die Fahnen auf und neben dem Rasen nicht als politische Botschaft, der palästinensische Verband ist eines der 211 Fifa-Mitglieder.
Der Fußball-Weltverband Fifa und die WM-Organisatoren feierten zu Turnierbeginn die Entwicklung, dass erstmals Direktflüge von Israel nach Katar angeboten wurden, um israelische und palästinensische Fans zu den Spielen zu bringen. "Fußball hat die Kraft, Menschen zusammenzubringen, er überwindet alle Grenzen und fördert die Einheit wie nichts anderes", sagte Fifa-Präsident Gianni Infantino gewohnt pathetisch. Katar betonte jedoch, dass die Einreiseerlaubnis für Israelis nichts mit einer Normalisierung der Beziehung zu tun habe und lediglich temporär sei.
Generell haben sich in den vergangenen Monaten die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern noch mal deutlich verschärft. UN-Angaben zufolge wurden in diesem Jahr bereits mindestens 146 Palästinenser und 26 Israelis in dem Konflikt getötet. Eine friedliche Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht. (dpa/lko)
Verwendete Quellen:
- dpa
- Tagesspiegel:
Baerbock sichert Israel Solidarität zu – und kritisiert Siedlungsbau - Zeit Online: Israel - Die Demokratie wählt sich ab
© dpa