Nach der Bundestagswahl hieß es auf TikTok, 3,5 Millionen Deutsche im Ausland hätten die Wahlunterlagen zu spät bekommen. Ihre Stimmen seien also "weg". Doch dafür gibt es keine Datengrundlage.

Ein Faktencheck

Deutsche, die im Ausland leben, berichteten vor der Bundestagswahl von Schwierigkeiten, ihre Stimme abzugeben. Das lag daran, dass ihre Briefwahlunterlagen erst spät oder gar nicht ankamen oder die Rücksendung mit der Post zu lange dauerte.

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Wie viele Wahlberechtigte von solchen Vorfällen betroffen sind, weiß jemand auf TikTok schon kurz nach der Wahl scheinbar ganz genau. Denn in gleich mehreren Videos heißt es, Millionen Wählerstimmen seien "weg" und "3,5 Millionen Deutsche, die im Ausland leben, haben ihre Wahlunterlagen zu spät bekommen". Allein ein Video mit der Behauptung erreichte über eine halbe Million Aufrufe, inzwischen ist es gelöscht. Die Tonspur mit der Behauptung kursiert aber weiter.

Die Recherche von CORRECTIV.Faktencheck zeigt: Die Zahl der Betroffenen kann bei der Bundestagswahl 2025 nicht so hoch liegen wie behauptet.

Wie viele wahlberechtigte Deutsche im Ausland leben, ist nicht bekannt

Grundsätzlich könnten zwei Gruppen von Wahlberechtigten im Ausland von zu spät eingetroffenen Wahlunterlagen betroffen sein. Das sind zum einen Wahlberechtigte, die im Ausland leben und keinen Wohnsitz in Deutschland haben, die sogenannten Auslandsdeutschen. Zum anderen Wahlberechtigte, die nur vorübergehend im Ausland leben und weiterhin einen Wohnsitz in Deutschland haben.

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es: "Da es im Ausland keine gesetzliche deutsche Meldepflicht gibt, sind keine verlässlichen Statistiken zur Zahl der Deutschen im Ausland verfügbar. Schätzungen gehen von drei bis vier Millionen Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft aus, die im Ausland leben. Wie viele der Deutschen im Ausland wahlberechtigt sind, wird nicht erfasst."

Wie die Bundeswahlleiterin auf ihrer Webseite schreibt, werden Wahlunterlagen für Wahlberechtigte, die nur vorübergehend im Ausland leben, an die deutsche Wohnanschrift verschickt oder, auf Antrag, an die ausländische Adresse. Auch die Zahl der Wahlberechtigten, die vorübergehend im Ausland leben, ist nicht bekannt, wie die Bundeswahlleiterin auf Anfrage mitteilt.

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Auslandsdeutsche müssen sich ins Wählerverzeichnis eintragen lassen

Bei der Zahl der Auslandsdeutschen gibt es aber zumindest einen Anhaltspunkt. Um an der Bundestagswahl teilzunehmen, mussten sie sich in ein Wählerverzeichnis eintragen lassen. Dafür mussten sie einen Antrag bei der zuständigen Gemeinde stellen. Das haben bislang über 213.255 Auslandsdeutsche getan (Stand: 21. Februar 2025).

Auf Nachfrage schreibt die Bundeswahlleiterin: "Die endgültige Gesamtzahl wird uns erst bekannt sein, wenn die Unterrichtungen durch die Gemeindebehörden abgeschlossen sind." Sie würden sich noch "geringfügig erhöhen".

Sendungen der Briefwahlunterlagen haben keine Nachverfolgung

Auf die Frage von CORRECTIV. Faktencheck, wie viele der über 213.255 Auslandsdeutschen ihre Wahlunterlagen zu spät erhalten haben, antwortet die Bundeswahlleiterin: "Das ist nicht bekannt. Der Versand der Briefwahlunterlagen erfolgt durch die Gemeindebehörden. Wollte man die rechtzeitige Zustellung aller Briefwahlunterlagen im In- und Ausland monitoren, müsste man alle Sendungen mit Nachverfolgung vornehmen."

Für die Behauptung, 3,5 Millionen Deutsche im Ausland hätten ihre Wahlunterlagen angeblich zu spät bekommen, gibt es also keine Datengrundlage. Bekannt ist lediglich, dass etwa 213.000 Deutsche im Ausland im Wählerverzeichnis zur Bundestagswahl eingetragen waren.

Was die Probleme mit der Briefwahl von Auslandsdeutschen für den Ausgang der Wahl bedeuten könnte, hat CORRECTIV.Faktencheck in einem anderen Artikel berichtet.

Verwendete Quellen

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