• Berlins Landesparlament wird alle fünf Jahre gewählt. Eigentlich.
  • Denn weil es 2021 nicht richtig klappte, müssen die Wählerinnen und Wähler nun schon wieder ran.
  • An diesem Sonntag wiederholt Berlin die Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den zwölf Bezirksparlamenten.

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Zweiter Versuch nach einem beispiellosen Desaster: Gut 16 Monate nach der von Pannen und organisatorischen Problemen geprägten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus hat die Abstimmung an diesem Sonntag begonnen. Etwa 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner sind aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen.

Die Wahllokale öffneten am Sonntag um 8 Uhr. Landeswahlleiter Stephan Bröchler zeigt sich zum Start der Wiederholungswahl für das Abgeordnetenhaus in Berlin optimistisch. "Ich bin zuversichtlich, dass heute alles hoffentlich gut funktioniert", sagte er am Sonntagmorgen nach dem Wählen vor einem Wahllokal in Pankow. Bei ihm selbst sei am Morgen alles problemlos abgelaufen.

Die Wiederholungswahl könnte die politischen Verhältnisse in der Stadt verändern. Seit 2016 regieren SPD, Grüne und Linke zusammen, im Dezember 2021 erneuerten sie die Koalition. Seither ist die frühere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) Regierende Bürgermeisterin, sie muss nun aber um ihr Amt fürchten. Die wichtigsten Informationen zur Wahl in Berlin im Überblick.

Die Wiederholung der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus

Das Landesverfassungsgericht erklärte die Abgeordnetenhauswahl vom September 2021 und die Bezirkswahlen wegen zahlreicher Wahlpannen und "schwerer systemischer Mängel" für ungültig. Es ordnete eine komplette Wiederholung an.

Das Bundesverfassungsgericht gab am 31. Januar grünes Licht dafür und lehnte es im Eilverfahren ab, den geplanten Wahltermin vom 12. Februar zu verschieben. Gegen die komplette Wahlwiederholung hatten mehr als 40 Berlinerinnen und Berliner geklagt, darunter mehrere Abgeordnete.

Da es sich um eine Wiederholungs- und keine Neuwahl handelt, ändert sich nichts an der Legislaturperiode: Sie endet 2026, also fünf Jahre nach der Wahl 2021. Die Parteien müssen mit denselben Bewerberinnen und Bewerbern antreten wie bei der Pannen-Wahl. Kandidaten, die nicht nochmals antreten wollten oder konnten, wurden durch andere Kandidaten ersetzt.

Die Eckdaten

Bei der Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus sind etwa 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner wahlberechtigt. Bei den Wahlen zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen, die ebenfalls wiederholt werden, gibt es etwa 2,7 Millionen Wahlberechtigte.

Bei diesen Kommunalwahlen dürfen auch 16- und 17-jährige Deutsche und in Berlin lebende ausländische EU-Bürger ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben.

Das Wahlrecht

Für die Wahl zum Abgeordnetenhaus haben die Wählerinnen und Wähler zwei Stimmen: Mit der Erststimme wählen sie ihren Direktkandidaten in einem der 78 Wahlkreise. Mit der Zweitstimme wählen sie eine Landes- oder Bezirksliste einer Partei.

Die Zweitstimme ist entscheidend für die Sitzverteilung zwischen den Parteien im Landesparlament. Dieses besteht regulär aus 130 Abgeordneten. Aktuell sind es durch Überhang- und Ausgleichsmandate 147. Für die Bezirksverordnetenversammlung haben die Wählerinnen und Wähler eine Stimme.

Die Ausgangslage

Sechs Parteien sind im Abgeordnetenhaus vertreten. SPD, Linke und Grüne bilden eine Koalition. Auf die drei Regierungsfraktionen entfallen 92 der 147 Mandate (SPD 36, Grüne 32, Linke 24). Die CDU hat 30 Sitze, die AfD 13 und die FDP 12.

33 Parteien bewerben sich mit Landes- oder Bezirkslisten um die Zweitstimmen der Wählerinnen und Wähler. Bei der Wahl im September 2021 waren es 34.

Das Personal

Regierende Bürgermeisterin ist seit Dezember 2021 die SPD-Landesvorsitzende und frühere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (44). Sie kämpft als SPD-Spitzenkandidatin dafür, dass das so bleibt.

Grünen-Spitzenkandidatin ist Umwelt- und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (54). Für die Linken tritt Kultursenator Klaus Lederer (48) an, für die CDU ihr Landes- und Fraktionsvorsitzender Kai Wegner (50), für die AfD die Landes- und Fraktionschefin Kristin Brinker (50). Spitzenkandidat der FDP ist der Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja (39).

Der Wahlkampf

Zu den umstrittensten Themen im Wahlkampf gehörten Wohnungsbau und Verkehr. Vor allem die SPD hatte darauf gesetzt, durch ein Bündnis unter anderem mit Vertretern der Immobilienbranche den Neubau anzukurbeln und das weitere Steigen der Mietpreise abzubremsen. Kritiker auch aus den Reihen der Regierungskoalition kritisieren, das sei gescheitert.

Die Linke fordert umso mehr die Umsetzung des Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Alle Oppositionsparteien lehnen das ab, auch Giffey sieht darin keinen gangbaren Weg.

Rot-Grün-Rot will außerdem den ÖPNV attraktiver machen. Wie das gehen soll, ist aber auch koalitionsintern umstritten. Die SPD will das 29-Euro-Ticket für alle möglichst dauerhaft anbieten. Die Grünen sehen das nicht als vorrangiges Ziel.

Die Umfragen

In letzten Umfragen lag die CDU mit 24 bis 25 Prozent vorn. Die SPD kam auf 19 bis 22 Prozent und rangierte damit vor den Grünen, die in den Umfragen 17 oder 18 Prozent erreichten. Die Linke lag bei 11 bis 12 Prozent, die AfD bei 9 bis 10 und die FDP bei 6 bis 7 Prozent.

Die Koalitionsoptionen

Die Frage, wer Berlin künftig regiert, ist offen. Die CDU dürfte im Fall eines Wahlsieges vor allem ein Bündnis mit SPD und FDP anstreben. Zwei Umfragen sehen auch eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus für eine Zweier-Koalition von CDU und SPD.

Rechnerisch möglich wäre den Umfragen zufolge zudem Schwarz-Grün-Gelb - allerdings gilt das wegen großer Unterschiede zwischen CDU und Grünen in der Verkehrspolitik als wenig wahrscheinlich.

Denkbar ist auch, dass die CDU zwar vorne liegt, aber SPD, Grüne und Linke dennoch zusammen weiterregieren. Laut Umfragen hätte eine solche Koalition eine Mehrheit. Eine Zusammenarbeit mit der AfD haben alle Parteien ausgeschlossen, CDU und FDP wollen außerdem nicht mit der Linken koalieren.

Die Ergebnisse 2021 und 2016

Die Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 gewann die SPD mit 21,4 Prozent der Stimmen, ihrem historisch schlechtesten Ergebnis in Berlin. Es folgten die Grünen mit 18,9 Prozent und die CDU mit 18,0 Prozent.

Die Linke erreichte 14,1 Prozent, die AfD 8,0 Prozent und die FDP 7,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 75,4 Prozent. Der recht hohe Wert war auch der Tatsache geschuldet, dass parallel noch die Bundestagswahl stattfand.

Die Wahl 2016 gewann die SPD mit 21,6 Prozent der Zweitstimmen. Danach kamen die CDU mit 17,6, die Linke mit 15,6 Prozent und die Grünen mit 15,2 Prozent. Die AfD fuhr 14,2 Prozent ein. Die FDP schaffte mit 6,7 Prozent den Einzug in das Abgeordnetenhaus. (dpa/thp)

Teaserbild: © picture alliance/dpa/Monika Skolimowska