Deutschland und Polen wollen noch enger zusammenarbeiten. Doch der Besuch des polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski in Berlin fällt in eine unruhige Zeit: In Warschau wankt die Regierung. Und auch das Thema Grenzkontrollen sorgt für Gesprächsbedarf.
Den polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski kann man als guten Freund Deutschlands bezeichnen. Von ihm stammt der Satz, er fürchte deutsche Ohnmacht mehr als deutsche Macht. Im Land, in dem Deutschland für einen Teil der Bevölkerung noch immer ein Feindbild ist, setzt er sich für eine enge Freundschaft zwischen den Nachbarn ein.
An diesem Mittwoch ist Sikorski zu Gast in Berlin bei seinem deutschen Amtskollegen
Inzwischen ist das in Warschau anders. Mit kaum einem Amtskollegen habe er in seinen ersten Wochen so oft gesprochen wie mit Sikorski, sagt Wadephul auf der gemeinsamen Pressekonferenz im Auswärtigen Amt. "Polen ist heute einer unserer engsten Freunde. Ein Partner, der sich auf uns verlassen kann und auf den wir uns verlassen können."
Sikorski: Präsident ist nicht der Regierungschef
Ob das so bleibt, ist diesen Tagen aber nicht mehr sicher. Polen erlebt auch innenpolitisch eine unruhige Zeit. Seit Herbst 2023 regiert in Warschau eine Koalition unter Führung der liberal-konservativen Bürgerplattform. Doch das Amt des Staatsoberhaupts bleibt nach der Präsidentenwahl am Sonntag in der Hand der nationalkonservativen PiS-Partei. Die gesellschaftliche Polarisierung und die Rivalität zwischen Präsident und Regierung werden wohl weitergehen – wenn die Regierung, der Sikorksi angehört, die Krise überhaupt übersteht.
Die Wahl wirft Fragen auf. Außenpolitische und innenpolitische. Unklar ist etwa, ob Polen ein so entschiedener Unterstützer der Ukraine bleiben wird wie bisher. Der neue Präsident Karol Nawrocki ist zwar prinzipiell dafür – aber er schlägt doch kritischere Töne gegenüber Kiew an. Außenminister Sikorski weist Zweifel an der weiteren Unterstützung für die Ukraine allerdings zurück. "Bitte vergessen Sie nicht, dass der polnische Präsident nicht Regierungschef ist", sagt er.
Auch Wadephul sieht die deutsch-polnische Zusammenarbeit durch die Präsidentenwahl nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Er will an Zukunftsprojekten festhalten. Deutschland und Polen müssten ihre Luftverteidigung ausbauen, gemeinsame Rüstung voranbringen, sagt er. Außerdem müsse die Infrastruktur zwischen beiden Ländern ausgebaut werden. Wadephul kündigt eine noch tiefere Zusammenarbeit in der Grenzregion an.
Konfliktthema Grenzkontrollen
Allerdings gibt es auch zwischen den befreundeten Regierungen in Berlin und Warschau durchaus Stoff für Konflikte. Und die haben auch mit dieser Grenzregion zu tun. Die aktuellen Kontrollen an der deutschen Grenze beeinflussen den Austausch zwischen beiden Ländern und führen dazu, dass Flüchtlinge zumindest in einem gewissen Ausmaß beim Übergang von Polen nach Deutschland zurückgewiesen werden. In Polen hat dieser Kurs durchaus für Verstimmungen gesorgt.
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Sikorski hat für das deutsche Vorgehen zwar grundsätzlich Verständnis: "In allen Ländern des Westens sagen die Wähler uns: Bitte führt Kontrollen ein", sagt er. Doch er bittet die deutsche Seite auch: "Wenn die Kontrollen wirklich nötig sind, dann sollte Deutschland dafür sorgen, dass die Folgen für die Menschen so gering wie möglich gehalten werden."
Sikorski verweist auch auf eine andere polnische Grenze – die zu Belarus. Es handelt sich um eine Außengrenze der Europäischen Union, die der Staatenverbund besonders schützen will. Der polnische Außenminister findet: Bei der Abriegelung dieser Grenze leiste sein Land viel und könne weitere Unterstützung gebrauchen. Dann seien Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen den EU-Staaten überflüssig.
Verwendete Quelle
- Pressekonferenz im Auswärtigen Amt