Der russische Botschafter kommt zu einem Weltkriegsgedenken in Sachsen und sorgt damit für Diskussionen. Ministerpräsident Michael Kretschmer gibt ihm mit auf den Weg: Es liege an Russland, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich beim Weltkriegsgedenken in Torgau mit deutlichen Worten zum Krieg in der Ukraine an den russischen Botschafter gewandt.

"Es war Russland, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Nicht 2021, sondern schon 2014. Und es liegt an Russland, nur an Russland, diesen Krieg zu beenden", sagte der CDU-Politiker in Richtung des russischen Botschafters Sergej Netschajew. Dafür erhielt Kretschmer einige Buhrufe aus dem Publikum.

In Torgau entstand ein wichtiges Foto

Am 25. April erinnert die sächsische Stadt Torgau jedes Jahr an den sogenannten Elbe Day, an dem amerikanische und sowjetische Soldaten auf der zerstörten Elbe-Brücke aufeinandertrafen. Das Foto vom Handschlag von Torgau ging als Symbol für das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft um die Welt.

Zweiter Weltkrieg - Treffen bei Torgau
Das Foto vom Handschlag amerikanischer und sowjetischer Soldaten in Torgau am 25. April 1945 ging um die Welt. (Archivbild) © ADN/dpa

Zu der Veranstaltung erschien am Freitag auch der Botschafter Sergej Netschajew als offizieller Vertreter Russlands. Er hatte kein Rederecht auf der Bühne, meldete sich aber auf Deutsch umringt von Journalisten und Bürgern zu Wort: "Heute müssen wir erinnern an die gefallenen Soldaten", sagte der russische Diplomat. "Der Tag ist deswegen sehr wichtig für uns."

Vorab hatte es Streit über seine Teilnahme an der Gedenkveranstaltung gegeben. Hintergrund ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hatte noch kurz vorher gefordert, die angekündigte Teilnahme des Russen zu unterbinden.

"Die Friedenstaube ist von einem russischen Marschflugkörper getötet worden. Dafür verdient Russland keinen Handschlag, sondern Handschellen."

Oleksii Makeiev

Makeiev sagte, Russland habe "den Friedensschwur mit einem völkermörderischen Angriffskrieg" brutal gebrochen. "Die Friedenstaube ist von einem russischen Marschflugkörper getötet worden. Dafür verdient Russland keinen Handschlag, sondern Handschellen", so Makeiev, dessen Land sich seit drei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg wehren muss.

Der ukrainische Botschafter und auch der US-Generalkonsul blieben der Veranstaltung in Torgau fern.

Russlands Botschafter fühlt sich wohl

Der russische Botschafter Netschajew sagte auf die Frage, was er dazu sage, dass er nicht willkommen sei: "Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl." Am Revers trug er das sogenannte Sankt-Georgs-Band, das traditionell als Zeichen der Erinnerung an den deutsch-sowjetischen Krieg gilt, seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aber als Symbol russischer Propaganda in der Kritik steht.

Unmittelbar vor Beginn des offiziellen Gedenkens kamen zudem Rocker des russisch-nationalistischen Motorradclubs "Nachtwölfe" zum Denkmal. Sie legten Kränze und rote Nelken nieder. Vor den Motorrädern ritt eine Frau mit einer Russland-Fahne auf einem Pferd.

Auswärtiges Amt befürchtet Instrumentalisierung

Das Auswärtige Amt hatte Ländern, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes empfohlen, keine russischen Gäste zu Gedenkveranstaltungen zuzulassen. Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen "instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen" könnte.

"Es ist auch eine geschichtliche Realität, dass es viele Menschen der Roten Armee waren, zwölf Millionen Soldatinnen und Soldaten der Roten Armee, die in diesem Zweiten Weltkrieg ihr Leben gelassen haben", sagte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer. Darunter seien sehr viele Russen gewesen, aber auch Ukrainer, Belarussen oder Georgier.

"Es wäre schöner, angemessener, wenn auch Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus bei uns wären", sagte Kretschmer. "Dass sie nicht kommen, hat vermutlich mit der Anwesenheit des russischen Kollegen zu tun." (dpa/bearbeitet von fab)

Teaserbild: © dpa / Hendrik Schmidt