Am Tag des Berlin-Besuchs von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu haben am Donnerstag in Israel Tausende Menschen gegen die umstrittene Justizreform seiner Regierung protestiert. In der Küstenstadt Tel Aviv demonstrierten die Menschen an mehreren Orten. Teilweise kam es dabei zu Handgreiflichkeiten mit der Polizei. Die Demonstranten blockierten die zentrale Verbindungsstraße nach Jerusalem. Es gab zudem mehrere Vorfälle mit Attacken von Passanten oder Autofahrern auf Demonstranten.
Bereits in der Nacht zeichneten Künstler in Jerusalem eine dicke rote Linie auf der Straße, die zum Höchsten Gericht führt. Diese sollte die Verbindung zwischen einer unabhängigen Justiz und der Meinungsfreiheit symbolisieren. Fünf Künstler wurden nach Polizeiangaben festgenommen.
Reservisten der israelischen Marine blockierten unterdessen den Hafen der Küstenstadt Haifa mit Booten. "Die Marine wird nicht in eine Diktatur segeln", hieß es auf großen Bannern entlang der Boote.
In der strengreligiösen Stadt Bnei Brak eröffneten andere Reservisten eine "Musterungsstelle". Sie seien gekommen, "um die Last der Wehrpflicht an die ultra-orthodoxe Bevölkerung zu übergeben", teilten sie nach Medienberichten mit. Ohne Demokratie werde es keine Volksarmee geben. Viele junge strengreligiöse Männer in Israel sind nicht bereit, in der Armee zu dienen. Dies sorgt in anderen Bevölkerungsteilen für großen Zorn.
Auch vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv versammelten sich Demonstranten.
Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog hatte am Mittwochabend einen Kompromiss im Streit um die Justizreform vorgeschlagen. Während die Opposition Gesprächsbereitschaft signalisierte, wies Netanjahu den Kompromissvorschlag noch vor seiner Abreise nach Berlin zurück. © dpa