Vor der Abreise des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nach Deutschland ist es am Mittwoch am internationalen Flughafen bei Tel Aviv erneut zu Protesten gekommen. Demonstranten störten mit ihren Autos den Verkehr auf zentralen Anfahrtsstraßen, um ihren Widerstand gegen die kontroverse Justizreform im Land zu zeigen.

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"Netanjahu wird uns an jeder Ecke, auf jedem Flug oder jeder Konferenz treffen" hieß es in einer Mitteilung der Veranstalter. "Wir werden es ihm nicht erlauben, den Traum vieler Generationen zu zerstören und den Staat Israel in eine Diktatur zu verwandeln."

Netanjahus rechts-religiöse Regierung will die Reform bis Ende des Monats im Schnellverfahren durchsetzen. Kernelemente wurden bereits in erster Lesung im Parlament gebilligt. Ziel der Reform ist die gezielte Schwächung der unabhängigen Justiz. Kritiker sehen dadurch die Gewaltenteilung als Pfeiler der Demokratie in Gefahr.

Seit mehr als zwei Monaten gibt es massive Proteste gegen die Justizreform, Bemühungen um einen Kompromiss waren aber bisher erfolglos. Es mehren sich die Warnungen, Israel steuere auf eine gefährliche Staatskrise hin.

An den Protesten am Flughafen waren auch Veteranen der Elite-Einheit Sajeret Matkal beteiligt, in der auch der heute 73-jährige Netanjahu gedient hatte. Netanjahus älterer Bruder Jonatan war 1976 bei einem Rettungseinsatz der Einheit auf dem Flughafen Entebbe in Uganda getötet worden. Der Einsatz ist deshalb als "Operation Jonatan" bekannt. Das Team hatte damals unter seinem Kommando israelische Passagiere eines entführen Air-France-Flugzeugs gerettet. In Anlehnung daran nannten die Veteranen ihren Protest "Operation Benjamin". Man müsse Netanjahu von seinen "Entführern" befreien, sagten sie mit Blick auf die radikalen Koalitionspartner des Ministerpräsidenten.

Netanjahu trifft am Donnerstag in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auch in Berlin wird während seines Besuchs mit Demonstrationen gerechnet.  © dpa