Ein Politikjournalist sieht beim israelischen Angriff auf den Iran ein Glaubwürdigkeitsproblem für den Westen. Harsche Kritik muss sich US-Präsident Donald Trump gefallen lassen und ein Disput entbrennt bei Sandra Maischberger über die Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Eine TV-Nachlese
Diese TV-Nachlese gibt die persönliche Sicht von Thomas Fritz auf die Sendung wieder. Sie basiert auf eigenen Eindrücken und ordnet das Geschehen journalistisch ein. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Thema der Runde

Sandra Maischberger sprach mit ihren Gästen am Mittwochabend über die großen außenpolitischen Themen der Zeit: den blutigen Konflikt zwischen Israel und dem Iran, den Ukraine-Krieg, US-Präsident Donald Trump und wie Außenminister Johann Wadephul (CDU) zu all den Themen steht.

Die Gäste bei "Maischberger"

  • Martin Richenhagen: Der ehemalige Chef des Landmaschinenkonzerns AGCO hatte den Bruch zwischen Trump und Tesla-Chef Elon Musk vorausgesagt. Richenhagen glaubt, dass an Musks Vorwürfen, Trump tauche in den Akten um den Sexualstraftäter Jeffrey Epstein auf, etwas dran sei. "Es gibt auch sehr intensive Gerüchte, dass auch Herr Putin Zugang hat zu Videomaterial, was dem Präsidenten sehr unangenehm sein könnte. Herr Trump ist ein vorbestrafter Krimineller, das darf man auch nicht vergessen, und erstaunlicherweise Präsident."
  • Ulrich Wickert: Der Journalist und Schriftsteller hat Verständnis für den israelischen Angriff auf den Iran, selbst wenn das Land noch Monate vom Bau einer Atombombe entfernt war. "Der Iran hat Israel über die Hisbollah angegriffen, über die Hamas angegriffen, über die Huthis angegriffen. Und dass die mal sagen: Wir müssen da etwas machen, das kann ich sehr gut verstehen." Wenn Iran die Bombe habe, sei die Situation völlig anders, dann traue man sich nicht mehr, sie so anzugreifen.
  • Iris Sayram: Die ARD-Hauptstadtkorrespondentin verwies auf die Meinung von führenden Völkerrechtlern, dass beim Angriff Israels "nicht die klassische Selbstverteidigung" vorlag. Trumps Mobilisierung von Flugzeugträgern in Richtung Mittelmeer bewertete sie als Drohgebärde, denn ein neuer Krieg würde seine Zustimmungswerte an der eigenen Basis "empfindlich treffen".
  • Veit Medick: Der Politikchef beim "Stern" sieht ein Glaubwürdigkeitsproblem für den Westen, weil das Thema Völkerrecht beim Angriff auf den Iran unter den Tisch gekehrt wird. Medick fand es "unkonventionell", dass Johann Wadephul (CDU) sich öffentlich vor Kanzler Friedrich Merz bei den Verteidigungsausgaben für das Fünf-Prozent-Ziel ausgesprochen hatte, für das er "als Außenminister gar nicht zuständig ist".
  • Natalie Amiri: Die ARD-Journalistin erklärte, dass die Iraner gegenüber den israelischen Angriffen sehr zwiespältig eingestellt sind. Einerseits gibt es Freude über den Tod führender Köpfe des Regimes, aber auch Sorge vor einem Regime Change von außen und Angst vor den Luftangriffen. "Jetzt tun wir mal nicht so, als ob es irgendetwas Bewahrenswertes an diesem Regime gebe. Es ist schrecklich", sagte Amiri. Aber das iranische Volk müsse selbst entscheiden, wer es regiert.
Maischberger
Veit Medick, Iris Sayram und Ulrich Wickert diskutierten mit Sandra Maischberger (v.l.n.r.). © WDR/Oliver Ziebe

Der Special Guest

  • Johann Wadephul: Der CDU-Bundesaußenminister begründete seine Kritik am Vorgehen Israels in Gaza. "Am Ende bin ich in einer C-D-U. Menschenleben sind gleichwertig am Ende des Tages." Er betonte das "C" für "christlich" besonders deutlich. Dafür gab es viel Applaus. "Ein demokratischer Rechtsstaat muss sich, auch wenn er gegen eine Terrororganisation kämpft, an anderen Maßstäben messen lassen", betonte er. Wadephul wiederholte Merz' Aussage, dass Israel mit dem Krieg gegen den Iran Deutschland die Drecksarbeit abnehme, nicht, aber betonte das Recht Israels, sich präventiv zur Wehr zu setzen, weil Iran eine Bedrohung für Israel sei. Dass das Land gar nicht kurz davor gewesen sein soll, eine Atombombe zu entwickeln, wie von den Israelis behauptet, wollte er nicht infrage stellen. "Ich setze mich nicht als deutscher Außenminister hin und weiß es besser." Mit Russlands Außenminister Lawrow sieht er derzeit keine Basis für gemeinsame Gespräche, weil er keine Bereitschaft zum Frieden bei seinem Amtskollegen erkennen könne.

Das Wortgefecht des Abends

Ulrich Wickert hält es für einen riesigen Fehler, dass die Wehrpflicht in Deutschland ohne eine große Diskussion im Volk durch die damalige Regierung Merkel abgeschafft wurde. Er sprach sich für ein soziales Pflichtjahr aus. "Für alle, Männlein wie Weiblein. Und da kann der, der Lust hat, sagen: Ich gehe zur Bundeswehr." Andere könnten zur Altenpflege gehen oder in einen "Ökoverein", so Wickert. "Und das würde vielleicht auch dazu führen, dass sehr viele der jungen Männer, die in Deutschland sind, aber deren Eltern aus anderen Kulturkreisen kommen, dass die über solch einen Dienst sehr viel stärker an deutsche Werte herangeführt werden. Ich glaube, das wäre nicht schlecht."

Iris Sayram stimmte Wickert grundsätzlich zu, sah aber "zwei Schwierigkeiten bei der ganzen Sache". Zum einen gebe es im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit für die Einführung eines Pflichtjahrs inklusive der Wehrpflicht. Und die andere Schwierigkeit: Die Armee habe gar keine Kapazitäten. "Wo bringen sie die Leute um?" Über den Versprecher amüsierte sich Maischberger köstlich. "Und wer bildet die aus?", ergänzte Sayram. Wickert widersprach energisch. Deutschland habe die Wehrpflicht ja mal gehabt, also könne man sie auch wiedereinführen, betonte er. "Einfach zu sagen, es geht nicht, gilt für mich nicht, wenn man es will, geht es."

Die Offenbarung des Abends

Veit Medick entlarvte den Schlingerkurs von Friedrich Merz gegenüber Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Merz habe erst Israel unterstützt, dann recht klare Kritik am Vorgehen in Gaza geäußert, dann habe er sich vorsichtig zum Angriff auf den Iran geäußert, dann war er plötzlich voll des Lobes für den Iran-Kurs. "Man kann die Uhr danach stellen, dass er wieder vorsichtiger wird. Das ist, glaube ich, für einen Kanzler problematisch."

Empfehlungen der Redaktion

Der Erkenntnisgewinn

Ein spannender Mittwochstalk mit vielen fundierten Wortbeiträgen zu vielleicht wieder ein wenig zu vielen Themen. Auffällig war, wie unkritisch Außenminister Wadephul den von Experten als völkerrechtswidrig eingeschätzten israelischen Angriff auf den Iran kommentierte. Nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Auch dass er – als Chefdiplomat des Landes – derzeit keine Gesprächsbasis mit der russischen Führung sieht, darf hinterfragt werden.