Die Energiepreise steigen rasant, viele Bürgerinnen und Bürger müssen Kassensturz machen und jeden Monat aufs Neue rechnen. Die Politik versucht gegenzusteuern, doch die Entlastungsmaßnahmen stehen in der Kritik. "Wie sollen wir das schaffen?", fragte Plasberg am Montag seine Gäste im Studio. Nicht nur beim Rede-Duell merkte man, wie anspannt die Lage im Land ist.
Umlagen drauf, Steuern runter: Die neu geschaffene Gasumlage ist beschlossene Sache. Für eine vierköpfige Familie kommen damit mehr als 500 Euro Energiekosten pro Jahr obendrauf. Zwei weitere Umlagen schlagen zu Buche: Gasspeicher-Umlage und Standardlastprofil-Bilanzierungsumlage bedeuten etwa 100 Euro mehr. Gleichzeitig hat die Bundesregierung angekündigt, die Mehrwertsteuer auf Gas zu senken – eine Ersparnis von rund 400 Euro.
Das ist das Thema bei "Hart aber fair"
Der Gaspreis ist auf Rekordhöhe, in immer mehr Haushalten macht sich die Angst vor gepfefferten Heizkostenabrechnungen breit. "Kostenfalle Energie: Wie sollen wir das schaffen?", fragte
Das sind die Gäste
Christian Dürr (FDP): Der Fraktionsvorsitzende sagte: "Wir tun seit Monaten alles dafür, dass die Preissteigerungen im Rahmen bleiben." Weitere Entlastungen seien auf dem Weg. Zur Kritik am Heckmeck zwischen neuen Umlagen und Steuersenkungen räumte er ein: "Dass das super schwer nachzuvollziehen ist, ist mir bewusst. Wir sind in einer Ausnahmesituation." Nichts zu tun sei keine Option, man müsse schnell reagieren.
Udo Sieverding: Der Energie-Experte der Verbraucherzentrale NRW warnte: "Die Preise werden noch weiter steigen." In so einer dramatischen Situation könne sich die Regierung ein Entlastungs-Rumgemurkse, wie wir es gerade erlebten, nicht leisten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wünschten sich Alternativen wie Photovoltaik und Wärmepumpen, doch da heiße es: "nicht lieferbar".
Renate Rönnau: Die Rentnerin beschwerte sich: "Die Senioren kommen bei den Entlastungen kaum vor". Sie selbst müsse bereits jetzt einsparen, kaufe noch gezielter ein und überlege sich, ob sie noch ins Theater oder Kaffee trinken gehen könnte. Von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit am Seniorentelefon berichtete sie: "Eine 92-Jährige sagte mir, sie habe Existenzängste. Das sind doch die Senioren, die Deutschland nach dem Krieg mitaufgebaut haben". Ihr Fazit gegen Ende der Sendung: "Der ganz normale Bürger zahlt am Ende immer die Zeche!"
Michael Hüther: "Wir stehen vor einem Wohlstandsverlust", sagte der Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Das Gesamtbild einer solchen Krise habe es noch nicht gegeben. "Die Inflationsraten sind mittlerweile auf historischem Niveau", so Hüther. Es brauche zielgenaue Entlastungen. "Wir müssen entlasten, aber auch Energie sparen", sagte er. Wenn das Gas knapp werde, würden bis zu drei Millionen mehr Arbeitslose drohen.
Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"
Als Moment des Abends kommen sicher mehrere infrage. Einer davon: Sieverdings Auslassungen zu den Entlastungspaketen. "Das erste Entlastungspaket finde ich noch okay, aber das zweite Entlastungspaket vier Wochen später war so in dem Geist: Hoppla, die Preise steigen ja immer noch", sagte er. Damals sei anhand der Großhandelspreise schon absehbar gewesen, dass eine ein- bis zweijährige Preissteigerungswelle komme.
Er kritisierte die Maßnahmen der Regierung als Flickenteppich: "Der eine hat den Tankrabatt bekommen, der andere die Erhöhung der Pendlerpauschale und dann gab es noch das Neun-Euro-Ticket", so Sieverding. Das seien alles Maßnahmen gewesen, die für sich sicher sinnvoll waren. "Ich habe aber so viele Freunde, die sagen: Was soll ich mit den 300 Euro, ich brauche das gar nicht. Gebt das doch denen, die es nötig haben!" Es gebe Millionen Haushalte, die nicht wüssten, wie sie in den nächsten Monaten ihre Energiekosten zahlen. "Und da brauchen wir eine Lösung", sagte er. Die Antwort des Publikums: langer Applaus.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Hüther hatte gerade gefordert: "Der Preiseffekt an sich muss wirken. Die Anpassungen können nur dort stattfinden, wo Leute Gas nutzen." "Wahnsinn", kommentierte Mohamed Ali und holte aus: "Das klingt ja so, als würde das Problem darin liegen, dass die Haushalte zu viel Gas verbrauchen und dass man deswegen den Preis jetzt steigern muss, um Anreize zu schaffen zum Sparen." Das sei verfehlt. Die Gasumlage werde nur erhoben, um die Gewinne der Energiekonzerne zu sichern. "Alle Bürgerinnen und Bürger werden entlastet, um dafür zu sorgen, dass die Energiekonzerne, die teilweise Milliarden Übergewinne machen, dass die diese Übergewinne weiter ungestört machen können."
Dürr schüttelte dabei schon vehement den Kopf. Die Antwort kam aber von Hüther: Jeder müsse nach seinen Möglichkeiten sparen und man brauche eine zielgenaue Entlastung. "Die Menschen können doch jetzt schon nicht mehr sparen“, kommentierte Mohamed Ali.
So hat sich Frank Plasberg geschlagen
Plasberg machte einen soliden Job, herausragend war seine Moderationsleistung aber auch nicht. Ihm gelang ein guter Mix zwischen "kleinen" und "großen" Fragen. So wollte er von Rentnerin Rönnau wissen, wo sie spare und von Energie-Experte Sieverding, wozu er Verbraucherinnen und Verbrauchern rate. Zu seinen Fragen gehörte aber auch: "Lässt sich die Krise mit ein paar Energiespartipps vermeiden?" und "Wie hält man die Balance zum Alarmismus?"
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"
Am Montagabend wurde eine Reihe von Streitpunkten offenbar: "Bis wohin reicht Solidarität und wer muss das Gros der Preissteigerungen schultern?", "Welche Wege zum Energiesparen sind die sinnvollsten?" und "Was tun, um den Wohlstandsverlust abzufedern?". Zu kurz kam allerdings die Rolle der Ampelregierung in diesem Zusammenhang.
Einen interessanten Einblick auf den Beziehungsstatus gab es immerhin, als FDP-Mann Dürr den Tipp des Grünen-Politikers Winfried Kretschmann, sich mit dem Waschlappen zu waschen anstatt zu duschen, kommentierte: "Was Herr Kretschmann da gesagt hat, löst in meinem Kopf komische Bilder aus und ich finde es zweitens offen gestanden herablassend." Solche Hinweise könne er sich sparen. "Eine interessante Koalition", kommentierte Plasberg da nur. Den Ball hätte er noch weiterspielen können.
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