Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat Vorwürfe gegen Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder erhoben. Schröder habe "Europa von Russland abhängig gemacht und den ganzen Kontinent in existenzielle Gefahr gebracht", sagte er in einer Rede in Heidelberg.

Mehr aktuelle News

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hat Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vorgeworfen, er habe mit seiner russlandfreundlichen Politik ganz Europa existenziell gefährdet. In einer Rede in Heidelberg zur Zukunft Europas kritisierte Morawiecki diejenigen scharf, die auf eine Kooperation mit Russland gesetzt hätten im Tausch gegen Energie und im Sinne von "Wandel durch Handel". Diese Politiker hätten einen schrecklichen Fehler gemacht, der nun offenbar werde.

Wäre die Ukraine auch nur auf materielle Güter konzentriert gewesen, hätte sie längst klein beigegeben angesichts der russischen Aggression. Stattdessen habe sie sich auf sich selbst als Nation besonnen. "Es ist ein Versagen, nicht auf die Stimmen der Länder zu hören, die mit ihrer Meinung zu Putin recht hatten. Es bedeutet, Leuten wie Gerhard Schröder Macht zu geben, die Europa von Russland abhängig gemacht und den ganzen Kontinent in existenzielle Gefahr gebracht haben", sagte Morawiecki. Die Politik, mit Russland Deals zu machen, sei gescheitert.

Polen ist seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine einer der wichtigsten Unterstützer und Waffenlieferanten des überfallenen Landes und nahm bisher rund 1,5 Millionen Flüchtlinge auf.

Lesen Sie auch: Alle aktuellen Informationen zum Krieg in der Ukraine im Live-Ticker

Polens PiS-Regierung warnte vor Abhängigkeit von Russland

Schröder gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Polens nationalkonservative PiS-Regierung hatte sich jahrelang gegen den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 ausgesprochen. Sie warnte stets davor, dass Russland damit die Abhängigkeit Europas von seinen Gaslieferungen erhöhen und die bisherigen Transitländer unter Druck setzen könnte. Deutschland stoppte das Projekt Nord Stream 2 im Februar zwei Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Ende September 2022 waren nach Explosionen nahe der dänischen Ostseeinsel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Pipelines Nord Stream 1 und 2 entdeckt worden. Die Behörden gehen von Sabotage aus. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar.

Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki

Energiekrise: Polen greift Deutschland scharf an

Der Gründungsgipfel der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft in Prag ist vom Streit der EU-Länder um Schritte gegen die Energiekrise überschattet worden. Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki griff die Bundesregierung scharf an.

Morawiecki: Nationalstaaten entscheidend für ein modernes Europa

In seiner Rede am Montag betonte Morawiecki zudem die Bedeutung von Nationalstaaten und warnte vor einer weiteren Zentralisierung der EU. Morawiecki bezeichnete die Existenz von Nationalstaaten und die Bewahrung ihrer Identität als entscheidend für ein modernes Europa. Nichts könne in Europa besser für die Freiheit von Nationen, ihre Kultur und ihre militärische Sicherheit garantieren als die Nationalstaaten selbst, sagte Morawiecki in Heidelberg. "Andere Systeme wären eine Illusion oder eine Utopie."

Es sei ein Irrweg, einen europäischen Superstaat anzustreben, wie dies manche Bürokraten in Brüssel wollten. "Die Basis unserer Identität liegt in unserer nationalen Identität. Und nicht darin, dass wir unsere Identität verleugnen."

Morawiecki warnte vor einer "Gleichschaltung" innerhalb der EU. "Wenn die EU-Eliten hartnäckig auf der Vision eines zentralisierten Superstaates beharren, werden sie auf den Widerstand weiterer europäischer Nationen stoßen, und je mehr sie darauf beharren, desto heftiger wird die Rebellion ausfallen", sagte der nationalkonservative Politiker.

Polens Regierungschef: Nationalstaaten lassen sich nicht ersetzen

Natürlich sei es möglich, Nationen durch Organisationen wie etwa die EU zu unterstützen. Niemals aber ließen sich Nationalstaaten ersetzen. Gerade in Zeiten politischer Krisen seien sie unabdingbar, betonte Morawiecki auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Auch in der Vergangenheit habe sich bewährt, wie effizient einzelne Staaten agiert hätten – etwa im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Jedes System, das sich über die Souveränität einzelner Nationen oder deren Willen hinwegsetze, werde früher oder später in Tyrannei oder der Utopie landen, prophezeite er. (dpa/tas)