Polen hat von der deutschen Bundesanwaltschaft einen Europäischen Haftbefehl zur Festnahme eines Verdächtigen erhalten. Es geht um die Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee. Doch der Verdächtige entkam, weil eine wichtige Information fehlte.

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Im Zusammenhang mit der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee hat die polnische Staatsanwaltschaft von der Bundesanwaltschaft einen Europäischen Haftbefehl zur Festnahme eines Verdächtigen erhalten. Dies sagte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft in Warschau der Deutschen Presse-Agentur.

Bei dem Verdächtigen handelt es sich demnach um Wolodymyr Z., einen ukrainischen Staatsbürger, der sich zuletzt in Polen aufhielt. Die Ermittler hätten ihn jedoch an seinem Wohnort nicht angetroffen, sagte die Sprecherin der polnischen Generalstaatsanwaltschaft weiter. "Der Mann hat Anfang Juli die Grenze zwischen Polen und der Ukraine überquert."

Möglich sei dies gewesen, weil von deutscher Seite kein Eintrag in das Schengen-Register erfolgt sei, in dem die mit Europäischem Haftbefehl Gesuchten geführt werden. "Wolodymyr Z. hat die polnisch-ukrainische Grenze überquert, bevor es zur Festnahme kam, und der polnische Grenzschutz hatte weder die Informationen noch die Grundlage, um ihn festzunehmen, da er nicht als Gesuchter aufgelistet war", sagte die Sprecherin.

Zuvor hatten "Die Zeit", ARD und die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof in dem Sabotagefall einen Haftbefehl erwirkt hatte. "Wir kommentieren die Medienberichte nicht", sagte dazu eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums in Berlin. Die Bundesanwaltschaft war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Vier Lecks an drei Leitungen

Die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 wurden am 26. September 2022 durch mehrere Sprengungen beschädigt und unterbrochen. Die Explosionen wurden in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm registriert und wenig später vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen der Nord-Stream-Pipelines entdeckt.

Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland. Nord Stream 2 war wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der folgenden politischen Streitigkeiten noch nicht in Betrieb. Die Behörden mehrerer Länder nahmen Ermittlungen in dem Fall auf. Mittlerweile stellten Dänemark und Schweden die Verfahren allerdings ein. Zu den Tätern kursierten lange mehrere Spekulationen.

Verortung der gemeldeten Gaslecks mit Wirtschaftszonen in der Ostsee © dpa/dpa-infografik GmbH

Weitere Verdächtige

Der "Spiegel" (Bezahlinhalt) berichtete, dass Wolodymyr Z. sich aus Polen abgesetzt haben soll, möglicherweise sei er vor einer möglichen Festnahme gewarnt worden. Journalisten der "Süddeutschen Zeitung" gelang es aber offenbar, Z. telefonisch zu erreichen. In dem Telefonat soll er sich überrascht über die Vorwürfe gezeigt und sie abgestritten haben.

Nach Recherchen von ARD, "Süddeutscher Zeitung" und "Die Zeit" stehen auch zwei weitere ukrainische Staatsangehörige unter Tatverdacht - darunter eine Frau. Den Berichten zufolge sollen sie an den Anschlägen beteiligt gewesen sein. Sie könnten als Taucher die Sprengsätze an den Pipelines angebrachten haben, hieß es weiter. Haftbefehle gegen die beiden liegen aber noch nicht vor. Die nun veröffentlichten Informationen stützen sich demnach auch auf "Hinweise eines ausländischen Nachrichtendienstes".

Bisherige Ermittlungen hatten eine Segeljacht im Visier gehabt, auf der im Juli 2023 Sprengstoffspuren entdeckt wurden. Es wurde vermutet, dass die "Andromeda" möglicherweise für den Transport des Sprengstoffs zum Einsatz kam. Berichten zufolge gehen die Ermittler davon aus, dass das Sabotage-Kommando an Bord des Bootes mutmaßlich aus fünf Männern und einer Frau bestand. Die Anmietung soll die Gruppe unter Vorlage gefälschter Papiere vollzogen haben.

Nur noch Deutschland ermittelt

Nach der Tat kam schnell die Frage auf, wie die Sprengladungen wohl angebracht wurden, um die Leitungen der Pipelines zu beschädigen. Experten hielten es für möglich, dass ausgebildete Taucher Sprengsätze an den Orten angebracht haben könnten.

Den Medienberichten zufolge soll der per Haftbefehl gesuchte Ukrainer Tauchlehrer sein. Die Behörden mehrerer Länder nahmen nach der Sabotage die Ermittlungen in dem Fall auf. Mittlerweile stellten Dänemark und Schweden die Verfahren allerdings ein. Zu den Tätern und den Drahtziehern kursierten lange mehrere Spekulationen.

In Deutschland hatte vor allem das Projekt Nord Stream 2 und die Beziehungen von Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nach Russland für öffentliche Debatten gesorgt. In Mecklenburg-Vorpommern soll außerdem ein Untersuchungsausschuss die Vorgänge einer Klimaschutzstiftung aufklären, die Anfang 2021 gegründet worden war, um die Fertigstellung der Erdgasleitung unter Umgehung der US-Sanktionen zu ermöglichen, was auch gelang. (dpa/bearbeitet von mbo, tas und fab)

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