China soll nach dem Willen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Ukraine-Konflikt seinen Einfluss auf Russland nutzen. Zu seinem ersten Besuch seit mehr als drei Jahren traf deshalb Macron am Mittwoch in Peking ein.

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In ausgiebigen Gesprächen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping am Donnerstag und Freitag will Macron Spielräume erkunden, um neue Initiativen voranzubringen, verlautete aus dem Élyséepalast. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die ebenfalls Gespräche in Peking führt, wird am Donnerstag zu einer Dreierrunde hinzustoßen.

Macron reist nach China: Zuvor spricht sich Frankreichs Präsident mit Biden ab

Vor dem dreitägigen Staatsbesuch stimmte sich Macron am Dienstag noch mit US-Präsident Joe Biden ab. Beide Präsidenten "bekräftigten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine angesichts der anhaltenden Aggression Russlands", teilte das Weiße Haus mit. Das Telefonat sendete ein Zeichen der Geschlossenheit.

Im Vorfeld hatte es Spekulationen gegeben, ob Macron vielleicht einen eigenständigeren Kurs im Umgang mit der Volksrepublik verfolgen könnte. China umwirbt die Europäer, um den Rivalen USA zu isolieren.

"Beide Staatsoberhäupter haben ihren gemeinsamen Wunsch diskutiert, China einzubinden, um das Ende des Krieges in der Ukraine zu beschleunigen und daran teilzunehmen, einen anhaltenden Frieden in der Region zu schaffen", teilte die französische Botschaft mit.

Emmanuel Macron

Emmanuel Macron: "Ich werde auch weiterhin mit Russland sprechen"

Trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron weiterhin mit Moskau sprechen. Bei einer Ansprache in Paris verteidigte er seine Haltung und richtete zugleich einen Appell an China. (Photocredit: picture alliance / abaca | Tschaen Eric/Pool/ABACA)

"Angesichts der Nähe zwischen China und Russland ist es klar, dass China eines der wenigen Länder weltweit ist, wenn nicht sogar das einzige, das einen Game-Changer-Effekt auf diesen Konflikt haben kann", hieß es aus dem Élyséepalast.

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor gut einem Jahr hat China Präsident Wladimir Putin allerdings Rückendeckung gegeben. Die USA und die Nato wurden als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt.

Xi Jinping traf vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammen und Chinas Regierungschef telefonierte noch am Dienstag mit seinem russischen Amtskollegen Michail Mischustin. Jedoch haben beide seit Beginn des Krieges nicht ein einziges Mal mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen.

Viele Konfliktthemen zwischen Europa und China

Nicht nur die Unterstützung für Russland belastet das Verhältnis der Europäer zu China zunehmend. Es gibt Differenzen über eine Schieflage in den Handelsbeziehungen, Menschenrechtsverletzungen in China, Territorialansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer, Chinas Drohungen gegen das demokratische Taiwan und sein aggressiveres Auftreten.

Vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrungen mit der Abhängigkeit von Russland wachsen die Sorgen über die Gefahren in der wirtschaftlichen Kooperation mit der zweitgrößten Volkswirtschaft.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warb am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel für eine Risikominimierung im Umgang mit China. Dies bedeute nicht, sich zu entkoppeln. Einseitige Abhängigkeiten müssten reduziert werden.

Baerbock nannte als Grund für ihre Positionierung auch Chinas Haltung gegenüber der russischen Invasion in die Ukraine. Die Volksrepublik habe als Mitglied des UN-Sicherheitsrats eigentlich eine besondere Verantwortung. Das Zurückziehen "auf eine in Anführungszeichen sogenannte Neutralität" sei für China nicht angemessen. Deshalb hätten die europäischen Partner deutlich gemacht, dass man zu einem "De-risking" kommen müsse, sagte Baerbock.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte am Donnerstag in einer kritischen Grundsatzrede zum Verhältnis mit China ebenfalls dafür geworben, die Beziehungen neu auszutarieren. Auch sie betonte, dass die EU unabhängiger werden und wirtschaftliche Risiken verringern müsse. Es sei jedoch nicht im europäischen Interesse, sich von China abzuwenden.

Trotz dieser Bedenken ist der Ausbau der Wirtschaftskooperation ein weiteres wichtiges Thema des Besuches von Macron in China. In seiner Begleitung reist eine 60-köpfige, hochkarätige französische Wirtschaftsdelegation – unter anderem mit Vertretern des europäischen Flugzeugbauers Airbus, des weltweit zweitgrößten Stromerzeugers Électricité de France EDF, des Zugherstellers Alstom und des Abfallunternehmens und Wasserversorgers Veolia. (dpa/the)

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