Kaum ein Gesetzesentwurf sorgte für so viele Diskussionen wie das Heizungsgesetz von Robert Habeck. Aber was steht genau drin und wie stehen die einzelnen Parteien zu dem Vorhaben des Wirtschaftsministers.

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Nach dem vom Bundeskabinett bereits beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer bis zum Alter von 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben, kaputte repariert werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaftsministerium durch Förderung sozial abgefedert werden.

Die Frist, bis zu der alle Heizungen vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, läuft bis zum Jahr 2045. Schon 2020 hatte die Bundesregierung ein Gesetz verabschiedet, wonach besonders klimaschädliche Heizungen bis zu einem bestimmten Stichtag ausgetauscht werden müssen. Hat eine Heizung eine gesetzliche Altersgrenze erreicht (30 Jahre bei Ölheizungen), muss sie ausgewechselt oder stillgelegt werden.

Ausnahmen gibt es auch von dieser Regel – etwa für Gebäude mit Brennwertkessel oder Hausbesitzer, die schon vor Februar 2002 eingezogen sind. Teuer wird’s, wenn man sich nicht daranhält: Es drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

Eine Expertenmeinung zum Grünen-Heizungsgesetz

Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer plädiert dafür, dass die Bundesregierung ihr umstrittenes Heizungsgesetz aufgibt und das Vorhaben neu startet. "Die Ampel hat sich beim Klimaschutz verheddert", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Meine Empfehlung wäre es, kurz durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten und einen neuen Anlauf für die Heizungswende zu nehmen."

Edenhofer sprach sich für eine Steuerung über den Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) aus. "Den nationalen Emissionshandel mit Emissionsobergrenzen sofort arbeiten zu lassen, ist klüger als die Verbots- und Gebotspolitik." Im Brennstoffemissionshandel-Gesetz (BEHG) könne eine Obergrenze für Emissionen festgelegt werden, die das Heizen mit Gas schrittweise, aber deutlich verteuere. Damit könne der Preisanstieg gedeckelt werden. "Die Regierung hat mit dem BEHG wirklich alle rechtlichen Möglichkeiten schon in der Hand." Dann würden die Menschen von sich aus auf weniger CO₂-intensive Heizungen umstellen.

Der Klimaforscher sagte, er höre sehr oft, dass höhere CO₂-Preise politisch nicht durchzusetzen seien. "Aber auch detaillierte Vorschriften wie beim Heizungstauschgesetz verärgern die Menschen und sind schwer durchzusetzen. Eine klare Kommunikation der Regierung, die den Leuten erklärt, warum das Heizen mit Gas teurer werden muss, mit welchen Preisanstiegen zu rechnen ist und wer mit welchen Rückerstattungen vor den Preisanstiegen geschützt wird, würde von der Bevölkerung akzeptiert."

Was die Grünen wollen

Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt pochte auf ein Inkrafttreten am 1. Januar, sprach sich aber für Korrekturen aus. So müsse es eine nach Einkommen gestaffelte Förderung geben, sagte sie der Funke-Mediengruppe. "Auch für Mieter darf es keine großen Belastungen geben." Deswegen wolle ihre Partei die neue Heizung bis zu 80 Prozent fördern – und nicht wie im Entwurf vorgesehen mit maximal 50. Weitere Ausnahmen lehnte sie ab.

SPD und Grüne wollen bald Klarheit schaffen. Bis zur Sommerpause des Bundestags am 7. Juli gibt es noch drei Sitzungswochen. Die Koalitionspartner halten das für ausreichend – und sehen die Ampel angesichts der Klimakrise unter Zeitdruck. Nach der Sommerpause kommt der Bundestag planmäßig erst wieder Anfang September zusammen. Am 8. Oktober stehen Landtagswahlen in Hessen und in Bayern an – ein Datum, das die politischen Strategen fest im Hinterkopf haben dürften.

Das sagt die FDP zum Heizungsgesetz

FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler drängt auf ein anderes Fördersystem. "Zum Beispiel muss sich die Fördersystematik für Gebäude an der CO2-Effizienz orientieren, und der konkrete Sanierungs-Fahrplan muss den Eigentümern überlassen bleiben", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Darüber hinaus verlangte er spätere Austauschpflichten.

"Wir werden das Gesetz im parlamentarischen Verfahren gemeinsam zu einem guten Gesetz machen", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Wie lange das dauern wird, ist zweitrangig, wenn das Ergebnis stimmt."

Die Meinungen der SPD zum Heizungsgesetz

SPD-Chef Lars Klingbeil betonte, Mieter müssten besser geschützt werden, indem etwa die Modernisierungsumlage bei der Heizung nicht vollständig auf die Miete umgelegt werden dürfe. "Auch werden wir die Altersgrenzen noch mal absenken", sagte Klingbeil der "Rheinischen Post". Darüber hinaus dürften Menschen im ländlichen Raum keine Sorgen haben, "dass sie wegen ihrer Pelletheizung Nachteile haben".

Klingbeil: Zeitplan bei Heizungsgesetz bleibt - aber mit Nachbesserungen

Beim geplanten Heizungsgesetz will die SPD keine Verzögerung in Kauf nehmen, fordert aber Änderungen bei den bisherigen Plänen. Das kündigte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil an.

Sozialminister Hubertus Heil (SPD) sprach sich gegen eine längerfristige Verschiebung aus. "Es ist notwendig, zügig Klarheit zu schaffen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er sei für Lösungen, die technisch machbar und sozial darstellbar seien. "Klimaschutz braucht eine breite gesellschaftliche Akzeptanz und darf kein Projekt nur für Wohlbetuchte werden", betonte er.

Heil rief auch Kritiker zur Mäßigung auf: "Wir müssen die Debatte über das Gebäudeenergiegesetz entgiften", sagte er der Zeitung. Der oppositionellen CDU warf er vor, "so zu tun, als sei Nichtstun eine Alternative".

Bundeskanzler Olaf Scholz stellte sich hinter seinen Wirtschaftsminister Habeck. Er betonte, die jetzige Gesetzesvorlage sehe deutlich anders aus als der ursprüngliche "Rohentwurf", an dem sich die Debatte entzündet habe. Es sei aber "vollkommen in Ordnung" nochmals zu schauen, "sind alle Fragen beantwortet, sind alle Bedenken berücksichtigt", sagte der Kanzler, der am Rande des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima interviewt wurde. Ziel sei es, in Deutschland klimaneutrales Wirtschaften zu ermöglichen, niemand dürfe aber überfordert oder "vor eine unlösbare Aufgabe gestellt" werden.

Das sagt die Opposition

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) schlug vor, das Gesetz noch einmal neu aufzusetzen. "Ich glaube, dass dieses Gesetz vom Grunde her falsch aufgestellt ist. Da macht es keinen Sinn, an einzelnen, wenigen Stellschrauben zu drehen", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Der bisherige Gesetzentwurf führe zu hohen Kosten und Verunsicherung in der Bevölkerung.

Weiter fuhr Frei fort: Wir haben einen Vorschlag gemacht, wie über die Bepreisung des CO₂-Ausstoßes letztendlich mit einem marktwirtschaftlichen Anreizsystem dafür gesorgt wird, dass das eingesetzte Geld zu möglichst viel Klimaschutz führt. Und dass selbstverständlich dafür auch soziale Ausgleichsmechanismen greifen sollen." Also ein ähnliches Konzept, das auch Klimaforscher Edenhofer vorgeschlagen hat.

Frei schlägt auch eine Kombination aus vielen Möglichkeiten vor. Von Gebäudesanierung und -isolierung bis zum Einsatz verschiedener Heizsysteme könnte viel für den Klimaschutz getan werden.

"Habecks Heizungsgesetz muss im parlamentarischen Verfahren grundlegend überarbeitet werden. In dieser Form sind die Pläne nicht zustimmungsfähig. Dass auch künftig die Krankenschwester und der Millionär offenbar dieselben Fördersummen erhalten sollen, ist niemandem zu erklären. Sinnvolle Förderung bedeutet, den Menschen nach Einkommensklassen beim Umbau zu unterstützen", sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. (dpa/the)

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