Die Hauptverhandlung in Strafverfahren soll in Zukunft digital dokumentiert werden. Das sieht ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium vor, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. Konkret geht es dabei um erstinstanzliche Hauptverhandlungen vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten. Diese Verhandlungen sollen laut Entwurf per Tonaufzeichnung dokumentiert und automatisiert in ein elektronisches Textdokument übertragen werden. "Zusätzlich ist auch eine Bildaufzeichnung möglich, die von den Ländern durch Rechtsverordnung jederzeit teilweise oder flächendeckend eingeführt werden kann", heißt es in dem Gesetzentwurf.

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Der erste von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) im vergangenen November vorgelegte Entwurf für ein "Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung" sah noch die Verpflichtung vor, die Hauptverhandlung in Bild und Ton aufzuzeichnen und die Tonaufzeichnung mittels Transkriptionssoftware in ein Textdokument umzuwandeln. Heftige Kritik kam von Staatsanwälten und Richtern. Sie warnten unter anderem davor, Zeugen könnten sich durch die Videoaufzeichnung eingeschüchtert fühlen. Unterstützung bekam Buschmann für sein Vorhaben dagegen vom Deutschen Anwaltverein.

Der nun beschlossene Entwurf sieht vor, dass "in Fällen, in denen zum Schutz gefährdeter Personen oder der Staatssicherheit ein ganz besonders hohes Geheimhaltungsinteresse besteht", von der Aufzeichnung nach den gleichen Maßstäben abgesehen werden kann, wie sie in diesen Fällen für den Ausschluss der Öffentlichkeit gelten.

"Dass sich die Verfahrensbeteiligten aktuell nach einem mitunter monatelangen Prozess alleine auf ihre Notizen und ihr Gedächtnis verlassen müssen, ist nicht mehr zeitgemäß", sagte Buschmann. Für die Aufzeichnung ist eine "Einführungs- und Pilotierungsphase" bis zum 1. Januar 2030 vorgesehen. In dieser Phase können die Länder bestimmen, ab wann und an welchen Gerichten aufgezeichnet wird. Bei den Staatsschutzsenaten gilt die Aufzeichnungs- und Transkriptionspflicht bereits Anfang 2028, soweit diese in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes zuständig sind.

Mit den langen Fristen will die Bundesregierung Bedenken der Länder ausräumen. Diese hatten erklärt, sie bräuchten mehr Zeit, um sich neben der flächendeckenden Einführung der elektronischen Aktenführung auch noch um die Beschaffung der für die Aufzeichnung und Transkription notwendigen Technik zu kümmern.  © dpa

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