Wie umgehen mit den erstarkten Linken? Eigentlich darf die CDU nicht mit der Linkspartei zusammenarbeiten – wegen eines Unvereinbarkeitsbeschlusses. Doch nicht alle in der Partei sind so strikt.

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Die CDU ist sich uneins, wie der künftige Umgang mit den erstarkten Linken aussehen könnte. 2018 hat sich die Partei einen Unvereinbarkeitsbeschluss auferlegt, der eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausschließt. Doch ohne diese (oder die AfD) kann es keine Zweidrittelmehrheit im Parlament geben. Nun melden sich immer mehr Christdemokraten zu Wort: Die bisherige Haltung zur Linkspartei solle überdacht werden.

In der Debatte der Union zum Umgang mit der Linken warnt CDU-Vizechefin Karin Prien vor Dogmatismus. "Unsere Zeit verlangt von allen demokratischen Kräften in Deutschland mehr Ambiguitätstoleranz und weniger Dogmatismus", sagte Prien dem "Stern". Die Union müsse "pragmatisch abwägen" und "die Stabilität der demokratischen Institutionen" im Blick haben.

Linke und AfD stünden zwar im fundamentalen Gegensatz zur Union, aber sie unterschieden sich genauso fundamental. "Die AfD ist die Partei des Rechtsextremismus, sie ist eine Gefahr für unsere liberale Demokratie", sagte die neue Bundesbildungsministerin. Die Linke sei das jedoch nicht.

Thüringer Ministerpräsident rät zu Umsicht

Auch Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt forderte in Bezug auf die Linke Pragmatismus. "Bei schwierigen Mehrheitsverhältnissen gilt es, mit Umsicht abzuwägen und pragmatisch zu handeln." Der CDU-Politiker sagte dem Magazin: "Mit einer Partei, die nicht wie die AfD auf einen Systemsturz hinarbeitet, kann die CDU jenseits aller grundsätzlichen Differenzen parlamentarische Absprachen aus staatspolitischer Verantwortung treffen."

Voigt ist in Thüringen auf die Opposition, zu der die Linke dort gehört, angewiesen, seine Brombeer-Koalition hat im Landtag keine eigene Mehrheit.

Die Union schließt mit einem sogenannten Unvereinbarkeitsbeschluss eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der Linken aus. Vergangene Woche ging die CDU jedoch nach dem ersten gescheiterten Anlauf der Kanzlerwahl von Friedrich Merz auf die Linke zu, um einen raschen zweiten Wahlgang zu ermöglichen.

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Linnemann moniert "unsägliche Verharmlosung von Antisemitismus"

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bleibt aber bei seinem strikten Nein zu einer Kooperation. "Für mich kann es keine politische Zusammenarbeit mit der Linkspartei geben, solange dort extremistische Gruppen mitmachen", sagte er dem "Stern". Der Unvereinbarkeitsbeschluss sei gut so, wie er ist. Mit Blick auf die Antisemitismus-Definition der Partei sagte Linnemann: "Die unsägliche Verharmlosung von Antisemitismus auf dem Parteitag hat die Linken noch extremer von der CDU entfernt als ohnehin schon."

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß nannte die Linke "umbenannte Mauer- und Schießbefehlpartei" und schloss eine Zusammenarbeit auch wegen der Antisemitismus-Definition klar aus.

Linksfraktionschef Pellmann: "Unvereinbarkeitsbeschluss ad absurdum geführt"

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sören Pellmann, erklärte im Gespräch mit unserer Redaktion am Rande des Parteitags in Chemnitz, die Union habe am Tag der Kanzlerwahl den "Unvereinbarkeitsbeschluss ad absurdum geführt". Am vergangenen Dienstag ist Bundeskanzler Friedrich Merz im ersten Wahlgang durchgefallen.

Für die Fristverkürzung – und damit der zweite Wahlgang noch am selben Tag durchgeführt werden konnte – brauchten Union und SPD auch die Linken an ihrer Seite. "Wir haben an diesem Tag viel miteinander gesprochen, mit Schwarz-Rot, mit den Grünen. Der Kompromiss war, dass wir einen zweiten Wahlgang ermöglichen", sagte Pellmann dazu.

Er machte außerdem deutlich: "Auch auf Landesebene und in den Kommunen – gerade in Ostdeutschland – ist die CDU auf die Linke angewiesen. Unter Demokratinnen und Demokraten sollte es Brauch sein, im Gespräch zu bleiben." Mittlerweile habe die Linke auf Bundesebene eine Größe, "mit der uns die CDU nicht ignorieren kann." (dpa/ bearbeitet durch ras und lc)