Kurz vor dem vierten Jahrestag der verheerenden Flutkatastrophe an der Ahr gibt es ein vorläufiges Ermittlungsergebnis im Disziplinarverfahren gegen den Ex-Landrat. Mit Folgen für den CDU-Politiker.
Der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler (CDU) hat während der tödlichen Flutkatastrophe an der Ahr "gravierend gegen beamtenrechtliche Pflichten verstoßen". Zu diesem vorläufigen Ergebnis kommt der Ermittlungsbericht im Disziplinarverfahren gegen den CDU-Politiker, wie das Innenministerium in Mainz mitteilte.
"Die Unterlassungen und Verhaltensweisen vor, während und nach der Naturkatastrophe im Ahrtal werden hiernach als Verstoß gegen das Rechtmäßigkeitserfordernis, gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht sowie die im Beamtenstatusgesetz normierte Einsatzpflicht gewertet", hieß es in der Mitteilung. Der ehemalige Landrat werde zu diesem vorläufigen Ermittlungsergebnis derzeit angehört.

Ruhegehalt soll aberkannt werden
"Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass vonseiten des Innenministeriums anschließend Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung der Ruhegehaltsansprüche zu erheben ist." Als vorläufige Maßnahme sei beabsichtigt, ein Drittel des monatlichen Ruhegehalts einzubehalten.
Das Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Landrat war im August 2021 eingeleitet worden. Es sollte prüfen, "inwieweit im Kontext der Naturkatastrophe im Ahrtal gegen beamtenrechtliche Pflichten verstoßen wurde", schrieb das Innenministerium.
136 Tote bei Flutkatastrophe 2021
Durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 kamen in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben, davon 135 in der Ahr-Region und ein Mensch im Raum Trier. Ein Mensch gilt zudem weiterhin als vermisst. In Nordrhein-Westfalen starben 49 Menschen.
Der damalige Landrat war seit August 2021 krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst und wurde im Oktober 2021 auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Gegen Pföhler lief auch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz. Während diesem wurde das Disziplinarverfahren ausgesetzt, schrieb das Innenministerium. Im April 2024 wurden die Ermittlungen gegen ihn eingestellt – und das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen.
Ein hinreichender Tatverdacht habe sich nicht ergeben, hatte der Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler, damals gesagt. Einige Hinterbliebene wehren sich bislang gegen die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen.
Hinterbliebene: Verfahren gegen Ex-Landrat "überfälliges Signal"
Die Eltern einer bei der Ahr-Flut verstorbenen jungen Frau halten eine Disziplinarmaßnahme gegen den Ex-Landrat für ein längst überfälliges Signal. "Doch sie ersetzt keine strafrechtliche Aufarbeitung", sagte Ralph Orth der Deutschen Presse-Agentur. Orths Tochter Johanna starb in der Flutnacht im Sommer 2021.
Weiter sagte er: "Die Mitteilung aus dem Innenministerium bestätigt, was die Bürger seit Jahren wissen: Pföhler hat in der Flutnacht versagt." Es brauche endlich Konsequenzen, die dem Leid der Todesopfer gerecht würden. "Und ein klares Signal an aktuell Verantwortliche: Bei Katastrophen muss rechtzeitig gewarnt und evakuiert werden."
CDU-Obmann: Versagen des Landrats unbestritten
Das Versagen von Ex-Ahr-Landrat Jürgen Pföhler in der Flutnacht vor fast vier Jahren war nach Ansicht des CDU-Obmanns im Untersuchungsausschuss "von Anfang an und bis heute unbestritten". Die weiteren Schritte des Disziplinarverfahrens gegen den CDU-Politiker Pföhler seien somit nur konsequent, sagte der Landtagsabgeordnete und Obmann, Dirk Herber, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
"Im Interesse aller Betroffenen, insbesondere der vielen Menschen, die bis heute schwer unter den Folgen der Katastrophe leiden, sollte es nun zügig durch- und zu Ende geführt werden", forderte Herber.
Der Oppositionspolitiker betonte aber auch: "Die politische Verantwortung für das Flutgeschehen tragen viele." Bis heute warteten die Menschen im Land auf eine Entschuldigung der Landesregierung und deren Bekenntnis zu eigenen Fehlern. (dpa/bearbeitet von tas)