- Seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine steigen die Energiepreise in Deutschland.
- Mit einer Strompreisbremse will die Regierung Geld von Energieunternehmen abschöpfen, die durch die Krise übermäßig stark verdienen.
- Doch ein Rechtsgutachten eines Energieversorgers weckt nun Zweifel daran, ob das Vorhaben mit der Verfassung vereinbar ist.
Die geplante Strompreisbremse der Bundesregierung mit einer Abschöpfung von kriegs- und krisenbedingten Überschusserlösen der Energiebranche ist einem Gutachten zufolge verfassungswidrig.
Der Gesetzentwurf verstoße gegen EU-Recht und verletze die Eigentumsgarantie, teilte der Hamburger Energieversorger Lichtblick am Donnerstag unter Verweis auf ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Berliner Wirtschaftskanzlei Raue mit.
"Der geplante Abschöpfungsmechanismus führt zu tiefgreifenden Verzerrungen auf dem deutschen Strommarkt", sagte Lichtblick. Folge dieser Entwicklungen seien steigende Strompreise für Verbraucher, eine Behinderung des weiteren Ausbaus von Erneuerbare-Energien-Anlagen sowie im Einzelfall die Zahlungsunfähigkeit der Anlagenbetreiber. Zuerst hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über das Gutachten berichtet.
Merit-Order-Prinzip treibt Strompreise in Europa in die Höhe
Scharfe Kritik am Gesetzentwurf, der derzeit innerhalb der Bundesregierung noch in der Ressortabstimmung ist, kam auch vom Bundesverband Erneuerbare Energien.
Die Präsidentin Simone Peter erklärte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa): "Es bestehen erhebliche verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken. Rückwirkende Eingriffe in wirtschaftliche Prozesse wurden bereits mehrfach grundsätzlich als klar verfassungswidrig beschieden." Der Verband hatte bereits erklärt, es sei mit einer Klagewelle zu rechnen.
Ein Gesetzentwurf des Kanzleramts, des Finanz- sowie Wirtschaftsministeriums sieht vor, dass zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse befristet bis mindestens Ende Juni kommenden Jahres "Zufallsgewinne" von Unternehmen auf dem Strommarkt rückwirkend ab 1. September abgeschöpft werden.
Das betrifft etwa Produzenten von Ökostrom aus Wind und Sonne, die zuletzt von hohen Preisen an der Börse profitiert haben. Hintergrund sind die stark gestiegenen Gaspreise, die auch die Preisbildung am Strommarkt beeinflussen.
Denn in Europa gilt das sogenannte Merit-Order-Prinzip. Diesem zufolge werden Kraftwerke, die billig Strom produzieren können, zuerst herangezogen, um die Nachfrage zu decken. Das sind zum Beispiel Windkraftanlagen.
Am Ende richtet sich der Preis aber nach dem zuletzt geschalteten und somit teuersten Kraftwerk – derzeit sind dies wegen der hohen Gaspreise Gaskraftwerke. Deswegen treiben die hohen Kosten für Gas auch die Strompreise in die Höhe. (dpa/thp)