Konflikte und Kriege prägen die Welt wie seit Langem nicht. Das geht aus dem Friedensgutachten 2025 hervor. Im Fokus stehen dieses Mal die USA: Die Autorinnen und Autoren sehen die Trump-Regierung auf dem Weg zu einem autoritären Regime.
So schlimm es auch ist: Die ersten Sätze von Christopher Daase vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung klingen noch nach einer traurigen Gewohnheit. Er stellt am Montag in der Bundespressekonferenz das diesjährige Friedensgutachten vor. Und es steht bekanntlich nicht gut um den Frieden weltweit. "Wir sehen eine sich weiter verschlechternde Sicherheitslage und wenig Aussicht auf eine Trendwende", lautet Daases erste Diagnose.
Dann aber geht er auf den diesjährigen Fokus des Gutachtens ein – und wählt deutliche Worte.
Das erste Kapitel widmet sich den USA. Der zweite Amtsantritt von Präsident
Der Konfliktforscher zählt auf: Trump setze sich über demokratische Regeln hinweg, unterlaufe internationale Organisationen, drohe verbündeten Staaten mit Zöllen, hofiere dagegen autoritäre Staaten. Und seine Verachtung von Regeln drohe Europa "anzustecken". Auch in Deutschland gebe es Politiker, die Kirchen und Nichtregierungsorganisationen vorschreiben wollen, wie sie sich zu verhalten haben.
Friedensgutachten zeichnet düsteres Bild
Vier führende deutsche Friedens- und Konfliktforschungsinstitute geben das Friedensgutachten seit 1987 jedes Jahr heraus: das Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung, das Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen, das "Bonn International Centre for Conflict Studies" sowie das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg. Sie analysieren darin die Kriege und Konflikte weltweit und geben der Politik Empfehlungen.
Seit dem Friedensgutachten des Vorjahrs hat sich die weltweite Konfliktlage nicht verbessert, im Gegenteil. Schon 2024 war die Zahl der weltweiten Todesopfer auf einem Höchststand, schon damals tobten die Kriege in der Ukraine und in Gaza, waren Demokratie und Pressefreiheit unter Druck – nicht nur im Globalen Süden, sondern auch in Europa. Daran hat sich 2025 nichts geändert. Auch im grausamen Bürgerkrieg im Sudan ist keine Lösung in Sicht. Weltweit sind dem Friedensgutachten zufolge mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Kriegen und Konflikten.
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Die Nato vor dem Ende
Hinzu kommt aber, dass im Jahr 2025 mit Donald Trump wieder ein Präsident an der Macht ist, der die schützende Hand der USA über Europa zurückziehen will. Die Friedens- und Konfliktforscher vollziehen auch hier so etwas wie eine Zeitenwende. Sie fordern Europa auf, viel mehr in die eigene Sicherheit zu investieren. Und zwar gemeinsam und nicht jedes Land für sich, wie Ursula Schröder vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg betont.
Zunächst brauche es einen europäischen Pfeiler der Nato, sagt Schröder. Doch insgesamt sehen die Friedens- und Konfliktforscher wenig Zukunft für das transatlantische Verteidigungsbündnis, wie wir es kennen. Die gemeinsame Wertebasis mit der US-Regierung sei "längst dahin", sagt Christopher Daase. Ein europäischer Pfeiler der Nato ist aus seiner Sicht nur eine Zwischenetappe auf dem Weg zu einem ganz eigenständigen europäischen Verteidigungsbündnis. "Wir arbeiten an der Überwindung der Nato", sagt Daase.
"Europa muss ohne die USA – vielleicht sogar gegen sie – verteidigungsfähig werden."
Der Wissenschaftler erinnert an die Drohungen von Donald Trump, das völkerrechtlich zu Dänemark gehörende Grönland den USA einzuverleiben. Mit solchen Drohungen habe die Nato keine Zukunft. "Europa muss ohne die USA – vielleicht sogar gegen sie – verteidigungsfähig werden." Er rechne zwar nicht mit einem amerikanischen Angriff auf einen europäischen Staat. Aber die Europäische Union müsse sich schon fragen, wie sie auf solche Drohungen reagieren will – und entsprechende Pläne bereithalten.
Im russischen Krieg gegen die Ukraine hat der scharf kritisierte US-Präsident Trump durchaus für Bewegung gesorgt: Schließlich sitzen beide Seiten auf Druck der USA auch am Montag wieder am Verhandlungstisch. "Dass zur Zeit wieder verhandelt wird, ist ein Fortschritt", sagt Tobias Debiel vom Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen zwar. Trotzdem erwarte er "keine großen Ergebnisse". Trump habe die Position der Ukraine geschwächt. Aus seiner Sicht hätten nicht nur die Europäer an den Gesprächen beteiligt werden müssen, sondern auch Länder des globalen Südens und Chinas – um Druck auf Russland aufzubauen.
Konfliktforscher fordern "Taten" in puncto Gaza
Eine deutliche Position nehmen die Autorinnen und Autoren des Friedensgutachtens zu Gaza ein. Die israelische Regierung verletze mit ihrem Vorgehen in dem Gebiet auf "massive" Weise Völkerrecht. Dass Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den israelischen Kurs zuletzt relativ deutlich kritisiert hat, begrüßt Christopher Daase.
Seine Kollegin Claudia Baumgart-Ochse findet aber: Auf Worte müssten nun auch Taten folgen. Vor Kurzem hatte Deutschland im Gegensatz zur Mehrheit der EU-Staaten dagegen gestimmt, das Kooperationsabkommen mit Israel auf den Prüfstand zu stellen. Da müsse sich die Bundesregierung in Zukunft anders positionieren, findet Baumgart-Ochse.
Verwendete Quellen
- Vorstellung des Friedensgutachtens 2025 in der Bundespressekonferenz