Die CDU hat dem Koalitionsvertrag mit CSU und SPD zugestimmt. Doch vom Zauber eines Anfangs ist bei der künftigen Kanzlerpartei wenig zu spüren. Daraus macht selbst Friedrich Merz keinen Hehl.
Friedrich Merz spricht von Euphorie. Aber nur, um klipp und klar zu sagen, dass Euphorie nun wirklich nicht das vorherrschende Gefühl in Bezug auf die Regierungskoalition von Union und SPD ist. Die meisten Menschen dürften das ohnehin schon bemerkt haben. Alle anderen wissen spätestens jetzt Bescheid. Und um ja nicht missverstanden zu werden, formuliert
Das ist er, der Sound des Bundesausschusses. Im Kongresszentrum des Estrel Berlin, Deutschlands größtem Hotel, ist die CDU-Parteispitze am Montagmittag mit rund 150 Delegierten aus den Landesverbänden zusammengekommen, um über den mit CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag abzustimmen.
Merz: "Habe hohen Kredit in Anspruch genommen"
Wenig überraschend gibt die Parteibasis ihren Segen. Überraschend ist eher, dass Merz keinen Hehl daraus macht, dass die Stimmung eine Woche vor der Kanzlerwahl bei der den Kanzler stellenden Partei schon mal besser war.
Viele CDU-Mitglieder haben Merz seine in Rekordgeschwindigkeit vollzogene 180-Grad-Wende bei der Schuldenbremse übelgenommen. Merz spricht das in seiner rund einstündigen Rede an. "Ich habe einen hohen Kredit in Anspruch genommen", sagt er. Den gelte es nun zurückzahlen. "Uns allen ist bewusst, dass wir jetzt die Überzeugungsarbeit leisten müssen, damit sich dieser Schritt zumindest in der Rückschau für die Mehrheit als notwendig und richtig erweist", so Merz.
AfD-Hoch beschäftigt CDU
Noch eine weitere Hypothek lastet auf Merz: In Umfragen hat die Union seit der Wahl mehrere Prozentpunkte verloren – während die AfD mit der Union gleichgezogen ist, sie je nach Erhebung sogar überflügelt. So deutlich thematisiert Merz das natürlich nicht. Er gesteht aber ein, dass er von seinem persönlichen Ziel, die AfD zu Randerscheinung werden zu lassen, weiter entfernt ist denn je.
Applaus unterbricht ihn, als er klarmacht, was aus seiner Sicht passieren muss, um den Rechtspopulisten beizukommen: "Die deutliche Mehrheit der Menschen muss mit der neuen Regierung zufrieden sein."
Bündnis mit SPD: Merz spricht von "Arbeitskoalition"
Keine leichte Aufgabe – bei der nicht alle, von denen man es erwartet hatte, Merz unterstützen wollen: Namhafte Parteimitglieder wie Carsten Linnemann, Ines Claus oder David McAllister haben dankend auf einen Posten in seinem Kabinett verzichtet, was Merz nicht gut aussehen ließ.
Seit Montag steht die Ministerriege der Union. Beim Bundesausschuss stellt Merz die Kabinettsmitglieder aus den Reihen der CDU der Öffentlichkeit vor. Die SPD hat angekündigt, ihre Minister am Montag zu benennen. Am Dienstag will sich Merz dann zum Kanzler wählen lassen – und rund sechs Monate nach Ende der Ampel "endlich" loslegen, mit seiner "Arbeitskoalition, die in der Pflicht steht, Erfolg zu haben", wie er sagt.
Für einen Moment klingt Merz nach Merkel
Die formelle Unterstützung seiner Partei hat er. Die Zustimmung zum Koalitionsvertrag: einstimmig. Von Euphorie ist jedoch auch im Saal wenig zu spüren. AfD, Trump, Ukraine-Krieg – es eben nicht die Zeit für Euphorie, sagt Merz.
Darauf jedoch wird er sich nicht ausruhen können. Und so versucht es Merz am Ende mit ein bisschen Merkel: Die Wirtschaft wieder in Schwung bringen? Das Vertrauen in die politische Mitte zurückgewinnen? "Das ist zu machen." sagt Merz. "Ich stünde nicht hier, wenn ich nicht der Überzeugung wäre, dass das geht." Wir schaffen das – à la 2025.