In Israel wird ein Dschihadist aus Palästina festgenommen. Der tritt daraufhin in Hungerstreik. Nun ist er tot. Palästina erhebt schwere Vorwürfe gegen Jerusalem. Militante Kräfte drohen sogar mit Vergeltung.

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Ein ranghohes Mitglied der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad ist nach fast drei Monaten Hungerstreik in israelischer Haft gestorben.

Der 44 Jahre alte Chader Adnan sei am frühen Morgen bewusstlos in seiner Zelle aufgefunden worden, teilte ein Sprecher der israelischen Gefängnisbehörde am Dienstag mit. Während Wiederbelebungsversuchen sei er in ein Krankenhaus gebracht, dort aber für tot erklärt worden.

Der Islamist aus Dschenin im Westjordanland habe den Hungerstreik am 5. Februar nach seiner Festnahme wegen Terrorvergehen begonnen, teilte der israelische Sprecher mit. Er sei wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sowie Unterstützung von Terror und Hetze inhaftiert gewesen. Es sei bereits seine zehnte Haftzeit in Israel. Dschenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser.

Ministerpräsident von Palästina bezichtigt Israel des Mordes

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje warf Israel eine "absichtliche Ermordung" Adnans vor, "indem sie seine Forderung nach Freilassung zurückgewiesen haben, ihn medizinisch vernachlässigt und trotz der Schwere seines Gesundheitszustands in seiner Zelle gelassen haben".

Auch das palästinensische Außenministerium machte Israel für seinen Tod verantwortlich und forderte eine internationale Untersuchung der Umstände. Im Westjordanland und Gazastreifen riefen Palästinenser einen Generalstreik aus. Die Gefängnisbehörden erhöhten der Nachrichtenseite "ynet" zufolge aus Sorge vor Unruhen anderer palästinensischer Sicherheitshäftlingen die Alarmbereitschaft.

Aus Protest feuerten militante Palästinenser nach Adnans Tod am Dienstagmorgen drei Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel ab. Die Geschosse landeten nach israelischen Militärangaben nicht auf bewohntem Gebiet.

Ein ranghohes Dschihad-Mitglied im Gazastreifen sagte, man mache Israel für die "Ermordung" Adnans verantwortlich. "Der Feind wird den Preis für dieses Verbrechen zahlen", sagte er.

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas äußerte sich ähnlich und kündigte an: "Unser Volk mit all seinen Kräften und Fraktionen wird alle Formen des Widerstands mit allen Mitteln und Instrumenten eskalieren und sich den Verbrechen der Besatzungsmacht gegen Häftlinge und Gefangene entgegenstellen."

Israel: Adnan verweigerte medizinische Behandlung

Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir wies unterdessen "ynet" zufolge die Behörden an, Häftlingen mitzuteilen, dass sie bei einem Aufstand oder dem Beginn eines Hungerstreiks einige ihrer zuvor gewährten Bedingungen verlieren würden. "Meine Anweisungen an die Gefängnisbehörden lauten, eine Null-Toleranz-Politik zu betreiben", zitierte "ynet" den Minister.

Nach palästinensischen Angaben war Adnan ein verheirateter Vater von neun Kindern. Der Islamist war bereits in der Vergangenheit immer wieder von israelischen Sicherheitskräften festgenommen und ohne offizielle Anklage in Haft gehalten worden.

2015 war Adnan bereits nach einem lebensbedrohlichen Hungerstreik freigelassen worden. Auch im Februar 2012 hatte Adnan nach einer Einigung mit Israel einen 66-tägigen Hungerstreik beendet.

Mit der Aktion protestierte er gegen seine sogenannte Verwaltungshaft in Israel. Dabei können die Betroffenen für sechs Monate und länger ohne Anklageerhebung aus Sicherheitsgründen festgehalten werden.

Diesmal war die juristische Lage nach israelischen Angaben jedoch anders, weil Adnan vor einem Militärgericht offiziell wegen Terrorvergehen angeklagt worden sei. Ein ähnlicher Deal über eine Freilassung wie in der Vergangenheit sei daher vor Ende des Prozesses nicht möglich gewesen, hieß es von Seiten der Gefängnisbehörde.

In der Haftanstalt habe es eine gut ausgestattete medizinische Einrichtung gegeben und man habe ihn regelmäßig in ein ziviles Krankenhaus gebracht. Adnan habe jedoch jegliche medizinische Behandlung sowie alle Tests verweigert. "Für ihn gab es offenbar nur Freilassung oder Tod." (dpa/thp)

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