Ein Thema überschattet den EU-Gipfel Ende der Woche in Brüssel. Das bereits als sicher beschlossen gegoltene Verbrenner-Aus wurde durch Deutschland vorerst verhindert. Das kam bei den anderen EU-Ländern nicht gut an.
Der erste reguläre EU-Gipfel des Jahres droht vom Streit über die deutsche Blockade des geplanten Verbots von Neuwagen mit Verbrennungsmotor überschattet zu werden. Bis zum Mittwochabend sah es nicht danach aus, dass der Konflikt bis zum Beginn des Treffens der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag beigelegt werden kann. Für Kanzler
Deutschland blockiert Verbrenner-Aus: EU-Partner nicht erfreut
Etliche EU-Partner äußerten bereits in den vergangenen Tagen hinter den Kulissen Unverständnis und Verärgerung darüber, dass die Bundesregierung Anfang März den endgültigen Beschluss verhindert hatte. Eigentlich hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten im Oktober darauf geeinigt, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen in der EU zugelassen werden dürfen.
Die Bundesregierung stellte Anfang März jedoch Nachforderungen. Vor allem die FDP dringt darauf, dass auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrenner zugelassen werden dürfen, die klimaneutrale E-Fuels tanken. Darunter versteht man mit Ökostrom erzeugte künstliche Kraftstoffe. Das Bundesverkehrsministerium und die EU-Kommission arbeiten an einer Lösung, konnten sich aber noch nicht einigen.
Vor dem Gipfel ist die Bundesregierung Befürchtungen entgegengetreten, durch den Streit mit Brüssel über das Verbrenner-Aus könne der Ruf Deutschlands in Europa Schaden nehmen. Aus Berliner Regierungskreisen hieß es am Mittwoch, Deutschland trete in der Frage weder als "Bremser" auf noch sei "isoliert". Es sei deshalb auch nicht vorstellbar, dass der Ruf der Bundesregierung darunter leiden könne.
Deutschland stehe zu "hundert Prozent" hinter den Klimazielen der EU, hieß es in den Regierungskreisen weiter. Wenn es nun Nachverhandlungen zwischen Bundesverkehrsminister
Der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen forderte ein Machtwort des Kanzlers: "Wenn sich Bundeskanzler Scholz beim EU-Gipfel nicht blamieren will, muss er sich in die Debatte einschalten und für die deutsche Bundesregierung dem Verbrenner-Aus zustimmen." Sein Führungsstil schade "dem Ansehen der Bundesrepublik und dem Klimaschutz", kritisierte Andresen.
Die deutsche Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) hatte sich zuvor in Brüssel noch zuversichtlich gezeigt, dass sich der Konflikt "vor dem Gipfel lösen wird".
Verbrenner-Aus: Wissing will sich Zeit nehmen
Diese Hoffnung machte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gleich wieder zunichte. "Wir reden über eine Regulierung für das Jahr 2035. Ich verstehe nicht, warum man sich jetzt nicht noch einmal Zeit nehmen dürfen soll, um die Dinge genau anzuschauen", sagte der FDP-Politiker der "Augsburger Allgemeinen".
Ein Sprecher Wissings betonte, die Gespräche mit Brüssel seien "weit fortgeschritten". Das Ziel bleibe es, "schnellstmöglich" eine Einigung zu erzielen. Das Dossier sei aber außerordentlich komplex. Die FDP setzt sich dafür ein, Autos mit Otto- oder Dieselmotor auch nach 2035 europaweit zu erlauben, wenn sie synthetische Kraftstoffe tanken. Die sogenannten E-Fuels werden auf der Basis von Ökostrom hergestellt, gelten bisher aber als überteuert und wenig effizient.
In den anderen EU-Ländern kommt die Blockadehaltung Deutschlands nicht gut an. Im Umfeld von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist die Rede von einem gefährlichen "Präzedenzfall". Ein Diplomat eines anderen großen EU-Landes äußerte die Hoffnung, dass das Thema "die Diskussionen auf dem EU-Gipfel nicht vergiftet".
Offiziell stehen am ersten der beiden Gipfeltage ganz andere Themen auf der Tagesordnung des Treffens von Kanzler Scholz und seinen Kolleginnen und Kollegen: die Unterstützung für die Ukraine, ein Austausch mit UN-Generalsekretär António Guterres sowie Beratungen über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Das Verbrenner-Thema wird wohl erst am Freitag zur Sprache kommen. (dpa/afp/the)