Gesundheitsminister Lauterbach und Landwirtschaftsminister Özdemir haben die Pläne der Ampelkoalition für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Das ursprüngliche Konzept der Ampelkoalition ging der EU-Kommission zu weit. Fachgeschäfte, in denen Rauschmittel frei verkauft werden, soll es zunächst nicht geben.

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Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland fällt kleiner aus als ursprünglich geplant. Zudem beschränkt sie sich auf den privaten Bereich sowie Vereine. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) haben am Mittwoch die überarbeiteten Pläne der Ampelkoalition in Berlin vorgestellt.

Künftig soll der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen erlaubt sein. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen.

Die geplanten Cannabis-Fachgeschäfte, in denen Rauschmittel frei verkauft werden können, wird es zunächst nicht geben. Dies soll erst in einem zweiten Schritt in einigen Modellregionen erprobt werden – mit wissenschaftlicher Begleitung. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission geeinigt, hieß es.

In Cannabis-Clubs soll pro Tag und pro Person bis zu 25 Gramm verkauft werden

In "nicht-gewinnorientierten Vereinigungen" – den sogenannten Cannabis-Social-Clubs – sollen die Mitglieder pro Tag bis zu 25 Gramm und im Monat bis zu 50 Gramm Cannabis kaufen können. Für den Selbstanbau sind für Mitglieder zudem pro Monat bis zu sieben Samen oder fünf Stecklinge erlaubt.

Die bisherige Cannabis-Politik sei gescheitert, sagte Lauterbach. Von "Vogel-Strauß-Politik" sprach Özdemir. "Die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz haben in der Vor-Corona-Zeit stetig zugenommen." Etwa 55.000 Fälle habe es im Jahr 2019 allein in Bayern gegeben. Bundesweit sei die Anzahl der erfassten Rauschgiftdelikte und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz seit 2011 jedes Jahr gestiegen. Eine Überlastung der Strafverfolgungsbehörden ist die Folge, erklärte der Gesundheitsminister.

Der Gesundheitsminister ist mit seiner Cannabis-Legalisierung nicht gescheitert, dennoch muss er sein Vorhaben eindampfen. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP eigentlich darauf geeinigt, die "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. Lauterbach hatte dazu bereits im Herbst Vorschläge präsentiert.

Größe einer Modellregion ist noch offen

Die Bedenken, dass die Pläne an internationalem und EU-Recht scheitern könnten, scheinen berechtigt. Nun soll es also das 2-Säulen-Modell ("Club Anbau & Regional-Modell/ CARe") richten. Ob eine Modellregion etwa ganz Berlin umfassen könne, dazu wollten sich die Minister noch nicht äußern. Zuerst sollen die Resultate aus der ersten Säule – "privater und gemeinschaftlicher, nicht-gewinnorientierter Eigenanbau" – "ergebnisoffen" abgewartet werden.

Lauterbach und Özdemir verteidigten die Legalisierungspläne. "Wir haben unsere ursprünglichen Ziele nicht geändert", sagte der Gesundheitsminister. Der immer größer werdende Schwarzmarkt solle eingedämmt werden, betonten beide. Ein Versprechen, dass er ganz verschwinde, wäre nicht seriös. Aber: "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt."

Als Beispiel nannte er den Görlitzer Park in Berlin. "Dort fragt kein Dealer nach dem Personalausweis. Es gibt also Null Komma Null Jugendschutz. So werden etwa synthetische Cannabinoide verkauft – extrem gefährliches Zeug."

Cannabis-Konsum für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bleibt verboten

Von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen“ sprach Lauterbach, begleitet durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche. Der Cannabis-Konsum für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bleibe verboten. Daran werde sich nichts ändern. Dafür seien mögliche negative Folgen durch den Cannabis-Genuss von Heranwachsenden zu gravierend – beispielsweise schulischer Leistungsabbau, Veränderungen im Gehirn, die zu Depressionen und Psychosen führen könnten.

Fachpolitiker der Koalition begrüßten die Pläne zur Cannabis-Legalisierung. "Ein verspätetes Osterei liegt im Hanfnest!", twitterte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. "Endlich!", schrieb die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Kristine Lütke.

Aus der Opposition kommt hingegen weiter Kritik gegen die Pläne. So betonte etwa Simone Borchardt (CDU) vom Gesundheitsausschuss, der Konsum könne "erhebliche Schäden bei Kindern und Jugendlichen anrichten".

Im April soll als Nächstes ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Vereinigungen vorgelegt werden. Dieser müsste nach Abstimmung in der Regierung und Kabinettsbeschluss später noch durch Bundestag und Bundesrat.


Einzelne Eckpunkte der Cannabis-Legalisierung:

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis wird straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Maximal drei "weibliche blühende Pflanzen" sind im Eigenanbau erlaubt – geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
  • "Nicht-gewinnorientierte" Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter liegt bei 18 Jahren. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich werben. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
  • Pro Club-Mitglied dürfen maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
  • In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas.
  • In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
  • Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.
  • Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
  • In einem zweiten Schritt sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer in Modellprojekten "kommerzielle Lieferketten" ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, sind auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt.

Verwendete Quellen:

  • Bundespressekonferenz zur Cannabis-Legalisierung
  • Eckpunkte-Papier des 2-Säulen-Modells ("Club Anbau & Regional-Modell/ CARe")
Karl Lauterbach

Cannabis-Legalisierung: "Wir wollen die Jugend besser schützen"

Die Bundesregierung hat die teilweise Legalisierung von Cannabis auf den Weg gebracht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte in Berlin den besseren Schutz der Jugend als ein zentrales Ziel.