Mit ihren Protestaktionen erhitzt die "Letzte Generation" seit längerem die Gemüter in Deutschland. Nun will die Gruppe Berlin lahmlegen. Bundesjustizminister Marco Buschmann reagiert auf diese Pläne mit einem drastischen Vergleich aus der deutschen Geschichte.
Bundesjustizminister
Die "Letzte Generation" hat angekündigt, Berlin ab Montag auf unbestimmte Zeit lahmlegen zu wollen. So will sie ihre Forderungen nach einer radikalen Klimawende durchsetzen. Am Mittwoch hatte sie mit Protestmärschen begonnen.
Auch Grüne und SPD kritisieren "Letzte Generation"
Grünen-Chef Nouripour übte scharfe Kritik an der Klimagruppe. "Wenn Menschenleben gefährdet werden, dann geht das einfach nicht. Dann ist das indiskutabel", sagte er dem Sender RTL/ntv. "Wir gewinnen keine Akzeptanz, wenn die Leute stundenlang im Stau stehen, obwohl sie dringend zur Arbeit müssten."
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mahnte die "Letzte Generation", mit Aktionen wie Straßenblockaden keine Menschenleben zu gefährden. Es sei unverantwortlich, wenn dadurch Rettungskräfte und Krankentransporte behindert würden, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). "Rettungswege müssen frei bleiben."
Buschmann warf den Aktivisten vor, mit ihren Protesten dem Klimaschutz zu schaden. "Letztlich schadet die "Letzte Generation" mit ihrem Vorgehen ihrem Anliegen", sagte er. Die "Letzte Generation" habe überzogene, aggressive Vorstellungen von der Durchsetzung ihrer Ziele. Mit Straftaten werbe man nicht für Klimaschutz.
Richter lehnen schärfere Gesetze gegen Klimaaktivisten ab
Der Justizminister verteidigte die Gerichtsurteile gegen Klimaaktivisten. "Wir leben in einem Rechtsstaat. Da gelten die gleichen Regeln für alle." Wenn akzeptiert würde, dass sich ein Teil der Gesellschaft unter Berufung auf ein höheres Ziel nicht an das Recht gebunden fühle, würden das sicher immer mehr Gruppen für sich in Anspruch nehmen. "Was jetzt die Klimakleber tun, probieren dann möglicherweise als Nächstes die Reichsbürger oder radikale Abtreibungsgegner."
Deutschlands Richter sehen derweil keine Notwendigkeit für schärfere Gesetze gegen Klimaschutz-Aktivisten. "Schärfere Strafgesetze braucht die Justiz nicht, um auf Rechtsverstöße im Zuge von Klimaprotesten klar und deutlich reagieren zu können", sagte Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
"Die bestehenden Gesetze geben den Gerichten ausreichend Spielräume, um etwa Fälle von Nötigung, Sachbeschädigung oder Eingriffe in den Straßenverkehr jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen."
"Letzte Generation" will Regierung unter Druck setzen
ADAC-Präsident Christian Reinicke zeigte Verständnis für die Ziele der Klimaschutzgruppe, nicht aber für deren Methoden. "Ich kann die Anliegen der Klimakleber verstehen", sagte Reinicke der "Augsburger Allgemeinen". Die Klimaaktivisten verträten Ziele, hinter denen sich jeder versammeln könne, denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei Klimaschutz ein im Grundgesetz verankertes Staatsziel. Er bezweifelte allerdings, dass die Klimaschützer die richtigen Mittel wählten, "denn sie verärgern viele Menschen mit der Form ihres Protestes".
Die Aktivisten fordern die Bundesregierung auf, einen Plan zum Erreichen des international angestrebten 1,5-Grad-Ziels vorzulegen, mit dem man die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindern will. Das Bündnis fordert zudem einen Gesellschaftsrat mit 160 gelosten Mitgliedern, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Gas in Deutschland bis 2030 konkret planen soll. Außerdem setzt sich die Gruppe für ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket ein.
Die "Letzte Generation" hatte sich 2021 nach einem Hungerstreik gegründet und blockiert seit Anfang 2022 immer wieder den Verkehr. Meist kleben sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer fest. (dpa/thp)

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