Die Klimagruppe "Letzte Generation" will Berlin lahmlegen. Das hat sie angekündigt – und ist seit einigen Tagen verstärkt aktiv in der Hauptstadt. Die Polizei geht mit einem Großaufgebot dagegen vor. Aus der Regierung kommt derweil Kritik an der Gruppe.

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Die Bundesregierung hat die verstärkten Aktionen der Klimagruppe "Letzte Generation" zum Wochenauftakt in der Hauptstadt kritisiert. "Wir unterstützen solche Protestformen selbstverständlich nicht", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin.

Er betonte, diese Bundesregierung habe so viel für den Klimaschutz getan wie keine Regierung vor ihr. In einer parlamentarischen Demokratie gebe es Möglichkeiten, Kritik zu äußern. "Solche massiven Störungen der öffentlichen Ordnung (...), da habe ich meinen Zweifel, ob das der Sache dient."

Wissing sucht Dialog mit Aktivisten – Nouripour kritisiert Aktionen in Berlin

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums verwies auf frühere Äußerungen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Dieser habe bereits mehrfach gesagt, was er von "den rechtswidrigen Blockaden und Nötigungsversuchen" der Aktivisten halte.

Der Minister will sich am 2. Mai mit Vertretern der Gruppe treffen. "Sie können davon ausgehen, dass Herr Wissing auf die Verhältnismäßigkeit solcher Aktionen hinweisen wird in dem Gespräch und das sehr deutlich machen wird", sagte der Sprecher.

Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour kritisierte derweil die Aktionen der "Letzten Generation" als wenig zielführend. Sie führten zu einer Ablenkung von Klimaschutzdebatten, die dringend notwendig seien. "Und deshalb ist es nicht besonders hilfreich, für unsere Arbeit sicher nicht", sagte der Parteichef am Montag in Berlin.

"Ich verstehe die Verzweiflung der Leute", betonte Nouripour mit Blick auf die Forderungen der "Letzten Generation" nach einem entschiedeneren Klimaschutz. Er stellte aber infrage, dass die genutzten Protestmethoden zu mehr Akzeptanz dafür führten. Menschenleben dürften nicht gefährdet werden, sagte Nouripour. "Da ist mehr als eine rote Linie. Das darf nie passieren."

"Letzte Generation" will Berlin lahmlegen

Die "Letzte Generation" beklagt fehlenden Klimaschutz und verlangt die Einsetzung eines Gesellschaftsrats mit gelosten Mitgliedern. Sie fordert von der Politik einen Plan zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels, mit dem die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindert werden sollen.

Die Gruppe hatte jüngst angekündigt, sie wolle versuchen, von Montag an die gesamte Hauptstadt lahmzulegen. Mit mehreren Straßenblockaden sorgte sie zum Wochenstart für Staus und Behinderungen auf Berlins Straßen.

Die Polizei sprach am Montagvormittag von mehr als 30 Aktionen im Stadtgebiet, an denen Klimaaktivisten auf der Straße standen, dort festgeklebt waren oder Transparente hielten. Laut Berliner Feuerwehr gab es in der Stadt "unzählige Behinderungen" für Rettungsfahrzeuge. Die Berliner Polizei war nach eigenen Angaben mit bis zu 500 Beamten und einem Hubschrauber im Stadtgebiet unterwegs, um die Blockaden zu verhindern beziehungsweise schnell zu beenden.

Aktivist klebt sich auf Straße fest: Asphalt muss aufgebrochen werden

Nach Angaben einer Polizeisprecherin dauerte es teils jedoch länger, festgeklebte Demonstranten von Straßen zu lösen, weil diese einen anderen Kleber verwendeten. Beim Loslösen der Menschen komme es deshalb teils zu Beschädigungen des Asphalts. Auf Fotos der Nachrichtenagentur AFP war zu sehen, wie ein Aktivist nur von der Straße entfernt werden konnte, indem ein Stück der Fahrbahn herausgebrochen wurde.

Noch immer mit einem Stück Asphalt an der Hand klebend sitzt ein Aktivist nach seiner "Befreiung" auf einer Straße in Berlin. © AFP/TOBIAS SCHWARZ

Autofahrer reagierten teils aggressiv auf die Blockaden. Auf der A100 in Höhe Abfahrt Kurfürstendamm hatten Klimaaktivisten in Richtung Schöneberg den Verkehr mit drei Fahrzeugen ausgebremst. Nachdem sie erst langsam gefahren waren, stoppten sie laut dpa-Reporter die Autos ganz und stiegen aus, um sich auf die Autobahn zu setzen. Wütende Autofahrer versuchten, sie von der Straße zu zerren.

Der Polizei seien einzelne entsprechende Fälle bekannt, sagte die Polizeisprecherin. Sie appellierte erneut an Verkehrsteilnehmer, nicht zur Selbstjustiz zu greifen, weil sie sich dadurch selbst strafbar machen würden. "Wir kommen und wir lösen die Situation", betonte die Sprecherin.

Von der Verkehrsinformationszentrale hieß es, aufgrund der Proteste komme es auch im Busverkehr zu zahlreichen Verspätungen, Umleitungen, Ausfällen oder Einstellungen. Empfohlen wurde, auf S- und U-Bahnen auszuweichen. (dpa/thp)


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