Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich einem Bericht der "Welt" zufolge entschieden: Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen muss gehen. Damit würde sie auf die Linie von Koalitionspartner SPD einschwenken. Eine offizielle Bestätigung steht allerdings noch aus.

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Angeblich ist die Entscheidung über die Zukunft von Hans-Georg Maaßen gefallen: Wie die "Welt" aus Koalitionskreisen erfahren haben will, soll sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entschieden haben, sich für die Ablösung des umstrittenen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) einzusetzen.

Die Zeitung berichtete, Merkel habe den Schritt führenden Mitgliedern ihrer Koalition am Wochenende in Telefonaten signalisiert.

Angela Merkel will sich nicht äußern

Offiziell hat sie sich allerdings noch nicht festgelegt. Die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz wollte den Bericht am Montag in Berlin nicht kommentieren.

Auch Merkel selbst äußerte sich vor dem für Dienstag geplanten Krisengespräch nicht zur Zukunft von Maaßen. Sie könne dem, was sie bereits am vergangenen Freitag dazu gesagt habe, nichts hinzufügen, sagte sie am Montag auf Reporterfragen nach einem Treffen mit dem algerischen Ministerpräsidenten Ahmed Ouyahia in Algier.

Die Kanzlerin hatte sich am Freitag zuversichtlich geäußert, dass es im Koalitionsstreit um den Verfassungsschutz-Chef eine Lösung geben werde. "So wichtig wie die Position des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidenten einer nachgeordneten Behörde nicht zerbrechen wird", betonte Merkel.

Muss auch Seehofer gehen?

Merkel ist den "Welt"-Informationen zufolge der Auffassung, der Behördenleiter sei nicht mehr tragbar, weil er sich in die Tagespolitik eingemischt habe.

Maaßens Ablösung solle in jedem Fall erfolgen, unabhängig davon, wie sich der als Dienstherr primär zuständige Bundesinnenminister Horst Seehofer dazu stelle.

Unterdessen verdichten sich die Hinweise, dass nicht nur Maaßen vor der Ablösung steht, sondern möglicherweise auch Seehofer. Der CSU-Chef sagte seine für Dienstagvormittag geplante Teilnahme am Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik ab. Grund seien andere politische Termine, teilte das Bundesinnenministerium mit.

Vergangene Woche hatte Maaßen nach "Welt"-Informationen vor einer Gruppe von Unionsabgeordneten erklärt: "Horst Seehofer hat mir gesagt, wenn ich falle, dann fällt er auch."

Für Dienstagnachmittag um 16 Uhr ist ein erneutes Krisentreffen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD angesetzt. Ein erstes Treffen zur Zukunft von Maaßen am Donnerstag war erfolglos verlaufen.

SPD begrüßt potenzielle Richtungsänderung

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner begrüßte Merkels mögliche Entscheidung, Maaßen abzulösen. "Es ist ein gutes Signal, wenn die Bundeskanzlerin die Haltung der SPD teilt", sagte Stegner der dpa.

In einer Zeit, in der "die demokratische Grundordnung von rechts attackiert wird", dürfe das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht untergraben werden, betonte der SPD-Vize. Man müsse nun das Gespräch zwischen Merkel, Seehofer und SPD-Chefin Andrea Nahles abwarten.

Wegen Maaßens umstrittener Äußerungen nach den Ereignissen in Chemnitz drängt die SPD seit Tagen vehement auf seine Absetzung.

Der Verfassungsschutzchef steht außerdem unter Druck, weil er laut Recherchen des ARD-Magazins "Kontraste" Informationen aus dem Verfassungsschutzbericht 2017 schon Wochen vor dessen Veröffentlichung an die AfD weitergegeben haben soll.

SPD, Grüne, Linke und die FDP wollen, dass Maaßen seinen Posten freiwillig räumt oder von Innenminister Seehofer abberufen wird.

CDU-Innenpolitiker: Abberufung wegen Chemnitz wäre unverhältnismäßig

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster hingegen beurteilte eine mögliche Abberufung von Maaßen kritisch.

"Wenn er tatsächlich wegen seiner Interview-Äußerungen zu Chemnitz gehen müsste, das wäre nicht verhältnismäßig", sagte der Vorsitzende des für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Bundestagsgremiums der dpa.

Schuster kritisierte außerdem die Art, "wie die SPD das vorgetragen hat". Er bezog sich konkret auf einen Spruch von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD).

Dieser hatte laut der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vergangene Woche bei einer Besprechung mit Innenpolitikern seiner Partei mit Blick auf Maaßen die Spruchweisheit zitiert: "Wenn du lange genug am Fluss sitzt, siehst du irgendwann die Leiche deines Feindes vorbeischwimmen."

Schuster sagte: "Hier zeigt sich, wie weit wir über jede Grenze des Anstands hinweg sind." (ank)

Verwendete Quellen:

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