• Die 97-jährige Irmgard F. ist am Dienstag vergangener Woche zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.
  • Die Richter sahen es als erwiesen an, dass F. Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen geleistet habe.
  • Nun legten die Verteidiger Revision ein.

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Im möglicherweise letzten Prozess zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Massenmorde haben ein Nebenklagevertreter und die Verteidigung der verurteilten ehemalige Sekretärin im NS-Konzentrationslager Stutthof, Irmgard F., Revision eingelegt. "Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig", teilte das Landgericht Itzehoe am Mittwoch mit. Die 97-Jährige war am Dienstag vergangener Woche wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Nun soll der Bundesgerichtshof prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt.

Nach Feststellung der Strafkammer war die Angeklagte von Juni 1943 bis April 1945 als Zivilangestellte in der Kommandantur von Stutthof bei Danzig tätig. Damit habe sie den Verantwortlichen des Konzentrationslagers bei der systematischen Tötung von Inhaftierten Hilfe geleistet. Weil sie zur Tatzeit erst 18 bis 19 Jahre alt war, fand der Prozess vor einer Jugendkammer statt.

Der Prozess hatte am 30. September 2021 begonnen. An den 40 Verhandlungstagen hörte das Gericht acht der zeitweise 31 Nebenkläger als Zeugen. Mit dem Urteil entsprach das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Die 15 Nebenklagevertreter hatten sich zum großen Teil der Strafforderung der Staatsanwaltschaft angeschlossen.

Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Israel kritisiert Revision

Das mit der Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt gewordene Wiesenthal-Zentrum kritisierte das Vorgehen der Sekretärin als "Beleidigung des Andenkens der Opfer". Die Revision sei "total unbegründet", sagte der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Israel, Efraim Zuroff, am Mittwoch. "Diese Kriminelle hatte Glück, dass sie keine Haftstrafe erhalten hat, angesichts der Rolle, die sie beim Tod von mehr als 10.000 unschuldigen Opfern gespielt hat", sagte er. Ein Freispruch würde dagegen die "Auslöschung der Erinnerung an die Verbrechen und die Todesopfer" bedeuten.

Während des Holocaust, des Völkermords an den europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs, ermordete das deutsche Nazi-Regime zwischen 1941 und 1945 systematisch etwa sechs Millionen Juden in Europa - etwa zwei Drittel der jüdischen Bevölkerung Europas. (dpa/mit)

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