• Bei einer groß angelegten Razzia sind 25 Reichsbürger festgenommen worden.
  • Sie sollen Teil einer Verschwörung gewesen sein, die einen Staatsstreich in Deutschland geplant habe.
  • Sogar eine ehemalige Bundestagsabgeordnete soll daran beteiligt gewesen sein.

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Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwochmorgen 25 Menschen aus der sogenannten Reichsbürgerszene im Zuge einer Razzia festnehmen lassen. Rund 3.000 Beamte seien in elf Bundesländern im Einsatz, sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie wirft den Beschuldigten vor, den Umsturz des Staates vorbereitet zu haben.

Unter den festgenommenen Personen soll sich laut Medienberichten auch eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete befinden. 22 der Festgenommenen sollen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung sein, zwei davon Rädelsführer. Drei weitere gelten als Unterstützer. Zudem gebe es 27 weitere Beschuldigte, sagte die Sprecherin. "Wir haben noch keinen Namen für diese Vereinigung", sagte sie. Sie begründe sich wohl auf Verschwörungsmythen.

Terror-Vereinigung nahm potenzielle Morde in Kauf

Gegründet worden sei die terroristische Vereinigung nach Angaben der Bundesanwaltschaft spätestens Ende November 2021. Ihre Mitglieder hätten die staatliche Ordnung in Deutschland stürzen und durch eine eigene ersetzen wollen. Diese Staatsform sei schon in Grundzügen ausgearbeitet gewesen, teilte die Karlsruher Behörde am Mittwochmorgen mit.

Ein "militärischer Arm" sollte den demokratischen Rechtsstaat auch auf Ebene der Gemeinden, Kreise und Kommunen "beseitigen". "Den Angehörigen der Vereinigung ist bewusst, dass dieses Vorhaben nur durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten verwirklicht werden kann", heißt es in der Mitteilung. "Hierzu zählt auch die Begehung von Tötungsdelikten."

Die Vereinigung nehme "dieses Szenario aber als notwendigen Zwischenschritt zur Erreichung des von ihr angestrebten 'Systemwechsels auf allen Ebenen' zumindest billigend in Kauf."

Zentrales Gremium der Gruppierung sei ein "Rat". Das Gremium verfüge ähnlich wie das Kabinett einer regulären Regierung über Ressorts wie Justiz, Außen und Gesundheit. "Die Mitglieder des 'Rates' haben sich seit November 2021 regelmäßig im Verborgenen getroffen, um die angestrebte Machtübernahme in Deutschland und den Aufbau eigener Staatsstrukturen zu planen", teilte die Bundesanwaltschaft mit.

Ermittler: "Reichsbürger" wollten Polizisten und Soldaten rekrutieren

Um ihre Ziele zu erreichen, habe die mutmaßliche "Reichsbürger"-Gruppierung laut Bundesanwaltschaft versucht, Angehörige der Bundeswehr und Polizei zu rekrutieren. Bei mindestens vier Treffen in Baden-Württemberg im vergangenen Sommer hätten mutmaßliche Mitglieder für die terroristische Vereinigung und ihre Ziele geworben.

Im November hätten Beschuldigte in Norddeutschland gezielt Polizeibeamte für die Vereinigung gewinnen wollen. Im Oktober hätten Angehörige des "militärischen Arms" Bundeswehrkasernen in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern ausgekundschaftet, "um sie auf ihre Tauglichkeit für die Unterbringung eigener Truppen nach dem Umsturz zu inspizieren".

Auch ein KSK-Soldat soll an Umsturzplänen beteiligt gewesen sein

Einige mutmaßliche Mitglieder des militärischen Arms der terroristischen Vereinigung hätten aktiv Dienst in der Bundeswehr geleistet. So ermittle die Bundesanwaltschaft gegen einen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und mehrere Reservisten.

Der aktive Soldat sei im Stab des KSK eingesetzt, sagte ein Sprecher des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) am Mittwoch der dpa. Nach Informationen der dpa handelt es sich um einen Unteroffizier. Demnach wurden sein Haus und sein Dienstzimmer in der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw (Baden-Württemberg) durchsucht.

Er war in der Bundeswehr bereits als Impfgegner aufgefallen und später aus der Truppe heraus gemeldet worden. Bei den Ermittlungen sind demnach bisher aber keine Bezüge zu früheren Extremismusvorfällen im KSK entdeckt worden.

"Der MAD war im Vorfeld in die Ermittlungen des GBA eingebunden und hat seine Erkenntnisse im Verfassungsschutzverbund und mit dem Bundeskriminalamt geteilt", sagte der MAD-Sprecher. Der aktive Soldat sei Angehöriger des Kommandos Spezialkräfte, es handele sich aber nicht um einen Kommandosoldaten. Hintergrund ist, dass in der Kaserne auch Teile der Logistik, Unterstützungskräfte und die Führung des Verbandes stationiert sind.

"Im Zuge der verdeckten Ermittlungen des MAD haben sich bisher keine Verbindungen zwischen dem beschuldigten Soldaten und zurückliegenden Ermittlungskomplexen im KSK erhärten lassen. Die Verbindungen sind jedoch weiterhin Gegenstand der laufenden Ermittlungen", sagte der Sprecher weiter.

Bundesanwaltschaft will Festgenommene noch am Mittwoch vernehmen

Festgenommen wurden die 25 verdächtigen Personen den Angaben nach in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen sowie jeweils eine Person in Österreich und Italien. Durchsuchungen habe es darüber hinaus in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gegeben. Noch am Mittwoch wollte die Bundesanwaltschaft mit der Vernehmung der ersten Festgenommenen beginnen, wie die Sprecherin sagte.

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat die bundesweite Razzia als "Anti-Terror-Einsatz" bezeichnet. "Demokratie ist wehrhaft: Seit heute Morgen findet ein großer Anti-Terror-Einsatz statt", schrieb der FDP-Politiker am Mittwochmorgen auf Twitter.

Der Generalbundesanwalt ermittele gegen ein mutmaßliches Terror-Netzwerk aus dem Reichsbürger-Milieu. "Es besteht der Verdacht, dass ein bewaffneter Überfall auf Verfassungsorgane geplant war."

Reichsbürger sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Oft stehen sie im Konflikt mit Behörden. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 21.000 Anhänger zu.

Bei einer Razzia im Jahr 2016 hatte ein sogenannter Reichsbürger im bayerischen Georgensgmünd auf vier Polizisten geschossen. Einer von ihnen erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Das Spezialeinsatzkommando wollte die Waffen des Jägers beschlagnahmen. (dpa/thp)