- Noch türmt sich die Omikron-Welle auf - dennoch steht das Krisenmanagement der Bundesregierung erneut zur Debatte.
- Vor der nahenden Bund-Länder-Runde gibt es etliche Streitpunkte.
- Bundesgesundheitsminister Lauterbach will über mögliche Lockerungen diskutieren, warnt aber vor zu schnellen Entscheidungen.
Inmitten immer höherer Infektionszahlen ringen Bund und Länder heftig um den weiteren Corona-Kurs mit Impfpflichten und Alltagsbeschränkungen. Vor Beratungen der Ministerpräsidenten mit Kanzler
Sieben-Tage-Inzidenz auf neuem Höchstwert
Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert Koch-Institut (RKI) weiter auf den Höchstwert von 1.465,4 - nach 1.450,8 gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag und 1283,2 vor einer Woche. Die Gesundheitsämter meldeten 247.862 neue Fälle an einem Tag, registriert wurden zudem 238 weitere Todesfälle binnen 24 Stunden.
Welche Öffnungsschritte er für möglich hält, sagte Lauterbach vorerst nicht. Zuletzt hatte er Lockerungen "deutlich vor Ostern" in Aussicht gestellt. Der Minister warnte zugleich erneut vor Öffnungen wie in Israel. Dann könne man in Deutschland auf 400 bis 500 Tote am Tag kommen. Grundlage dafür sei ein RKI-Modell, mit dem man Inzidenzen unterstellen kann. "Diese unterschiedlichen Inzidenzen führen dann also zu entsprechenden Sterbezahlen pro Tag." Zugleich könne man die Zahlen aus Israel hochrechnen. "Wenn wir jetzt beispielsweise Inzidenzen hätten von 3.500 oder 4.000 oder noch höher, dann würde natürlich die Zahl der Sterbefälle entsprechend ansteigen."
Lauterbach steht als "Angstminister" in der Kritik
Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß sprach in der "Bild"-Zeitung davon, dass Lauterbach, "zum Angstminister" werde. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings (CDU) hielt Lauterbach in der "Welt" vor, die Begründung für Schutzmaßnahmen auszutauschen. Im Kern könne es nur darum gehen, das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu schützen. In der Pandemie gab es in Deutschland laut RKI Anfang 2021 schon mehrere Tage mit mehr als 1.000 registrierten Toten pro Tag, aber bei damals erst langsam beginnenden Impfungen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der "Bild" (Donnerstag), die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch müsse "die ersten Schritte zurück zu mehr Freiheit einleiten". Als erstes müsse man dort, wo durchgängig Maske getragen werde, die Zugangsregeln 2G plus, 2G und 3G abschaffen, und zwar im Einzelhandel und in Hotels. Zudem müsse die Kontaktdatenerfassung gestrichen werden. Kontaktbeschränkungen für Geimpfte bei privaten Treffen sollten gelockert werden.
Virologe Hendrik Streeck plädiert für Lockerungen
Der Bonner Virologe
Im Streit um die Umsetzung der im Dezember beschlossenen Impfpflicht für Personal in sensiblen Einrichtungen attackierte Justizminister
Bundesverfassungsgericht entscheidet über Impfpflicht in Pflege und Medizin
Söder hatte am Montag angekündigt, den Vollzug der ab Mitte März greifenden Impfpflicht auszusetzen. Sie sei in der jetzigen Form nicht umsetzbar, der Bund müsse nachbessern. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk, Bayern halte die Impfpflicht nach wie vor für eine gute Idee. Die Einführung werde sich aber um ein "paar Wochen" verschieben, weil viele Fragen offen seien.
Das Bundesverfassungsgericht will am Freitag seine Entscheidung über einen Eilantrag gegen das Gesetz zur Teil-Impfpflicht bekannt geben. Es könnte sein, dass die Bestimmungen vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Kraft gesetzt werden. Zuletzt waren 74 Verfassungsbeschwerden von 300 Klägerinnen und Klägern eingegangen.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sieht die aktuelle Debatte als schlechtes Vorzeichen für die mögliche allgemeine Impfpflicht. Wie die Meinungsbildung dazu im Bundestag laufe, wage er nicht abschließend zu beantworten. "Fest steht aber eines: Wenn es nicht gelingt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht vernünftig auf den Weg zu bringen, dann sehe ich für eine allgemeine Impfpflicht kaum mehr Chancen", sagte Haseloff der Deutschen Presse-Agentur. (dpa/fra)