Hier erfährst du, wie du mit RPE und deiner Selbsteinschätzung individueller trainieren und deine Leistung verbessern kannst.

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Das RPE-Training – auch Training nach der RPE-Skala oder Borg-Skala genannt – ist seit langem bewährt. Es hat eine breite Nachfrage und wird sowohl von Einsteigern als auch von Profi-Athletinnen eingesetzt. Der entscheidende Vorteil dabei ist die Individualisierung deines Lauftrainings, die mit der Borg-Skala aufgrund deiner Selbsteinschätzung der Anstrengung machbar wird.

Was ist RPE-Training?

Das RPE-Training wird auch Training nach der Borg-Skala genannt, weil es in den 1950er Jahren von dem Schweden Gunnar Borg entwickelt und ab den 1960er angewendet wurde. Es ist also bereits 70 Jahre alt. Gunnar Borg war ein Forscher auf mehreren Gebieten mit einer außergewöhnlichen akademischen Laufbahn. Zuerst war er Professor für Angewandte Psychologie an der Universität Stockholm, anschließend Professor für Wahrnehmung und Psychophysik. Seine Studien beeinflussten sowohl die Sportwissenschaft als auch die Medizin und Ergonomie. Das RPE-Training wird in praktischen Trainings-Handbüchern, aber auch in Fachbüchern für die Sportwissenschaft beschrieben.

Wofür steht RPE?

Gunnar Borg hat die individuelle Wahrnehmung von Anstrengung beim Training berücksichtigt und die berühmte Borg-Skala zur Messung der empfundenen Belastung entwickelt. RPE ist die Abkürzung für "Rate of Perceived Exertion", ins Deutsche übersetzt bedeutet RPE die Bewertung deiner gefühlten Anstrengung. Das RPE-Training ist somit eine Methode zur Steuerung der Trainingsintensität, die auf deinem individuellen Belastungsempfinden aufbaut. Deine Anstrengung bewertest du auf einer Skala von eins bis zehn: Eins heißt, dass du dich fast nicht anstrengen musst, fünf bedeutet moderate Anstrengung (mittlere Intensität) und zehn ist dein höchstes Limit.

Diese Skala fußt auf deiner Selbsteinschätzung für die Belastungszonen, die je nach Tagesform variieren kann. Denn auf dein Gefühl für die Belastung haben viele Faktoren Einfluss (dazu später mehr). Das Besondere am RPE-Training: Diese Faktoren fließen in die Trainingssteuerung ein. Die Borg-Methode wurde ursprünglich für den Ausdauersport entwickelt, findet heute aber sowohl im Ausdauersport als auch im Krafttraining Anwendung. Sie kann dir dabei helfen, dein Training an etliche Faktoren, die auf deine Tagesform einwirken, anzupassen und Überlastung zu vermeiden.

Wie wende ich RPE bei meinem Training an?

Du kannst die Intensität deines Lauftrainings mit RPE also flexibel steuern und an deine Tagesform anpassen. Laufeinsteiger können – wenn sie sich an das Lauftraining herantasten – erst einmal nur nach RPE trainieren, also ohne technische Hilfsmittel wie Pulsmesser, GPS-Uhr oder Lauf-App. Wer ambitionierter nach einem Trainingsplan trainiert oder schon fortgeschritten läuft, kann das RPE-Training ergänzend zum pulsorientierten Lauftraining einsetzen. Dies ist aber nicht zwingend nötig: Du brauchst nicht unbedingt eine Pulsuhr oder andere Geräte, sondern kannst dich anfangs komplett auf dein eigenes Körpergefühl verlassen. Einsteiger können mit RPE-Training ihren Körper schnell besser kennenlernen und später auf das herzfrequenzgesteuerte Training umstellen.

Wer beides miteinander verbindet, hat gleich zwei Tools an der Hand, um sich gesund zu steigern, auf den eigenen Körper zu hören, flexibel zu bleiben und auf diese Weise langfristig Unter- oder Übertraining zu vermeiden. Wichtig ist in diesem Fall für dein Training, dass du deine Pulsbereiche – auch Herzfrequenzzonen oder Belastungszonen genannt – kennst. Dies ist in der Regel eine Voraussetzung für die meisten 12-Wochen-Trainingspläne und auch eine Voraussetzung, um im Laufsport ergänzend mit der Borg-Skala zu arbeiten, wenn du dich auf deinen nächsten 10-km-Lauf, Halbmarathon oder Marathon vorbereitest.

Wenn du deine Pulsbereiche kennst, kannst du die Borg-Skala parallel dazu anwenden und digital oder manuell in deinem Trainingstagebuch dokumentieren, wie es dir bei den unterschiedlichen Trainingseinheiten und Pulsbereich-Vorgaben geht. Anhand der Daten kannst du nach einer gewissen Zeit wertvolle Schlüsse über deine Tagesform während einer Trainingswoche oder eines Trainingsmonats ziehen und beobachten, wie diese – bei manchen mehr, bei anderen weniger – variieren kann. Außerdem kannst du damit deine beste Tageszeit fürs Training herausfinden.

Wie berechne ich meine RPE und wie skaliert man RPE?

Im Folgenden modifizieren wir die Original-Tabelle bzw. die Werte leicht, indem wir sie in Zweierschritten beschreiben, weil dies am besten mit Lauf-Trainingsplänen zusammenpasst. In der Borg-Skala für das Krafttraining wird die sprachliche Erklärung jedoch in der Regel in sechs Schritten definiert.

So kannst du dein Lauftraining nach der Borg-Skala in RPE umrechnen:

  • Der langsame Dauerlauf (DL) entspricht in der Regel einer Belastung/Intensität von 70 bis 75 Prozent deiner maximalen Herzfrequenz (HFmax). Auf der Borg-Skala ist das sehr leicht, kaum anstrengend, also nach RPE eine 1 bis 2 auf der Skala von 1 bis 10.
  • Ruhiger DL: Eine leichte Anstrengung, du kannst dich locker unterhalten und könntest noch lange so weiterlaufen, in diesem Tempo oder eine Stufe höher machen viele ihre meisten Dauerläufe, Belastung = 75 bis 80 Prozent der HFmax. Auf der Borg-Tabelle = 3 bis 4.
  • Lockerer DL: noch im moderaten Tempo, das, wenn alle anderen Faktoren passen und du gut ausgeruht ins Training gehst, vielen Läufern am meisten Spaß macht; mit Intensität von 80 bis 85 Prozent der HFmax; Sprechen geht noch kurz, wird aber auf Dauer anstrengend, die Atmung beschleunigt sich. RPE = 5 bis 6.
  • Tempo-DL, Tempolauf: zügige Pace, an manchen Tagen besser machbar als an anderen, deine Atmung wird schnell, du kannst nur noch einige Sätze sprechen. An welchen Tagen es dir leichter fällt, kannst du herausfinden, indem du deine RPE-Werte dokumentierst. 85 bis 95 Prozent der HFmax. RPE = 7 bis 8.
  • Sonstige Tempoeinheiten wie Intervalle oder Fahrtspiele: in einem sehr hohen Tempo, das du nur über einen kurzen Zeitraum/Strecke halten kannst, Reden unmöglich, Anstrengungsempfinden = sehr hart bis am Limit; 95 bis 100 Prozent der HFmax; Borg-Skala = 9 bis 10.

Das oben Genannte gilt ausschließlich für dein Lauftraining, im Kraftsport nach RPE arbeitet man mit Wiederholungen (also wie viele Wiederholungen pro Erschöpfungsempfinden noch möglich wären). Doch wir bleiben beim Laufsport.

Was sind die Vorteile vom RPE-Training?

Das RPE-Training berechnet deine Selbsteinschätzung mit ein. So kannst du deinen Körper besser kennenlernen, indem du alle Faktoren, die auf dein Anstrengungsempfinden wirken, in dein Training mit einfließen lässt und analysieren kannst.

Die Vorteile auf einen Blick:

Welche Nachteile hat das RPE-Training?

Der größte Kritikpunkt ist die Subjektivität. Ein Training voll und ganz nach RPE, ohne Herzfrequenz, würde zu stark variieren und ab einem gewissen Niveau keinen Trainingserfolg mehr garantieren. Einige unterschätzen ihre Belastung, während andere sich zu leicht überschätzen, gerade bei Anfängern kann das Probleme mit sich bringen. Daher ist die Ehrlichkeit gefragt: bei Einsteigern, aber auch bei allen routinierten Läuferinnen, die RPE ergänzend nutzen, um noch mehr Messdaten zu erhalten. Außerdem fehlt beim RPE-Training im Gegensatz zum Pulstraining die klare Vorgabe. Das könnte zu Verwirrung und Inkonsequenz oder sogar Trainingsabbruch führen, denn wer kein klares Ziel vor Augen hat, bricht sein Training leichter ab, weil irgendein Faktor nicht passt. Wer nur nach RPE trainiert, dem ist es nicht objektiv möglich, Trainingsfortschritte zu messen und exakt zu dokumentieren. Eine Doku ist daher für Fortgeschrittene nur zusätzlich zum Pulstraining ratsam.

Für wen eignet sich das RPE-Training?

RPE-Training kann Trainingspläne angenehmer, individueller und auch effektiver gestalten, weil es auf mehrere Faktoren eingeht. Es eignet sich sowohl für Newcomer, erfahrene Läuferinnen und Läufer – bis hin zu Profis. Einsteigerinnen brauchen eine Weile, bis sie ihre Anstrengung richtig einschätzen können. Erfahrene Läufer können von der Individualisierung ihres Trainings stark profitieren, weil sie offener bleiben und sich nicht ausschließlich an feste Vorgaben halten. So beugen sie Übertraining und Verletzungen vor und können bestenfalls ihre Leistung noch weiter optimieren.

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Fazit: Nur nach Gefühl läuft es nicht, ganz ohne aber auch nicht!

  • RPE-Training wurde in Schweden erfunden.
  • Es basiert auf der gefühlten Anstrendung der Belastungsempfindens auf einer Skala von 1 bis 10, der Borg-Skala.
  • Du benötigst keine technischen Hilfsmittel, weshalb du es einfach anwenden kannst.
  • Nur nach RPE zu trainieren führt in der Regel nicht zum bestmöglichen Leistungsfortschritt.
  • Es kann aber eine gute Ergänzung zum Training nach Pulsvorgaben sein.
  • Du kannst damit weitere wichtige Faktoren, die dich und dein Training beeinflussen, dokumentieren und Übertraining vermeiden.
  • Dein Training wird auf diese Weise individueller und ganzheitlicher.

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