Hitzewellen wie aktuell sind in Deutschland längst keine Seltenheit mehr. Und dennoch ist Deutschland laut einer neuen Analyse von Altersmedizinern denkbar schlecht darauf vorbereitet. Die Experten fordern konkrete Maßnahmen, um auf einen möglichen "Hitzedom" reagieren zu können.

Mehr zum Thema Gesundheit

Hitzewarnung in Deutschland: Am Mittwoch (2. Juli) gab es heißes Sommerwetter mit Höchsttemperaturen zwischen 34 und 38 Grad.

Es ist die erste Hitzewelle des Jahres – und sie dürfte nicht die letzte gewesen sein. Seit Jahren warnen Forscherinnen und Forscher davor, dass es durch den Klimawandel zu mehr Wetterextremen kommen wird.

Und dennoch: Gut vorbereitet ist Deutschland darauf laut einer neuen Analyse nicht. Im Gegenteil: Altersmediziner fällen ein vernichtendes Urteil.

Experten: Keine ausreichenden Vorbereitungen auf Hitze

In ihrer Analyse "Hitzedom in Deutschland und wie gut wir darauf vorbereitet sind" üben Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) scharfe Kritik. Sie sprechen von "erschreckenden Versäumnissen" in der deutschen Hitzevorsorge.

"Während andere Länder bereits katastrophale Hitzewellen erlebt haben – und das sind längst nicht mehr nur die Länder im Süden Europas –, fehlen in Deutschland grundlegende Vorbereitungen für solche Extremereignisse", sagt Autor und Leiter der "Unit Digitale Geriatrie" am Geriatrischen Zentrum des Universitätsklinikums Heidelberg, Clemens Becker.

Wetterphänomen "Hitzedom"

  • Bei einem "Hitzedom" wirkt eine starke Hochdruckzone wie eine Kuppel, wodurch die Hitze über einem Gebiet quasi eingeschlossen wird.
  • Die Folgen: über Tage oder Wochen anhaltende, extrem hohe Temperaturen (oft über 40 Grad) - oft verbunden mit Trockenheit - und eine erhöhte Gefahr für Mensch, Natur und Infrastruktur.

Allerdings sähen weniger als 20Prozent der deutschen Bevölkerung den Klimawandel aktuell als vorrangiges Problem an, bemängeln die Autoren. Der Sommer 2003 mit geschätzten 7.600 Toten in Deutschland sei nur für wenige Menschen in Deutschland ein Weckruf gewesen, heißt es in der Analyse. Unter anderem deshalb fehlt es laut Becker an politischen Maßnahmen.

"Wenn keine ausreichenden Vorbereitungen getroffen werden, können in extremen Hitzefällen Zehntausende Todesfälle binnen weniger Tage die Folge sein – und die wären zu vermeiden."

Markus Gosch, DGG-Präsident

"In zuletzt nur 25 von mehreren Tausend Kommunen gibt es derzeit Hitzeaktionspläne, die zudem kaum oder keine Maßnahmen für extreme Hitzeereignisse wie einen 'Hitzedom' enthalten", erklärt Becker. Die meisten Regionen in Deutschland seien auf Extremhitze nicht vorbereitet.

Standorte mit vorhandenen Hitzeaktionsplänen in Deutschland (Stand Feb. 2025)
Standorte mit vorhandenen Hitzeaktionsplänen in Deutschland (Stand Feb. 2025) © Stadt Duisburg, Umweltamt

DGG-Präsident Professor Markus Gosch appelliert in einer Mitteilung der DGG: "Wenn keine ausreichenden Vorbereitungen getroffen werden, können in extremen Hitzefällen Zehntausende Todesfälle binnen weniger Tage die Folge sein – und die wären zu vermeiden."

DGG: Besonders ältere Menschen von hitzebedingten Todesfällen betroffen

In ihrer Analyse warnen die Autoren, dass ältere Menschen überproportional von hitzebedingten Todesfällen betroffen seien. Etwa, weil ihr Durstempfinden reduziert, ihre Temperaturregulation vermindert und sie häufig vorerkrankt und kognitiv und mobil eingeschränkt seien. Auch die Einnahme von Medikamenten bei Hitze kann laut den Altersmedizinern zu Komplikationen führen.

Auch Menschen mit chronischen Krankheiten – sowohl körperlich als auch psychisch -, Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere seien besonders betroffen, genauso wie Menschen, die im Freien arbeiten oder Obdachlose.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

DGG fordert konkrete Maßnahmen zum Schutz vor einem "Hitzedom"

Das Problem laut den Experten: "Extreme Hitzeereignisse werden in Deutschland rechtlich nicht als Katastrophen eingestuft – das erschwert verbindliche Maßnahmen." Deshalb seien viele Vorkehrungen lediglich freiwillig. Außerdem fehlten klare Zuständigkeiten und konkrete Pläne, etwa für Evakuierungen oder Urlaubssperren im Gesundheitswesen. Auch die Kommunikation mit der Bevölkerung bemängelt die DGG.

Extreme Hitze: Warnungen in fast ganz Deutschland

Die Hitzewelle hat Deutschland fest im Griff. In Erwartung des bislang heißesten Tags in diesem Jahr gelten flächendeckend Warnungen vor Hitze oder extremer Hitze..

Lesen Sie auch

Die Experten fordern deshalb, sich mit einem Vorlauf von mehreren Monaten auf einen "Hitzedom" vorzubereiten. Dafür müssten Hitzeaktionspläne weiterentwickelt und extreme Krisenszenarien explizit aufgeführt werden. Auch müssten zentrale Notaufnahmen in Ballungszentren wie Rhein-Main, dem Ruhrgebiet oder Berlin auf die Versorgung von vielen Patientinnen und Patienten mit Hitzeschlag vorbereitet sein.

Verwendete Quellen