• Ob beruflich oder privat: Viele Menschen nutzen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder sind sogar auf ihn angewiesen.
  • Doch wie zufrieden sind die Menschen in Deutschland mit den Angeboten? Diese Frage hat unsere Redaktion in einer Exklusivumfrage gestellt.
  • Außerdem haben wir unsere Leserinnen und Leser dazu aufgerufen, uns von ihren Erlebnissen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erzählen.

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Laut einer Umfrage der staatlichen Förderbank KfW können sich rund 75 Prozent von 4.000 befragten Haushalte mit Pkw vorstellen, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) häufiger zu nutzen.

Doch was müsste geschehen, damit das Auto öfter in der Garage bleibt und die Angebote von Bus und Bahn häufiger genutzt werden? Wir wollten es genauer wissen: Wie denkt Deutschland über den ÖPNV? Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat im Auftrag unserer Redaktion eine exklusive repräsentative Umfrage durchgeführt.

Das Ergebnis zeigt zunächst einmal: Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist mit dem ÖPNV im Allgemeinen nicht zufrieden. Das gaben 51 Prozent der Befragten an. Während 23 Prozent sich bei dieser Frage nicht festlegten, gaben 26 Prozent an, zufrieden zu sein.

Die Studienergebnisse im Detail

Bahn-Pünktlichkeit 2021 deutlich zurückgegangen

Nur 75,2 Prozent der ICE- und IC-Züge kamen 2021 pünktlich am Ziel an - deutlich weniger als im Jahr davor. Vorschaubild: picture alliance

Auffällig bei diesem Ergebnis ist, dass Menschen, die in eher dünn besiedelten Regionen leben, häufiger unzufrieden mit dem Nahverkehr sind als Menschen in hochbesiedelten Regionen: Bei Menschen aus einer Regionen mit sehr niedriger und niedriger Bevölkerungsdichte sind 57 Prozent und 59 Prozent unzufrieden mit dem ÖPNV in Deutschland, zufrieden hingegen nur 16 Prozent beziehungsweise 20 Prozent.

Demgegenüber sind Befragte aus stark und sehr stark besiedelten Regionen deutlich zufriedener (39 Prozent beziehungsweise 32 Prozent). Dennoch gaben auch hier 46 Prozent und 44 Prozent der Befragten an, unzufrieden zu sein.

Wir wollten neben einer allgemeinen Abfrage zur Zufriedenheit außerdem wissen, was den ÖPNV in den Augen der Menschen in Deutschland verbessern könnte. Eine Mehrheit von 62 Prozent sprach sich dabei für günstigere Tickets aus. Auch häufigere Verbindungen (58 Prozent), eine bessere Vernetzung (56 Prozent) und weniger Ausfälle und Verspätungen (46 Prozent) sind ebenfalls vielen Menschen wichtig. Sauberkeit (26 Prozent) und eine vereinfachte Buchung (24 Prozent) spielen für etwa eine von vier Personen in diesem Zusammenhang eine Rolle.

Bei diesen Ergebnissen spielt die Bevölkerungsdichte insgesamt eine weniger wichtige Rolle. Es fällt jedoch auf, dass in stark besiedelten Regionen, etwa Großstädten, insbesondere günstigere Tickets (70 Prozent) und auch weniger Verspätungen und Ausfälle (53 Prozent) und mehr Sauberkeit (33 Prozent) gewünscht werden.

Bei beiden Fragen zeigen sich zudem leichte Unterschiede bei den Altersgruppen: Insgesamt sind Teilnehmende zwischen 18 und 39 Jahren unzufriedener mit dem ÖPNV als ältere Befragte.

Vergleicht man die jüngsten und ältesten Teilnehmenden, zeigt sich, dass ähnliche Maßnahmen als wichtig erachtet werden, auch wenn es prozentuale Unterschiede gibt. Für günstigere Ticketpreise sprechen sich etwa 71 Prozent der 18- bis 29-Jährigen aus, während es bei den über 65-Jährigen 56 Prozent sind. Ähnlich verhält es sich bei dem Thema häufigere Verbindungen (68 Prozent und 52 Prozent) sowie einer besseren Vernetzung (62 Prozent und 49 Prozent) und weniger Ausfällen und Verspätungen (57 Prozent zu 39 Prozent).

So denken Sie über den öffentlichen Nahverkehr: Zuschriften von Leserinnen und Lesern

Unabhängig von dieser Umfrage haben wir unsere Leserinnen und Leser außerdem darum gebeten, uns von ihren Erfahrungen und den Wünschen für den ÖPNV zu berichten. Viele Zuschriften erreichten unsere Redaktion, einige ausgewählte möchten wir hier in Auszügen veröffentlichen.

Nur drei Busverbindungen am Tag? Zuschriften zum ÖPNV und dem Leben auf dem Land

  • "Es gibt verschiedene Arbeitszeiten. Wer Schicht arbeitet, beginnt zum Beispiel um 6:00 Uhr und um 14:00 Uhr. Die Busse fahren meist nicht um diese Uhrzeiten. Im ländlichen Raum fahren die Busse in der Regel im Zwei-Stunden-Takt. Wie soll man da zum Arzt oder auf die Arbeit kommen?" Alfred
  • "Ich lebe auf dem Land und nehme eigentlich lieber Bus und Bahn, statt selbst zu fahren. Wenn man allerdings einen Pkw hat, ist der ÖPNV für viele, die nicht darauf angewiesen sind, zu teuer. Bei Bus und Verkehrsverbünden gibt es keine Sparpreise und die BahnCard gilt nicht. Bei einem Fahrpreis von 20 Cent je km ist mein Kleinwagen selbst bei den hohen Spritpreisen zur Fahrt zum Bahnhof billiger. Begleitpersonen und Kinder kosten im Verbund dann noch extra. Für das Klima und auch wegen der derzeitigen Energiekrise braucht es aber preiswertere oder gegebenenfalls kostenlose Angebote, insbesondere um die unübersehbar freien Kapazitäten in Bussen und Bahnen abseits der Ballungsräume mit (ehemaligen) Autofahrern zu füllen." Klaus, Schwaförden
  • "Der ÖPNV ist ein wirklich absolut desaströses Versagen der Politik. Ein sehr gutes Beispiel ist meine Busverbindung. Ich wohne nicht in der Stadt, in der es doch recht gute Angebote gibt, sondern in einem überschaubaren Dorf mit etwa 700 Einwohnern. Es gibt werktags gerade einmal fünf Busverbindungen (Schulbusse nicht eingerechnet), samstags noch drei Verbindungen und Sonntags exakt null! Als Arbeitnehmer mit Tagschicht könnte es gerade noch so klappen mit den Öffis, wenn man Gleitzeitregelungen in Anspruch nehmen kann. Bei Schichtarbeitern, wie in meinem Fall, ist aber schon wirklich Ende Gelände! Wer kein eigenes Fahrzeug hat, ist hier aufgeschmissen!" Hanspeter, Gersbach

Kostenintensiv: Zuschriften über die Preise von Bus- und Bahntickets

  • "Meine Erfahrungen mit dem Münchner MVV: Die Jahreskarte kostet 1.000 Euro. Dafür erhält man mindestens einmal pro Woche eine S-Bahn nach oder aus München, die nicht kommt. Auch innerstädtisch sind Ausfälle bei Bus und Straßenbahn eher die Regel als die Ausnahme. Veranstaltungen sind für ÖPNV-Nutzer spätestens um 0:00 Uhr zu Ende, da nach 1:00 Uhr pro Linie nur noch einmal ein undefinierter 'Lumpensammler' die Strecke abfährt. Alles in allem erhält der MVV-Kunde eine mangelhafte Leistung für einen Spitzenpreis." Werner
  • "Ich bin Rentner und nicht mehr besonders gut zu Fuß. Der nächstgelegene Edeka-Supermarkt ist recht genau 2,5 Kilometer von meiner Wohnung entfernt. Wenn ich dort mit dem ÖPNV hin will, so brauche ich zwei verschiedene Buslinien und muss sowohl für Hin- als auch für Rückfahrt jeweils ein BC-Ticket für 3 Euro lösen. Also bleibt mir eigentlich gar nichts anderes übrig, als mit dem Pkw zu fahren. Ermäßigte Tarife für Rentner gibt es im Verkehrsverbund Berlin – Brandenburg ja nicht, außer einer Jahreskarte Gesamtnetz für schlappe 605 Euro oder monatlich 52 Euro – das ist für jeden deutschen Altersrentner doch ein echter Schnäppchenpreis." Dieter, Panketal (Berlin)

Besser spät als nie? Zuschriften über Zeit, die in Bus und Bahn verbracht wird

  • "Meine Arbeitsstelle befindet sich 20 Kilometer entfernt. Mit dem Auto benötigt man circa 15 Minuten für die Fahrt. Meine Anfahrt mit dem ÖPNV dauert zwei Stunden. Die Kombi aus Bus, Bahn und wieder Bus, ist nicht nur nervig, sondern auch extrem teuer. 7,90 Euro für den Bus oder die Bahn über Land, plus 4,20 Euro für den Stadtbus. 12,10 Euro für EINEN Arbeitsweg. Manchmal träume ich von einem kleinen Auto und meiner Unabhängigkeit. Übrigens wohnen wir am Rand einer Großstadt. An die Menschen auf dem Land möchte ich gar nicht denken. In unserem Umfeld besitzt fast jede berufstätige Familie zwei Autos. Und das völlig zu Recht. Realität und Politik klaffen, wie so oft, sehr weit auseinander. Marita
  • "Für mich persönlich ist nicht der Preis allein entscheidend. Die Reisezeit ist das A und O. Wenn ich doppelt so lange wie das Auto oder mehr brauche, würde ich nicht mal für 1 Euro Bus und Bahn fahren. Und das ist viel zu häufig der Fall, dass Bus und Bahn unterirdisch langsam sind. Hinzu kommen wenig Komfort und das Tragen einer Maske - Das sind für mich Ausschlusskriterien für den ÖPNV." Rafael

Alles gar nicht so schlecht? Zuschriften über das Gute am ÖPNV

  • "Um in der Stadt unterwegs zu sein, braucht man kein Auto! In der Region fahren wir oft mit dem Zug. Die ÖPNV-Verbindungen und die Zuverlässigkeit sind in der Regel richtig gut. Dass sich leider immer noch zu wenige Menschen für die Nutzung des ÖPNV entscheiden, liegt wohl daran, dass es im Vergleich zum Auto erst mal teurer ist. Wenn man darüber nachdenkt, natürlich überhaupt nicht - siehe wirkliche Kosten, Umweltbelastung. Also ist wohl das Nachdenken das Problem. Dann wären es die richtigen Denkanstöße, die ÖPNV billiger zu machen oder Autos und Treibstoff teurer. Ich bin dafür. Und: Die Fahrradmitnahme soll konsequent kostenlos sein im ÖPNV. Und dann genug Platz für die Räder. Das wäre richtig toll." Eva, Leipzig
  • "Klar: beim öffentlichen Verkehr gibt es mancherlei Anlässe zu Verbesserungen. Sicherheit ist etwa ein wichtiger Aspekt. Wie kann es in heutigen Tagen passieren, dass Regionalbahnen (auf eingleisigen Strecken) zusammenstoßen?! Beklagt wird häufig auch ein Mangel an Information über Verspätungen und Anschlüsse (von mir selber selten erlebt). Hier würde zusätzliches Personal bei der Bahn ein persönliches Profil stärken helfen, welches zu einem 'Geborgenheitsgefühl' während der Reisen beiträgt. Dies werte ich ebenso als Wohlfühlfaktor neben der 'technischen Schiene' – hier nehme ich gern auch mal längere Reisezeiten in Kauf, und den sozialen Aspekt des Bahnreisens möchte ich ausführlich gewürdigt sehen: Insbesondere bei längeren Reisen kommen Menschen miteinander ins Gespräch! Am günstigsten passiert das, wenn man einander gegenüber sitzen kann. Die Abteile in früheren Zügen brachten vermehrt 'menschliche' Nähe mit sich, und ich erinnere mich lebhaft an glückliche Momente, in denen ich vor vielen Jahren sehr anregende Gespräche mit Zufallsbekanntschaften haben konnte! Als ausbaufähig sollten sich Bahn & Bus unbedingt erweisen hinsichtlich der Mitnahme von Fahrrädern und evtl. auch Tieren; nicht zuletzt gehörte Kindern das Reisen per Bus & Bahn emotional nähergebracht." Wolfgang, Tübingen

Perspektiven für den ÖPNV in Deutschland

  • "Unser Nachbarland Österreich hat mit dem Klimaticket ein fantastisches Angebot. Würde ich eine Jahreskarte für ganz Deutschland zum Preis von 1.095 Euro kaufen können, würde ich mir keinerlei Gedanken über die Anschaffung eines Autos machen. Nun argumentieren Politiker:innen hier gerne damit, dass Österreich ja viel kleiner sei und solch ein Angebot in einem großen Land wie Deutschland nicht möglich wäre. Allerdings hätte es in Deutschland ja auch 74 Millionen mehr potenzielle Kunden. Und sind wir mal ehrlich, die meisten davon würden ihren alltäglichen Radius wahrscheinlich nicht verlassen und zum Beispiel täglich von München nach Berlin fahren." Pascal, Offenbach am Main
  • "Ich war in Budapest, dort können Rentner umsonst den ÖPNV nutzen, das finde ich sehr sehr gut, damit bleiben die Rentner aktiv und können weiterhin am normalen Leben für alltägliche Dinge oder auch kulturelle Dinge teilnehmen, ohne Ausgrenzung durch viel zu hohe Beförderungspreise. Es sollte unbedingt auch bei uns eingeführt werden, damit ältere Menschen weiterhin aktiv bleiben können." Bärbel, Neu-Hohenschönhausen/Wartenberg
  • "Es gibt konkrete Möglichkeiten, wie der ÖPNV besser werden könnte: Jahres- oder Monatskarten sind für Berufspendler gut, die jeden Tag fahren, in Zeiten von Homeoffice sollte es auch Kontingent-Tickets rabattiert geben - etwa 30 Prozent Rabatt auf 100 Fahrten. Verbundübergreifende Jobticketangebote fehlen außerdem komplett. Und: Züge müssen einfach funktionieren. Ich habe selbst die Ansagen öfter erlebt: Der Zug fällt aus technischen Gründen aus, wir bitten um Entschuldigung." Steffen, Görlitz

Wir danken unseren Leserinnen und Lesern herzlich für die vielen engagierten Zuschriften! Wir bitten um Verständnis, dass wir nur einen Auszug der vielen E-Mails veröffentlichen können, die uns zu diesem Thema erreicht haben.

Informationen zur Methode: Für die repräsentative Umfrage "Wie zufrieden sind Sie im Allgemeinen mit dem öffentlichen Nahverkehr in Deutschland?" hat das Meinungsforschungsinstitut Civey die Antworten von 5.033 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Personen berücksichtigt, für die Umfrage "Welche dieser Verbesserungen wünschen Sie sich für den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland?" die Antworten von 5.021 Personen. Das Gesamtergebnis beider Umfragen ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Alle Teilnehmenden haben unter anderem Daten wie Alter, Geschlecht und Wohnort angegeben und wurden registriert und verifiziert. Civey korrigiert Verzerrungen durch ein mehrstufiges Gewichtungsverfahren. Der Befragungszeitraum war jeweils der 17. Februar bis 30. März 2022. Der statistische Fehler der Ergebnisse beträgt 2,5 Prozent. Zusätzliche Informationen zur Methode finden Sie auf Civey.com und im Civey-Whitepaper.
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