Die Hiobsbotschaften von und für KTM reißen nicht ab. Europas bislang größter Motorradhersteller muss seine Leute schon wieder heimschicken. In Mattighofen stehen die Bänder erneut für 3 Monate still. Das zeigt: Das Überleben der Firma ist noch keineswegs gesichert.
Neuer Rückschlag für KTM: Kaum war am 17. März 2025 die Produktion neuer Motorräder in Österreich neu angelaufen, stehen die Bänder in Mattighofen jetzt schon wieder still. Und zwar bis Ende Juli. Das hat laut Berichten des ORF der neue KTM-Chef Gottfried Neumeister der überraschten Belegschaft am Donnerstagmorgen per Videobotschaft mitgeteilt. Als Grund nannte Neumeister fehlende Komponenten.
Teile von Zulieferern fehlen bei KTM
Nach Bekanntwerden der Insolvenz bei KTM Ende November 2024 haben etliche Zulieferer aufgehört, den zahlungsunfähigen Hersteller mit Bauteilen zu versorgen. Wo kein Geld, da keine Teile. Die Zusage einer Rückzahlung von 30 Prozent der aufgelaufenen Milliarden-Schulden, die für KTM den Ausweg aus der Krise bedeuten könnte, dürfte da auch nicht viel geholfen haben. Immerhin hatte Ende Februar die Mehrheit der Gläubiger dem vor Gericht zugestimmt – nachdem die Alternative gewesen wäre, dass sie bei einer Zerschlagung des Konzerns möglicherweise völlig leer ausgehen würden.
Produktion lief nur von Mitte März bis Ende April 2025
Als grundsätzlich notwendig für den Weg aus der Misere war bei den Verhandlungen stets der lang geplante Neustart der Produktion in Mattighofen am 17. März genannt worden. Damit dieser gelingen konnte, dafür hatte der indische KTM-Kooperationspartner und -Teilhaber Bajaj bereits 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dass nun plötzlich, kaum 4 Wochen später, entscheidende Komponenten für den Motorradbau fehlen, überrascht. Immerhin hatte KTM während des 3 Monate andauernden ersten Stillstands ausreichend Zeit gehabt, die Wiederaufnahme der Produktion gründlich zu planen.
Neuer KTM-Chef zeigt Verständnis
Das sieht der neue KTM-Chef Gottfried Neumeister laut ORF aber etwas anders. Er nannte die Entwicklung "nicht überraschend", sagte zum ORF aber auch: "Es ist den Lieferanten nicht zu verübeln, dass sie in der Zeit dieser Insolvenz keine Verpflichtungen eingegangen sind, um weitere Materialien zu ordern. Jetzt müssen wir einfach warten, bis wir den nächsten Schub an Materialien bekommen."
Aktuelle Stellungnahme von Gottfried Neumeister
Auf Anfrage von MOTORRAD nahm Gottfried Neumeister wie folgt Stellung: "Die letzten Monate waren für unser Unternehmen sehr herausfordernd. Für uns als Vorstand hat in dieser Zeit Verantwortungsbewusstsein die höchste Priorität – dem Unternehmen, aber vor allem den Mitarbeitenden gegenüber. Das Wichtigste bei allen Entscheidungen sind daher zwei Dinge: die erfolgreiche Zukunft von KTM und die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze. Um diese Herausforderung zu meistern, ist es notwendig, die Arbeitszeitenregelung für diesen Zeitraum anzupassen.
Durch die abrupte Insolvenz Ende letzten Jahres konnte nur noch auf Lagerbestände zurückgegriffen werden. Im Sanierungsverfahren war es dann für 90 Tage nicht möglich, neue Verpflichtungen einzugehen. Wir müssen daher die Produktion noch einmal kurzfristig herunterfahren. Wir sind allerdings zuversichtlich, dass wir im August wieder im Vollbetrieb auf vier Bändern produzieren können."
Bis Ende Juli 2025 Kurzarbeit ohne Arbeit bei KTM
Der erneute Produktionsstopp bei KTM in Mattighofen bedeutet für die rund 3.000 verbliebenen Mitarbeiter, dass sie per Betriebsvereinbarung von 1. Mai bis 31. Juli 2025 in einer Art Kurzarbeit mit 30-Stunden-Woche bei 20 Prozent weniger Gehalt sind. Für die Büro-Angestellten gilt bis dahin 4-Tage-Woche, die Arbeiter des Werks können zu Hause bleiben.
Weitere Verunsicherung bei KTM-Händlern und KTM-Kunden
Für KTM-Kunden dürfte die neue Situation bedeuten, dass sie auf möglicherweise erhoffte neue Motorräder wie die neue KTM 690 SMC R oder die ebenfalls neue Husqvarna 701 Supermoto wohl noch lange werden warten müssen. Weitaus schlimmer dürfte es die Händler treffen, die nun erneut vor der Ungewissheit stehen, was aus dem Hersteller und damit aus ihrem eigenen Geschäft wird.
(Wie) Geht es bei KTM weiter?
Denn KTM kann die Insolvenz nur beenden, wenn am Stichtag 23. Mai 2025 rund 600 Millionen Euro via Insolvenzverwalter pünktlich an die Gläubiger zurückbezahlt werden. Woher das Geld kommen soll, scheint heute jedoch unklarer denn je. Die Suche nach neuen Investoren für KTM läuft seit Monaten. Und für die außerordentliche Hauptversammlung der Pierer Mobility am 25. April 2025 war der wesentliche Punkt Kapitalerhöhung kurzfristig, wenige Tage zuvor, von der Tagesordnung genommen worden.
Fazit
Erst Mitte März 2025 war die Motorradproduktion bei KTM in Mattighofen wieder angelaufen – und Ende April stehen die Bänder dort schon wieder still. Weiterhin fehlt Kapital in zumindest dreistelliger Millionenhöhe, und deswegen fehlen auch Teile von Zulieferern. Bis Ende Juli 2025 ist die KTM-Belegschaft in Kurzarbeit – ohne Arbeit. Die Suche nach Investoren läuft derweil im Hintergrund weiter. © Motorrad-Online